Allerdings gibt es auch jede Menge Kennziffern, die ein hohes Risiko der Aktie widerspiegeln. Uniper bilanzierte zum Jahresende 2015 knapp 12,5 Milliarden Euro an Nettoschulden, die Eigenkapitalquote lag bei 23,6 Prozent. Ein schlapper Wert angesichts der kapitalintensiven Geschäfte. Inwieweit hartes Vermögen wie Kraftwerke und weiches Vermögen wie etwa Patente und bilanzierte Prämien auf einst erworbene Töchter mit validen Werten in der Bilanz angesetzt sind, ist fraglich. Von Ende 2013 bis Ende 2015 schrumpften die langfristigen Vermögenswerte von 39,3 auf nur noch 29,5 Milliarden Euro. Immerhin ist damit zumindest schon ordentlich Luft aus der Bilanz herausgenommen worden.
Riskante Wette auf Energieträger von gestern
Zuschlagen bei Uniper-Aktien ist in Summe der Pro und Contra nur solchen Anlegern zu empfehlen, die bereit sind, ins Risiko zu gehen. Denn die Börsenstory beruht auf einem Geschäftsmodell, das sich über kurz oder lang auflösen wird. Mit der Energiewende sind Wind- und Solarstrom auf dem Vormarsch. Bis 2050 will Deutschland 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugen. Im Portfolio von Uniper befinden sich aber rund 300 Kohle-, Gas- und Wasserkraftwerke plus Atommeiler in Schweden.
Die wichtigsten Fragen zur E.On-Aufspaltung
Der Energieriese trennt seine konventionellen Gas-, Wasser- und Kohlekraftwerke sowie den Energiehandel ab vom Rest des Konzerns mit den Wind- und Sonnenenergieanlagen, den Stromnetzen sowie den modernen Energie-Dienstleistungsangeboten. Alte und neue Energie hätten sich so stark auseinanderentwickelt, dass beide Bereiche getrennt mehr Zukunft hätten, sagt E.On-Chef Johannes Teyssen. Das sei „Grundvoraussetzung für die Zukunftsfähigkeit von Eon und Uniper“, schrieb er vor kurzem an die Aktionäre. Aus der alten E.On werden zwei Unternehmen: Der Mutterkonzern schrumpft auf 40.000 Mitarbeiter, 14.000 Beschäftigte arbeiten bei Uniper.
Operativ arbeiten E.On und Uniper schon seit Jahresbeginn komplett getrennt. Im nächsten Schritt nutzt Uniper Kreditzusagen mehrerer Banken über rund 2,5 Milliarden Euro, um alte Kredite der E.On-Mutter abzulösen und sich so auch finanziell auf eigene Füße zustellen. Wenn die Hauptversammlung zustimmt, werden beide Konzernteile dann auch rechtlich getrennt. E.On legt seinen Aktionären gut 53 Prozent der Uniper-Aktien in ihre Depots. Für jeweils 10 E.On-Papiere gibt es einen Uniper-Anteilsschein. Später will sich E.On über die Börse auch vom Rest der Papiere trennen. Läuft alles reibungslos, könnte Uniper schon im dritten Quartal 2016 erstmals eine eigene Bilanz vorlegen.
Es gibt viel Zustimmung für Teyssens Plan. Allerdings haben die Aktionäre angesichts der Krise in der Branche auch das Gefühl, gar keine andere Wahl zu haben. „Wir begrüßen die Aufspaltung. Sie ist aus unserer Sicht alternativlos, um beide Unternehmensteile für die nächsten Jahre über Wasser zu halten“, sagt zum Beispiel der Fondsmanager Thomas Deser von Union Investment. Die Fondsgesellschaft zählt mit gut einem Prozent der E.On-Aktien zu den 20 größten Aktionären. Auch die Aktionärsvereinigung DSW will zustimmen – trotz Bedenken. „Unter der neuen Uniper-Flagge wird das Kohlekraftwerk auch nicht rentabler“, sagt DSW-Geschäftsführer Thomas Hechtfischer.
In der konventionellen Stromerzeugung vor allem mit Gaskraftwerken wird nichts mehr verdient. Die Gewinne schrumpfen immer weiter, weil subventionierter Ökostrom die Märkte flutet – zuletzt auch im ersten Quartal 2016. Wer soll vor diesem Hintergrund eigentlich künftig Aktien des Kraftwerksunternehmens Uniper kaufen, fragen die Aktionärsvertreter. Uniper hat ja selbst gleich zu Beginn ein Sparprogramm und den Verkauf von Firmenbeteiligungen angekündigt. Erst etwa ab 2018 erwartet Uniper wieder eine Belebung des Marktes für konventionelle Stromerzeugung.
Außerdem hat E.On auf Druck der Politik seine deutsche Atomsparte anders als geplant nicht der Erzeugungstochter Uniper zugeschlagen. Das ist unlogisch, denn für die Kernenergie des Konzerns in Schweden ist Uniper zuständig. Auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Fonds, die immer beliebter werden, könnten E.On-Aktien wegen des Atomanteils meiden. „Ein schwerer Geburtsfehler“, sagt DSW-Mann Hechtfischer. Für 2016 haben beide Unternehmen Dividenden versprochen, aber die Analysten fürchten, dass sich das angesichts der schrumpfenden Erträge später ändern könnte.
Branchenweit müssen die Stromkunden mit weiteren Erhöhungen rechnen – allein schon, weil der teure Ausbau der Netze über den Strompreis mitfinanziert wird. Auch die EEG-Umlage dürfte weiter steigen. Angesichts der schlechten Ertragslage bei E.On ist dann kaum damit zu rechnen, dass der Konzern seine Strompreise für die Endverbraucher stabil hält. Allein 2015 habe der Energieriese seinen Kunden Strompreiserhöhungen zwischen drei und elf Prozent ins Haus geschickt, sagt Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW. Der Großkonzern gehöre wie RWE regelmäßig zu den teuersten Stromanbietern im Vergleich – woran sich auch durch die Abspaltung nichts ändern dürfte.
Die fossilen Kraftwerke lassen sich wegen der stetig wachsenden Produktion von grüner Energie kaum noch wirtschaftlich betreiben. Die Kohlemeiler sind Auslaufmodelle, weil zu klimaschädlich. Strom in Gaskraftwerken lässt sich erst bei Großhandelspreisen ab 45 Euro pro Megawattstunde profitabel erzeugen, zuletzt zahlten Abnehmer weniger als 30 Euro.
Börsenneuling im Check: Uniper | |
Branche | Energie |
Mitarbeiter | 13.146 |
Umsatz 2015/2016/2017 | 92 / 79 / 90 Milliarden Euro |
Nettogewinn 2015/2016/2017 | 3,76 / 3,80 / 0,50 Milliarden Euro |
Gewinn je Aktie 2015/2016/2017 | 10,27 / 10,38 / 1,37 Euro |
Dividende je Aktie für 2016/2017 | 0,55 / 0,60 Euro |
Begleitende Banken | JP Morgan, Morgan Stanley |
Kursbildung | Eröffnungsauktion |
Gesamtzahl der Aktien | 365,96 Millionen Stück |
Anteil für E.On-Aktionäre | 53,35 Prozent |
Bei E.On verbleibender Anteil | 46,65 Prozent |
geschätzter fairer Börsenwert | circa 4,2 Milliarden Euro oder 11,50 Euro je Aktie |
Erstnotiz | 12. September 2016 |
ISIN | DE000UNSE018 |
Risiko | hoch |
Empfehlung | bei Kursen unter 10,00 Euro spekulativ kaufen |
Quelle: Unternehmen, Banken, eigene Recherche; Werte teilweise gerundet und für 2016 und 2017 geschätzt |
Der Mutterkonzern E.On hat den Wert seiner fossilen Stromquellen deshalb im ersten Halbjahr um 3,8 Milliarden Euro abgeschrieben und machte damit drei Milliarden Euro Verlust. Die Fantasie, die Uniper-Chef Klaus Schäfer, Exfinanzchef von E.On, für die Uniper-Aktie wecken möchte, beruht auf Annahmen, die sich als falsch erweisen könnten. So hofft Schäfer auf einen steigenden Großhandelspreis für Strom und eine Renaissance von Gas, wenn in sieben Jahren das letzte Atomkraftwerk in Deutschland abgeschaltet wird. Dann, so sein Kalkül, könnte Gas als Spitzenausgleich wieder verstärkt zum Einsatz kommen. Bis dahin aber wird auch immer mehr grüne Energie produziert, und auch die Entwicklung von Speichern, die Wind- und Sonnenstrom deponieren können, wird bis dahin fortschreiten.
Dass sich der Börsenhandel eng an Hochrechnungen zum fairen Börsenwert orientiert, ist bei den zuletzt hektischen Kursausschlägen der Energieaktien nicht zu erwarten. Sollte es beim Handelsstart zu deutlich niedrigeren Notierungen kommen, könnte das für risikofreudige Anleger eine Einstiegsgelegenheit werden – womöglich sogar zu Kursen von unter zehn Euro für eine neue Uniper-Aktie.
Eine Alternative sind E.On-Aktien selbst übrigens vorerst nicht. Der Mutterkonzern bilanziert die Uniper-Anteile noch mit rund zwölf Milliarden Euro. Sollte der Börsengang weniger einbringen, muss der Essener Versorger noch einmal Milliarden abschreiben. Unique Performance wäre anders.