Dass er sein Geschäft vernachlässigt, entgeht Fuhrländer. Technische Mängel bei Getrieben einer Windanlagenserie ruinieren 2009 auf einmal den bisher glänzenden Ruf. In Deutschland bestellt über Nacht praktisch niemand mehr eine Windmühle aus dem Westerwald. Der Anteil des Absatzes im Inland bricht von rund 40 Prozent 2009 auf sieben Prozent im Folgejahr ein. 2010 wird Fuhrländer in Deutschland nur noch ganze fünf Windräder los. Ein Jahr später hat sich der Umsatz auf rund 140 Millionen Euro fast halbiert.
In dieser Situation hat Fuhrländer zudem Pech. Zu seinem Versagen gesellen sich nun auch noch die Nachwirkungen der abklingenden Finanzkrise. Denn die Kunden, deutsche und internationale Windparkentwickler, erhalten nicht genügend Kredite, um Windparks zu bauen. Von dieser Flaute kann sich das Unternehmen nie mehr erholen.
Schwelgen in der Vergangenheit
Doch bis Fuhrländer zu dieser Einsicht gelangt, vergehen noch zwei Jahre. Erst einmal feiert er 2010 das 50-jährige Bestehen seiner Firma, die sein Vater 1960 in einer alten Scheune in Waigandshain als Dorfschmiede gegründet hatte.
Der Jubilar hat allen Grund, in der Vergangenheit zu schwelgen; wie er, der gelernte Schmied, 1985 den elterlichen Betrieb übernahm; wie er in den Achtzigerjahren beim Urlaub an der Nordsee eine Windkraftanlage bestaunte; wie er einige Jahre später selber begann, solche Anlagen zu bauen; wie er 1991 die erste Anlage verkaufte, mit einer Leistung von 30 Kilowatt, einem Achtzigstel dessen, was seine Turbinen heute schaffen; wie er als engagierter Christ viele seiner Windmühlen mit der Inschrift "Schöpfung bewahren" versah; und wie er 2001 sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umwandelte, an der sich der Wella-Erbe Immo Ströher und der schwäbische Windparkprojektierer Willi Balz zusammen mit 20 Prozent beteiligten.
Auftragseingang bricht ein
Doch all dies ist Makulatur, als im Herbst 2011 der Wind immer kälter über die Westerwaldhöhen und über Fuhrländers Unternehmen pfeift. Denn weiterhin bleiben fest eingeplante Projekte aus, werden storniert oder verschoben. Der Auftragseingang bricht um 60 Prozent ein. Zur gleichen Zeit dreht auch noch der Weltmarkt. Starke asiatische Anbieter wie Sinovel, Goldwind oder China Guodian drücken immer heftiger auf die Preise.
Im Oktober, gerade ein Jahr nach der Jubelfeier, rast Fuhrländer immer schneller in Richtung Pleite. Die Banken verlieren das Vertrauen in seine unternehmerischen Fähigkeiten und schicken ihm Berater ins Haus. Zuerst rücken die Sanierungsexperten der Hamburger Beratungsgesellschaft Nexpert an. Doch die reichen den Instituten nicht. Im Januar 2012 holen sie die auf Familienunternehmen spezialisierten Berater von Wieselhuber & Partner aus München. Schließlich muss Fuhrländer auch noch akzeptieren, dass ihm die Banken einen weiteren Vorstand an die Seite stellen: den heutigen Vorstandschef Heer, der zuvor den Nähmaschinenhersteller Dürkopp-Adler in Bielefeld saniert hatte.