Energiemarkt Gazproms heiße Flirts

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Mehr als eine Röhre. Neue Quelle: AP

Nach Angaben hochrangiger EnBW-Insider hat Villis bereits Pläne in der Schublade, zumindest ein neues Gaskraftwerk in Deutschland zu bauen. Dabei sollen die Düsseldorfer Stadtwerke helfen, an denen EnBW zu 54,95 beteiligt ist. Mit den Rheinländern soll Villis Insidern zufolge die Möglichkeit prüfen lassen, in den kommenden zwei Jahren in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt einen Gasverstromer direkt am Rhein zu errichten. Schon früh habe er aber klargemacht: Ein solches Gaskraftwerk werde er nur mit einem starken russischen Partner im Rücken bauen, der den Zugang zu bezahlbarem russischem Erdgas garantiere.

Mit dem Gazprom-Fernableger Novatek könne Villis „dieses Tor zu attraktiven Beschaffungsmärkten nun aufstoßen“, sagt ein Branchenkenner. Im Umfeld von EnBW ist bereits zu hören, wie der Dreierbund mit Novatek, EnBW und Düsseldorfer Stadtwerke funktionieren könnte: Danach würden die Düsseldorfer eine Betreibergesellschaft gründen, an der sie und Novatek je 50 Prozent halten. Auf diese Weise verfügte Villis ein neues Kraftpaket, das ihm den Einstieg ins Gasstromgeschäft brächte – mit Gazprom als Nova-tek-Minderheitsaktionär im Hintergrund.

E.On im Hintertreffen mit Gazprom

Eigentlich sollte die Investitionsentscheidung der Düsseldorfer Stadtwerke für ein Gaskraftwerk bereits gefallen sein. Doch hat sich das Projekt verzögert, damit ist noch Raum für Novatek. Offiziell heißt es von den Stadtwerken dazu nur, Düsseldorf setze weiterhin „auf die Erneuerung des Kraftwerksparks“.

Bei Gazprom ins Hintertreffen geraten scheint dagegen E.On. Dabei gilt Deutschlands Branchenprimus als Pionier im Gasgeschäft mit Russland. Zwischen der Gashandelstochter Ruhrgas und Gazprom gibt es seit den Siebzigerjahren eine enge Geschäftsbeziehung. E.On war bis vor zwei Jahren mit 6,5 Prozent ein sichtbarer ausländischer Gazprom-Aktionär. Die Düsseldorfer verkauften das Aktienpaket jedoch wieder, weil sie Förderrechte für ein Gasfeld in Sibirien erhielten.

Welcher deutsche Versorger auch immer zum Gazprom-Liebling aufsteigt: Mit der forcierten Expansion der Russen stellt sich die alte Frage erneut, ob das große Reich im Osten als Gaslieferant sicher ist und Deutschland sich nicht in eine gefährlich Abhängigkeit begibt. Die Antwort lautet beides Mal ja.

Natürlich haben all jene Gaslobbyisten recht, die Gazprom als zuverlässigen Lieferanten preisen. Schon 1973 floss unter dem Eisernen Vorhang sibirisches Gas in die Bundesrepublik. Seitdem lieferten die Sowjets wie später auch Gazprom stets pünktlich. Selbst 2009, als Konzernchef Miller und Putin der zahlungssäumigen Ukraine den Gashahn abstellten, mangelte es in Deutschland nicht an Gas.

Doch wächst mit den Kooperations-fantasien auch die Abhängigkeit von den Russen. Was das in der Praxis bedeutet, lässt sich in Essen studieren. Dort sitzt die E.On-Tochter Ruhrgas. Auf den russischen Handelspartner sind die Ruhrgas-Manager derzeit schlecht zu sprechen. Ruhrgas hat langfristige Verträge mit Gazprom abgeschlossen, die teilweise bis 2020 gültig sind. Festgeschrieben ist darin eine Mindestmenge an Gas, die jedes Jahr abgenommen werden muss. Der Preis folgt mit halbjähriger Verspätung dem Ölpreis.

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