Energieversorger RWE: Kampf in der Führungsspitze?

Nicht der erkrankte Jürgen Großmann, sondern sein Finanzvorstand präsentierte den Neunmonatsbericht des Energiekonzerns.

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Der RWE-Turm, die Zentrale des Quelle: dpa

Finanzvorstand Rolf Pohlig überschlug sich geradezu in der Ergebenheitsadresse an den erkrankten RWE-Chef Jürgen Großmann. Seine rührenden Reminiszenzen segelten knapp an der Peinlichkeitsgrenze vorbei: "Wir kommen aus der derselben Stadt, wir haben dieselbe Schule besucht. Jürgens Klassenlehrer war mein Mathematiklehrer, und wir beiden sind in demselben Rotary-Club". Kann Liebe schöner sein?

Pohlig wollte öffentliche Spekulationen im Keim erstecken, zwischen ihm und seinem Vorstandschef gebe es tiefgreifende Zerwürfnisse. Großmann wolle den ehemaligen Finanzdirektor, der vor drei Jahren in den RWE-Vorstand einrückte, eigentlich loswerden, weil die Chemie nicht mehr stimme, so die Berichte. Der Aufsichtsrat sei es gewesen, der Pohlig in letzter Sekunden vor Großmann beschützt habe.

Solche Nachrichten wiesen auf einen Machtkampf in der RWE-Führungsetage hin. Das Machtvakuum, das Grossmann krankheitshalber vorübergehend hinterlasse, so sagen es RWE-Quellen, werde von vielen Kommunalvertretern im RWE-Aufsichtsrat dazu genutzt, an seinem Stuhl zu sägen. Zu sehr hätten sich die Kommunen, die an die 20 Prozent an RWE halten, darüber geärgert, dass Grossmann sie durch einen Konzernumbau von RWE abkoppeln wolle. Rache kann grausam sein. Wenn diese Gerüchte stimmen.

Immerhin: Ganz von der Hand weisen, in Bausch und Bogen ins Reich der Fabeln verweisen wollte Pohlig diese Gerüchte um den Zoff an der Spitze dann doch nicht. Pohlig sagte, es sei völlig normal, dass es in einem Vorstand Leute mit unterschiedlichen Auffassungen gebe. Und dann: "Es ist Sache des Aufsichtsrates, den Vorstand so zusammenzustellen, dass die Funktionen und Meinungen zusammen passen." Punktum. Das war zuviel gesagt. Damit hat Pohlig den Fehdehandschuh Grossmann noch einmal vor die Füße geworfen, und sogar den Aufsichtsrat um Hilfe gerufen.

Ansonsten war das Bild, das Pohlig von RWE malte, nicht ganz so rosig und dynamisch wie die stets von Grossmann vorgetragenen Strategien und Perspektiven des zweitgrößten deutschen Energieversorgers. RWE ist im Gasgeschäft durch die gefallenen Spotmarktpreise und das Überangebot erheblich unter Druck geraten. "Auch für die kommenden Geschäftsjahre sieht RWE hier erhebliche Risiken," sagte Pohlig. RWE führe derzeit mit seinen Lieferanten Verhandlungen, um in den laufenden Verträgen günsterigere Bedingungen zu erhalten. Und da haben die Versorger RWE und E.On, der gestern seine Zahlen vorstellte, viel gemeinsam. Denn RWE antichambriert beim russischen Gasförderer Gazprom um bessere Preise, E.On auch. Beide ohne Erfolg.

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