Energieversorger Trudelnde Stromriesen

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Der Vorstandsvorsitzende der Quelle: dpa

Anders die Situation im Ländle: Im Unterschied zu RWE verzetteln sich dort  Vorstand und Aufsichtsrat nach dem Fukushima-Schock nicht in Machtkämpfen. EnBW bleibt ruhig, aber nur nach außen. Denn das Gesamtgebilde ist gefährdet. EnBW, früher Betreiber von vier Atomkraftwerken –, jetzt ausstiegsbedingt nur noch von zwei – ist das Sorgenkind der ungleichen schwäbischen Politiker Kretschmann und Widmaier. Im ersten Halbjahr 2011 hat EnBW, früher ein Gewinnscheffler, eine halbe Milliarde Euro Verlust eingefahren. Die Gründe: hohe Abschreibungen auf verlustbringende Töchter im Norden Deutschlands und in Österreich sowie wegbrechende Gewinne im Atom-geschäft. Ohne verlässlich sprudelnde Dividenden sind aber die Investitionen ins Geschäft mit erneuerbaren Energien etwa aus Windrädern, in die EnBW-Chef Hans-Peter Villis große Hoffnungen setzt, auf längere Sicht gefährdet.

EnBW – erst 1999 durch Fusion der Stadtwerke Badenwerk, Schwaben AG und Neckarwerke Stuttgart entstanden – „könnte wieder auseinanderfallen und auf diese und andere Kommunen im Ländle aufgeteilt werden“, sagt ein Aufsichtsrat von EnBW der WirtschaftsWoche. „Das würde die Geschäfte in den sicheren Hafen der Kommunen führen“, zurück zu den Stadtwerken, wo das Gespür für Endverbraucher noch groß und die Verankerung ins örtliche, stromverbrauchende Gewerbe stark ist.

Neue Stadtwerke als Lösung

„Es gibt diesen Rekommunalisierungstrend bestimmt nicht“, wehrt ein EnBW-Sprecher ab. Doch gleichzeitig plant EnBW in naher Zukunft zusammen mit den schwäbischen Kommunen Stadtwerke zu gründen, in denen sie nicht die Mehrheit halten, bestätigt ein EnBW-Sprecher. In diese Stadtwerke soll zunächst das lokale Netz von EnBW ausgelagert werden. „Das ist ein Schritt, das operative Energiegeschäft zu den Gemeinden zu verlagern“, sagt ein Kommunaler.

Der notgedrungene Rückwärtsgang aufgrund eines sich in Luft auflösenden Geschäftsmodells erinnert an den Auflösungsprozess der nordrhein-westfälischen WestLB. Die Landesbank wird nach himmelstürmender Expansion und gewagten Investments wieder auf die kommunal verbundenen Sparkassen zurückgeführt und soll sich so gesundschrumpfen. Ähnlich wie die Sparkassen bei der WestLB wieder die Macht übernehmen, könnten dies die Stadtwerke bei dem Buchstabensalat-Konzern EnBW tun.

Die Kommunen lassen bereits in Gestalt des OEW-Vorsitzenden Widmaier die Muskeln spielen: „Baltic hat die OEW initiiert“, betont er auffällig und meint den kürzlich von der Kanzlerin in Betrieb genommenen Windpark vor Rügen. Baltic 1 gilt als Paradebeispiel für die grüne Investitionspolitik von EnBW-Chef Villis. Die wird nun angesichts des rot-grün regierten Großaktionärs Baden-Württemberg groß in Szene gesetzt. „Das Widmaier-Engagement für den Windpark zeigt, dass die schwarz regierten, schwäbischen Kommunen sich ganz gut mit dem grün-roten Ministerpräsidenten verstehen“, sagt ein Energieinsider in Karlsruhe.

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