Energieversorger Warum bei E.On, RWE und Co. die Nerven blank liegen

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Gefesselter Boss Quelle: Michael Dannenmann für WirtschaftsWoche

Ausschließlich ein Grund zum Feiern ist die Verlängerung um im Schnitt zwölf Jahre aber trotzdem nicht. Denn das vorangegangene Gerangel hatte allen voran Anlegern und Investoren endgültig klargemacht: Die Branche ist fast vollständig von der Politik abhängig, fast schon geknebelt. Das Mantra „Energiekonsens“, wie immer er aussieht, ist keine Garantie für sichere Extragewinne. Eine mögliche rot-grüne Bundesregierung nach 2013 dürfte die Laufzeitverlängerungen zurückdrehen. Lange galten der Import und die Verteilung von Erdgas in deutschen Landen bei den Energieriesen als Lizenz zum Gelddrucken. Dafür stand vor allem Ruhrgas. E.On durfte das Unternehmen vor zehn Jahren sogar nur übernehmen, weil der damalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller – entgegen dem Bundeskartellamt – eine „volkswirtschaftliche Notwendigkeit“ darin sah und über seinen Staatssekretär die Erlaubnis erteilte. Unter dem damaligen Vorstandschef Hartmann sorgte Ruhrgas zeitweise dafür, dass der E.On-Gewinn dank Ruhrgas um zwei, drei Milliarden Euro höher war.

Abschied von Gasgewinnen

Doch das „Leuchtturmunternehmen Ruhrgas“, wie Müller einst schwärmte, erodiert gerade mächtig. In den kommenden zwei Jahren wird Ruhrgas im langfristigen Geschäft mit Industriekunden, Kraftwerken und Stadtwerken keine nennenswerten Beträge an die Konzernmutter E.On überweisen können. Schuld daran sind die Lieferverträge mit dem russischen Gazprom-Konzern, an die Ruhrgas Jahre gebunden ist. Manager der E.On-Tochter glauben sogar an Verluste von Oktober 2010 an, ebenso im Jahr 2011, wahrscheinlich sogar 2012. Das hat es in der Branche noch nie gegeben. Grund ist eine Erdgasschwemme in Europa verbunden mit niedrigeren Preisen an den Spotmärkten. Von ihnen kann Ruhrgas aufgrund alter Verträge nicht mehr profitieren. Die Rechnung ist einfach: Bei E.On-Ruhrgas zahlt der Kunde für die Kilowattstunde Gas 2,3 Cent. An den Spotmärkten liegt der Preis aber nur bei 1,8 Cent. Folge: Die Kunden laufen E.On-Ruhrgas in Scharen davon, das Geschäftsmodell ist keines mehr.

Unsichere Alternativenergie

Vor diesem Hintergrund wirken auch die von RWE-Chef Großmann angekündigten Investitionen in die Pipeline Nabucco, die Erdgas aus dem Nordirak, Turkmenistan und Aserbaidschan nach Westeuropa leiten soll, wie ein Anachronismus. Nicht mehr, sondern weniger Gas brauchen die westeuropäischen Märkte – zumal auch noch verflüssigtes Gas für E.On demnächst in einem eigens gebauten Terminal in Rotterdam anlanden wird.

Atom, Gas, Kohle – „das ist für die deutsche Energiewirtschaft ein einziges Vietnam“, sagt ein amerikanischer E.On-Manager, der sich in den verlorenen Stellungskrieg der USA vor 40 Jahren in Indochina versetzt fühlt. Solche drastischen Bilder waren früher nicht branchentypisch.

Doch das Paradies werden auch die erneuerbaren Energie für die Stromproduzenten nicht. Ihr Ausbau, die Wirtschaftlichkeit und die Sicherheit sind alles andere als ein Kinderspiel.

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