Ernährung Warum alle heiß auf Tiefkühlkost sind

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Grafik: Tiefkühlkostverbrauch

„Die ernährungsphysiologische Qualität von tiefgekühlten Lebensmitteln kann so gut sein wie die von frischer Ware. Manchmal ist sie sogar besser, wenn die Qualität des Materials hoch ist, das optimale Einfrierverfahren verwendet wird und in der gesamten Tiefkühlkette das Produkt bei weniger als minus 18 Grad gelagert wird“, sagt Diana Behsnilian, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Lebensmittel- und Bioverfahrenstechnik am Max Rubner-Institut in Karlsruhe.

Zudem blieben Vitamine oft besser in TK-Obst und -Gemüse erhalten als in marktfrischer Ware, sagt die Expertin. So verliert frischer Spinat bei einem Tag Lagerung in der Küche bei Zimmertemperatur rund die Hälfte seines Vitamin-C-Gehalts. Tiefgefrorener Spinat hat selbst nach vier Monaten in der Truhe nur 15 Prozent seines Vitamin C verloren.

Klimaschützer werfen der Branche vor, besonders umweltschädlich zu sein durch den hohen Energieaufwand – zum einen bei der Herstellung der Tiefkühlprodukte, zum anderen durch die ununterbrochene Kühlung des Lebensmittels vom Lager des Herstellers über das Transportmittel und das Verkaufsregal des Händlers bis zum Verbraucher.

Auch unzählige unbekannte Hersteller profitieren

Wie sehr TK-Ware die Emissionsbilanz belastet, wollte Frosta genau wissen. Für seine Fertiggerichte Tagliatelle-Wildlachs und Gulasch-Pfanne ließ das norddeutsche Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem Ökoinstitut in Freiburg und der Universität Bremen einen sogenannten CO2-Fußabdruck anfertigen. Das Ergebnis: Beim Selberkochen eines vergleichbaren Gerichtes aus frischen Zutaten, angebaut und geerntet in der Nähe des Verbrauchers, entstünde ähnlich viel CO2 wie durch ein Frosta-Tiefkühlgericht. In den Monaten November bis Juli lägen die Werte beim Selberkochen sogar deutlich darüber, so das Unternehmen, weil das erntefrische Gemüse in energiefressenden Treibhäusern herangezogen werde.

Von der Beliebtheit der schockgefrosteten Lebensmittel profitieren nicht nur der Einzelhandel und bekannte Markenhersteller wie Iglo, Dr. Oetker, Frosta, Frenzel oder Coppenrath & Wiese. Erfolgreich sind auch Heimlieferdienste wie Bofrost und Eismann, Kühllogistiker, Truhenhersteller und Betreiber von Kühllagerhäusern sowie unzählige unbekannte Hersteller von tiefgefrorenen Brötchen, Baguettes, Muffins und Donuts, ohne die kaum noch eine Betriebskantine, ein Tankstellenimbiss oder ein Coffee-Shop funktionieren würde.

Einer dieser Spezialisten ist die Unternehmensgruppe Hack aus dem kleinen Ort Kurtscheid im Westerwald. Aus der 1930 gegründeten Familienbäckerei entwickelte sich eine mittelständische Firmengruppe, die Peter und Thomas Hack in dritter Generation führen. Hack erlöst mit 200 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 68 Millionen Euro – dank der Produktion von Tiefkühlkost, in die das Unternehmen vor 20 Jahren eingestiegen war und die heute mehr als die Hälfte der Erlöse bringt. Über 300 Produkte – vom Kaiser-Mohnbrötchen über Haselnuss-Brownie und Thunfisch-Zwiebel-Snack bis zur Ricotta-Himbeer-Sahnetorte – werden in Kurtscheid erst gebacken, dann eingefroren.

Seit zwei Jahren ist Hack am Tiefkühlbäcker Coolback in Jänickendorf bei Berlin beteiligt. 150 Millionen tiefgefrorene Brötchen treten dort jährlich ihre Reise in die sogenannte System- und Verkehrsgastronomie an. Dazu zählen der Lufthansa-Caterer LSG, der Großhändler Lekkerland, die Autobahnraststätten von Tank & Rast, Shell- und Esso-Tankstellen, Burger King und McDonald’s sowie die Restaurants in Karstadt-, Kaufhof- und Ikea-Häusern. „Acht der zehn größten Systemgastronomen sind unsere Kunden“, sagt Peter Hack. Den Erfolg von Muffins, Brownies & Co. erklärt der Unternehmer mit verändertem Konsumverhalten: „In die Verzehrgewohnheiten ist Mobilität gekommen. Zum Mitnahme-Kaffee passt eben kein Frankfurter Kranz mehr.“

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