Ex-HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher kommt vor Gericht

Das Hamburger Landgericht lässt eine Anklage gegen sechs ehemalige HSH-Vorstände zu – auch gegen den Ex-Chef der Bank. Der Vorwurf: Untreue. Die Landesbank prüft bereits ihre Schadensersatzansprüche.

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Dirk Nonnenmacher: Das Hamburger Landgericht hat Anklage gegen den Ex-HSH-Chef erlassen. Quelle: Reuters

Hamburg Der ehemalige HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher muss sich vor Gericht verantworten. Das Hamburger Landgericht ließ die Anklage gegen ihn und fünf weitere ehemalige Vorstände der Krisenbank HSH Nordbank nach mehr als einem Jahr Prüfung zu. „Die Kammer erachtet die sechs Angeklagten einer gemeinschaftlich begangenen Untreue für hinreichend verdächtig“, sagte eine Gerichtssprecherin am Donnerstag.

Zwei Angeklagten – Nonnenmacher und dem früheren Kapitalmarktvorstand Jochen Friedrich – wird zudem Bilanzfälschung vorgeworfen. Sie werden beschuldigt, im Zwischenbericht der Bank für das erste Quartal 2008 fälschlich einen Überschuss von 81 Millionen Euro ausgewiesen zu haben, während die Bank tatsächlich 31 Millionen Euro Verlust gemacht habe.

Nonnenmachers Anwalt Heinz Wagner wies den Vorwurf der Untreue zurück. Es habe sich um bankübliche Geschäfte gehandelt, sagte er im Gespräch mit Reuters. Im Zentrum des Prozesses werde die Frage stehen, ob die Angeklagten ein unvertretbares wirtschaftliches Risiko eingegangen seien. Davon könne aus seiner Sicht nicht die Rede sein. Alle sechs ehemaligen Vorstände hätten sich dahingehend eingelassen und fühlten sich zu unrecht verfolgt, betonte der Ahrensburger Rechtsanwalt, der früher als Strafrechtsprofessor an der Uni Kiel lehrte. Wagner sagte, das Gericht habe den Prozessbeginn für Mitte Juli in Aussicht gestellt.

Nach Angaben des Gerichts wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vor, im Dezember 2007 eine komplexe Finanztransaktion unter dem Namen „Omega 55“ genehmigt zu haben, obwohl anhand der Kreditunterlagen eine umfassende Abwägung von Chancen und Risiken des Geschäfts nicht möglich gewesen sei.

Die HSH Nordbank erklärte, sie werde den Ausgang des Verfahrens genau beobachten. „Wir verfolgen die Vorgänge mit großer Aufmerksamkeit und werden prüfen, ob sich im Verlauf des Verfahrens für uns Schadensersatzansprüche ergeben“, sagte ein Sprecher.

Im Kern der Vorwürfe stehen die sogenannten Omega-Geschäfte, auf die die HSH Nordbank 2008 ein halbe Milliarde Euro abschreiben musste. Die Belastungen hatten beinahe zur Pleite der Hamburger Bank geführt und kosteten den damaligen HSH-Chef Hans Berger den Job. An seine Stelle rückte im Herbst 2008 Nonnenmacher, der zuvor Finanzvorstand der Bank war und Teile der Transaktion gegengezeichnet hatte. Wenig später wurde die HSH dann von den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein mit Milliardenhilfe vor dem Aus gerettet.


„Dr. No“ und die Hochrisiko-Geschäfte

Bei den Omega-Geschäften hatte die Bank zwei Zweckgesellschaften mehrere hundert Millionen Euro an Krediten zur Verfügung gestellt, die diese wiederum in hoch riskante Wertpapiere investierten. Die Papier verloren im Zuge der Krise massiv an Wert. Anfang 2010 wurden Omega 52 und 55 dann aufgelöst, wodurch sich die Abschreibungen etwa um die Hälfte reduzierten.

In einer zweiten Transaktion hatte die HSH Immobilienkredite im Umfang von zwei Milliarden Euro an die BNP Paribas übertragen und im Gegenzug ein Immobilienportfolio von der französischen Bank übernommen. Die Bank bezeichnet dies als branchenüblichen Risikotausch. Nach Darstellung des Hamburger Rechtsanwalts Gerhard Strate, der die Ermittlungen gegen die HSH Nordbank vor einigen Jahren ins Rollen brachte, ging es dabei jedoch darum die Eigenkapitalquote der Bank mit Blick auf den damals geplanten Börsengang üppiger aussehen zu lassen.

Die Staatsanwaltschaft recherchierte in der Sache mehrere Jahre und erhob Ende 2011 Anklage. Die Anklageschrift umfasst rund 600 Seiten.

Nonnenmacher musste im März 2011 seinen Hut nehmen. Davor stand er monatelang in der Kritik – anfangs wegen umstrittener Finanzgeschäfte, die die Existenz der Bank bedrohten, später wegen einer Spitzelaffäre, in der mehrere Staatsanwaltschaften ermittelten. Der Manager hatte stets beteuert, in keine Affären der Bank verwickelt zu sein. Doch vor allem aus den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein, die 85 Prozent an der kriselnden Bank halten, riss die Kritik nie ab.

Der intern „Dr. No“ genannte Manager mit dem nach hinten gegelten Haar wurde daraufhin durch den langjährigen Investmentbanker Paul Lerbinger abgelöst, der inzwischen allerdings ebenfalls nicht mehr für die Bank arbeitet. Lerbinger wurde nach nur zwei Jahren vor die Tür gesetzt. Seither führt Constantin von Oesterreich das Institut, er war zuvor Finanzchef der Bank.

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