Exklusivstudie Welche Einzelhändler bei den Kunden vorne liegen

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Grafik: Beliebteste und unbeliebteste Einzelhändler

Wichtiger scheint, dass die Mitarbeiter den Umgang, der ihnen zuteil wird, an die Kunden weitergeben. „Wenn wir in unseren Reihen die Besten im Handel wollen, müssen wir sie auch entsprechend bezahlen“, hat dagegen Douglas-Chef Kreke erkannt. „Deshalb sind die Personalkosten gut investiertes Geld.“ 70 Prozent der Mitarbeiter bezahlt Douglas über Tarif. Und während Discounter und Warenhäuser ihr Personal oft bis auf die Kassiererinnen ausgedünnt haben, arbeiten in einer Douglas-Filiale im Durchschnitt 15 Mitarbeiter.

Besonders eindrücklich lässt sich der Zusammenhang zwischen Investitionsstau und Kundenzufriedenheit am Beispiel des Mülheimer Tengelmann-Konzerns studieren, zu dem neben Kik auch die Supermärkte Kaiser’s und Tengelmann sowie die Obi-Baumärkte gehören. Unternehmenschef und Mitinhaber Karl-Erivan Haub schaltete in den vergangenen Jahren auf Sparflamme. Mit nachhaltiger Wirkung: Neben Kik rangiert auch Kaiser’s unter den zehn unbeliebtesten Händlern. Die Tengelmann-Filialen stehen in der Publikumsgunst auf Platz 77 von 89 analysierten Unternehmen. Für Haub könnte sich damit ausgerechnet das vermeintlich stabilste Geschäftsfeld zum Problem entwickeln: der Lebensmittelhandel. Nach Einschätzung der Experten taugt die Krise zur „substanziellen Bedrohung“ für Kaiser’s und Tengelmann, aber auch Rewe sehen die Berater in akuter Gefahr.

Grafik: Lebensmittelhändler und ihr Umgang mit der Krise

Die Supermärkte müssten jetzt in die Offensive gehen, empfehlen die Berater. Wobei sie als Umsatztreiber eher Faktoren wie Service, Kundennähe oder Werbung sehen als kostspielige Rabattschlachten. Mit Letzteren würden sich die Unternehmen in eine Preis-Vergleichbarkeit manövrieren, „bei der sie kaum gewinnen können“. Denn Discount-Konkurrenten wie Aldi, Lidl und Kaufland sind mit ihrer Billigstrategie gut gerüstet für die Krise.

Nicht nur im Lebensmittelhandel gewinnt der Preis an Bedeutung. Auch bei Elektronikketten und Baumärkten wird „ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis“ künftig zu einem der „Top-Treiber“ für die Kundenzufriedenheit, heißt es in der Studie. Das bedeute aber nicht, dass nur noch Billigheimer Chancen hätten, sagt Serviceplan-Geschäftsführer Ronald Focken. Entscheidend sei vielmehr „die Wahrnehmung des Kunden, dass die Leistung stimmt“.

Dabei versprechen unterschiedliche Strategien Erfolg. So hämmern die zum Düsseldorfer Metro-Konzern gehörenden Elektronikhändler Media Markt und Saturn den deutschen Konsumenten seit Jahren die Parolen „Ich bin doch nicht blöd“ und „Geiz ist geil“ ein. Rund 480 Millionen Euro ließen sich die Metro-Töchter ihr mediales Trommelfeuer allein 2008 kosten. Das Resultat: Image und Markenbekanntheit stimmen. In der Publikumsgunst liegt Media Markt dennoch nur auf Platz zwei, Saturn auf Platz drei der Elektronikhändler. Mit einem Bruchteil des Werbebudgets erreicht die kleinere Kette Conrad deutlich bessere Werte. Vor allem das Verkaufspersonal wird als kompetenter eingestuft, und die Kundenloyalität ist höher. „Gelingt es dem Unternehmen, diese Stärken besser herauszustellen, die hoch kaufrelevant sind, könnte Conrad in der Krise Marktanteile erobern“, sagt Focken.

Ähnlich sieht er die Lage im Modehandel. Hier hat sich der westfälische Nischenanbieter Ernsting’s Family eine Fangemeinde erobert. Dank einer Mischung aus gutem Beschwerdemanagement, hoher Beratungskompetenz und preiswerten Produkten schneidet Ernsting’s Family in der Kundenbefragung besser ab als Branchengiganten wie die Bekleidungsketten H&M, Zara oder C&A. Auch um die Krisenresistenz muss sich das Münsterländer Familienunternehmen laut Studie nicht sorgen – ganz im Gegensatz zu verglühenden Modestars wie Benetton, bei denen die Kunden nicht mehr recht zu wissen scheinen, wofür die Marke eigentlich steht.

Das Image der meisten anderen Unternehmen ist dagegen eindeutiger. Für die Studie sollten die Befragten den Handelsfirmen jeweils einen passenden Prominenten zuordnen. Ex-Tennisstar Steffi Graf wird danach mit Aldi und C&A in Verbindung gebracht, TV-Entertainer Oliver Pocher mit Ikea assoziiert und der frühere Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert darf fortan als „Mr. Karstadt“ gelten. Um den Lebensmittelhändler Norma zu charakterisieren, griffen die Befragten indes zu einem besonderen Bild. Es zeigt einen, der stets mit korrekt geknoteter Krawatte und unempfänglich für die Stürme des Zeitgeistes seinen Dienst verrichtet hat: Horst Tappert alias ZDF-Oberinspektor Derrick. Vielleicht ist es für Norma an der Zeit, auf einen neuen Werbeslogan zu setzen: Harry, hol schon mal den Einkaufswagen.

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