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Fachkräfte im Mittelstand "Grundkultur des Alles-selbst-Machens“

Ralf Napiwotzki, Deutschlandchef des niederländischen Projektdienstleisters Brunel, über die Zurückhaltung des deutschen Mittelstands beim Einsatz von unternehmensfremden Fachkräften.

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Ralf Napiwotzki

Kleine und mittlere Unternehmen klagen über den Mangel an Ingenieuren, scheuen sich aber, die Dienste von Ingenieur- oder Fachpersonalbüros in Anspruch zu nehmen. Jeder zweite befragte Firma, so ermittelte eine Untersuchung des Marktforschers Lünendonk aus dem bayrischen Kaufbeuren im Auftrag des Ingenieurdienstleisters Brunel, hat noch nie mit solchen Dienstleistern gearbeitet. 70 Prozent der befragten Mittelständler beabsichtigen auch in Zukunft nicht mit externen Ingenieuren zu arbeiten. Ralf Napiwotzki, Deutschlandchef des niederländischen Projektdienstleisters Brunel, über die Zurückhaltung des deutschen Mittelstands beim Einsatz von unternehmensfremden Fachkräften. 

Herr Napiwotzki, im vergangenen Jahr konnten 34 000 Ingenieursstellen nicht besetzt werden. Betroffen waren vor allem Mittelständler. Warum sind kleine und mittlere Unternehmen dennoch sehr zögerlich, wenn es um den Einsatz externer Ingenieurdienstleister geht?

Zum einen stellen wir immer wieder fest, dass Mittelständler die rechtlichen Rahmenbedingungen falsch einschätzen. Viele glauben zum Beispiel, dass sich die Ingenieure nach einer gewissen Zeit in das Unternehmen einklagen können. Entscheidend aber ist die im Mittelstand verbreitete Grundkultur des "Alles-Selbst-Machens". Vor allem Familienbetriebe trauen eine hinreichende Identifikation mit dem Unternehmen nur den eigenen Mitarbeitern zu.

Das ist nachzuvollziehen. Der deutsche Mittelstand ist doch auch deshalb so erfolgreich, weil der Zusammenhalt im Unternehmen so stark ist.

Das stimmt. Und weil das Modell so erfolgreich ist, sind viele Unternehmer selbst nicht zu kleinen Anpassungen bereit. Dadurch werden sie aber unflexibel. In anderen Ländern ist die Bereitschaft externe Ingenieure temporär zu engagieren viel größer. Das sehen wir besonders stark im Stammland unseres Unternehmens, in den Niederlanden.

Auch im Mittelstand?

Es geht bei diesem Thema nur um den Mittelstand. Bei Großunternehmen existieren diese Berührungsängste nicht. Deutsche Automobilkonzerne etwa kaufen etwa 70 Prozent der Innovationen von außen, ein großer Teil davon bei mittelständischen Zulieferern. Aber nur 14 Prozent der Entwicklungsdienstleistungen der befragten deutschen Mittelständler stammen von externen Anbietern. Wir glauben, dass die Zurückhaltung der deutschen Mittelständler auch auf einem Mangel von Erfahrung beruht. In Deutschland hat sich unsere Branche erst in den vergangenen zehn Jahren stärker entwickelt. Die Niederlande zum Beispiel haben da einen Vorsprung von rund 15 Jahren.

Machen denn die jungen Ingenieure überhaupt mit?

Da ist zurzeit viel in Bewegung. Noch vor fünf oder sieben Jahren strebten Absolventen danach, mit 25 Jahren bei Siemens, Bosch oder Daimler anzufangen und 40 Jahre später aus demselben Konzern in Rente zu gehen. Heute suchen die jungen Absolventen die Abwechslung, fangen deshalb auch gern bei einem Dienstleister an und bleiben dann nach einigen Jahren bei einem der Kunden kleben. In vielen westlichen Ländern ist das schon länger so. Da haben die Ingenieurdienstleister bei den Absolventen eher das Image wie  Unternehmensberatungen.  

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