Finanzberater AWD: Carsten Maschmeyer

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Die Sünden der Vergangenheit holen Maschmeyer dennoch immer wieder ein. Etwa die Sache mit den Fonds des Initiators Walter Fink. Für die so genannten Dreiländerfonds sammelten Maschmeyers Leute Mitte der Neunzigerjahre insgesamt 400 Millionen Euro bei Anlegern ein. Heute sind sie nur noch einen Bruchteil dessen wert. Es laufen rund 50 Klagen wegen Fehlberatung gegen den AWD. In der Zentrale in Hannover sieht man die Angelegenheit indes gelassen. Der gesamte Streitwert der Klagen liege nur bei rund drei Millionen Euro. Außerdem gibt es bisher noch kein einziges rechtswirksames Urteil gegen den AWD, hingegen zehn für ihn. 

Das ist nach Ansicht des Düsseldorfer Anwalts Julius Reiter nur die halbe Wahrheit. Reiter vertritt rund 200 geschädigte DLF-Anleger. Das Oberlandesgericht Celle hat den AWD in zwei Fällen zu insgesamt 64.000 Euro Schadensersatz verurteilt. Dagegen hat der AWD Revision vor dem Bundesgerichtshof eingelegt. „Bestätigt der Bundesgerichtshof das OLG-Urteil, droht dem Finanzdienstleister eine Klagewelle“, sagt Medard Fuchsgruber, Vorsitzender des Bundes der Kapitalanleger. 

Erfolgreicher Börsengang

Zweimal mussten wegen der damals schon anhängigen Klagen in Sachen Dreiländerfonds auch die Emissionsprospekte überarbeitet werden. Ein Erfolg wurde der Börsengang trotzdem. Im Oktober 2000 spülten die Anleger rund 500 Millionen Euro in die Kasse des AWD. Mit dem Geld kaufte Maschmeyer andere Finanzdienstleister auf. Seitdem gehören unter anderem der ehemalige deutsche Wettbewerber Tecis sowie Thomson’s und Carrington Carr aus Großbritannien zum AWD-Reich. Obwohl der AWD noch immer zu über 50 Prozent der Familie gehört, gab Maschmeyer mit dem Börsengang auch sein Alleinvertretungsrecht zurück. Seitdem ist für jede Entscheidung Einstimmigkeit im dreiköpfigen Vorstand nötig. Mit seinen Kovorständen Ralf Brammer (ehemals DaimlerChrysler) und Friedemann Derndinger (ehemals Boston Consulting) holte sich Maschmeyer externe Fachleute ins Unternehmen. Auch unter den 18 Stabsleitern und Direktoren beim AWD stammen elf von außen. 

Gleichzeitig startete Maschmeyer eine Imagekampagne. Rund zwölf Millionen Euro hat er 2002 für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben. Wer sich von AWD-Leuten beraten lasse, der werde sofort „ein paar Tausender mehr haben“. Ob sich die unabhängige Expertise immer lohnt, wie der AWD garantiert? Wer den Empfehlungen des AWD-Experten Giso Brauer im Wettbewerb eines Münchner Anlegerblättchens folgt, den könnten da Zweifel befallen. Weit abgeschlagen, mit einer Performance von plus 0,1 Prozent, schloss Brauers Portfolio 2003 auf dem letzten Platz ab. Der Dax legte in diesem Zeitraum um 37 Prozent zu, die AWD-Aktie gar um 118 Prozent. Letzter im Ranking? Das muss den Chef fuchsen wie wild. 

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