Finanzkrise Grüne Botschaft: Design muss nachhaltig sein

Seite 3/3

Vaillant-Designer Ermert und Fleischer: Wie macht man Heizkessel sexy? Quelle: Frank Reinhold für WirtschaftsWoche

Im innersten Bereich der Baracke, im Kreativraum, hängen sie an der Wand – Konzeptstudien für Wandgeräte. Sie werden abgedeckt, wenn Besuch kommt. „Unsere Erlkönige“, sagt Ermert, dessen Team in diesem Jahr gleich drei Auszeichnungen beim Red Dot kassierte, in Anspielung auf die geheimen Designstudien der Autobauer. Auf dem großen Tisch liegen Bedienungsleisten für Heizungen. „Sehen Sie hier“ sagt Ermert und nimmt eine Schaltkasten in die Hand, „so haben wir das noch vor zwei Jahren gemacht.“

Die lackierten Köpfe und Schalter auf der Leiste glänzen silbrig. „Heute lackieren wir nicht mehr“, sagt Ermert. Der Lack erschwere die Trennung bei der Entsorgung des Gerätes. Vorgabe der Geschäftsleitung an die Designer: Bedienungsleisten ebenso wie die kompletten Heizgeräte müssen sich problemlos zerlegen und in den Rohstoffkreislauf bringen lassen.

Wichtiger noch für die Designer ist die leichte Bedienung. „Das Optimum an Energieeinsparung können nur die Nutzer selbst herauskitzeln“, sagt Ermert. Nur die kennen ihre Alltagsabläufe und Vorlieben bis ins Detail. Die Standardeinstellung schaltet beispielsweise um sieben Uhr morgens die Heizung an und um zehn abends wieder ab. Abwesenheiten etwa berücksichtigt sie nicht. „Standardeinstellung bedeutet aber in der Regel verschwendetes Geld“, sagt Ermert. Nur wenn der Kunde das Gerät leicht ab- und anschalten kann, wird er es tun.

Verbraucher wollen Top-Qualität und gutes Gewissen

Komplizierte Bedienungselemente halten die Nutzer davon ab. Der Vaillant-Designer zeigt einen Heizkessel aus den frühen Neunzigerjahren mit einer Unzahl an Manometern und Einstellknöpfen: „Das war etwas für Technikfreaks, aber nicht für Otto Normalverbraucher.“ Selbst um den Widerstand der Drehknöpfe kümmert sich Ermerts Team. Während die alte Variante sich holprig drehte, ist heute ein leichtes Einrasten zu spüren. „Das gibt dem Nutzer Halt und motiviert ihn, weil es angenehm ist, sich mit der Bedienplatte zu beschäftigen“, sagt Ermert. Auf den Griffflächen wechseln harte und rutschfeste weiche Materialien ab und ermöglichen so einen sicheren Griff.

Im Nachbarraum stehen Studien von Warmwasserspeichern, die im Frühstadium der Entwicklung sind. Noch wirken die Styropor-Klötze wie unbehauene Säulen. Ermert glaubt, dass schon bald große Energiespeicher notwendig werden, um Verbrauchsspitzen auszugleichen. Der Ökodesigner will die Speicher aus den Kellern holen: „Warum stellen wir sie nicht in den Kern einer Wendeltreppe – am besten gleich über mehrere Stockwerke.“ Dennoch: Neben den vielen Entwürfen, in denen nachhaltiges Design integrierter Bestandteil ist, findet sich noch viel Ökodesign im Schlabberstil. Lange Zeit galten Birkenstocksandalen als Öko-Schluffen – bis die Schickeria in Sankt Moritz und Saint Tropez die Naturschleicher adelte.

Doch gerade für viele hochpreisige Anbieter sind die Menschen, die als LOHAs gelten (Lifestyle of Health and Sustainability) eine zunehmend wichtige Zielgruppe. „Diese Verbraucher wollen Top-Qualität und gleichzeitig ein gutes Gewissen“, sagt Ursula Tischner von Econcept. Rund 50 Millionen Amerikaner – fast ausschließlich Besserverdiener – zählt der US-Soziologe und Marktforscher Paul H. Ray zu dem neuen Typ des Verbrauchers, der Konsumfreude mit Nachhaltigkeit verbindet und sich entschieden vom Ökofreak alten Stils absetzt. „Solche Leute geben sich nicht mit Schafswoll-Ästhetik zufrieden“, sagt Tischner.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%