Finanzkrise Web 2.0: Der Wettlauf ums Überleben hat begonnen

Seite 5/6

Bekannte soziale Netzwerke/Meistbesuchte Internet-Seiten in Deutschland

Facebook braucht jedoch dringend zusätzliche Einnahmen – denn die Seite wächst weiter wie verrückt. Offiziell hat das Netzwerk 120 Millionen registrierte Nutzer weltweit, Marktforscher gehen allerdings von bis zu 160 Millionen aus. Warum zeigt Facebook sich so bescheiden bei den Nutzerzahlen? Ganz einfach: Facebook ist zwar gratis, doch der Betrieb des Netzes kostet viel Geld – für Rechenkapazität, Übertragung und Wartung. Vor allem diese Kosten verhindern bislang einen positiven Cash-Flow. So kaufte Facebook bis vor Kurzem in großem Stil Computerserver bei Sun Microsystems ein, will aber künftig ähnlich wie Google auf billigere Lösungen zurückgreifen.

Mindestens zwei Einnahmequellen hat Facebook aber noch nicht angezapft. So hat sich das Portal für neue Internet-Dienstleistungen fremder Entwickler geöffnet. Das Startup Rockyou zum Beispiel, das Zusatzprogramme für soziale Netzwerke anbietet, hat mittlerweile Millionen Nutzer auf Facebook. Bislang hat Zuckerberg solche Unternehmen nicht zur Kasse gebeten. Das soll sich demnächst ändern. Vorbild ist der Appstore für Apples iPhone. Der US-Konzern vermarket dort zusätzliche Software für das Handy und verlangt von den externen Entwicklern eine Umsatzbeteiligung von 30 Prozent. Unklar ist, ob dies auch bei Facebook funktionieren würde. Die zweite Einnahmequelle sind Unternehmen, die ein großes Interesse an anonymisierten Daten von Facebook-Nutzern haben, um Werbekampagnen besser planen zu können.

Noch zögert Zuckerberg. Dem Facebook-Chef steckt das Debakel mit seinem Beacon-Programm vom vorigen Weihnachtsfest noch in den Knochen. Facebook hatte die Einkäufe seiner Nutzer bei verbündeten Online-Händlern wie Amazon registriert und in den jeweiligen persönlichen Netzwerken publiziert. Etliche Weihnachtsüberraschungen flogen auf, lösten wütende Proteste der Betroffenen aus. Beacon gibt es immer noch, muss jetzt aber vom Nutzer bewusst freigeschaltet werden.

Im Ausland hat es Facebook mit vielen lokalen Platzhirschen zu tun. Marktführer in Deutschland ist StudiVZ, das der Stuttgarter Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck gehört, bei der auch die WirtschaftsWoche erscheint. StudiVZ, das sich jüngst von seinem Geschäftsführer Marcus Riecke trennte, leidet jedoch wie das große Vorbild Facebook unter Umsatzproblemen. Zehn Millionen Euro wird das Unternehmen in diesem Jahr trotz gigantischer Nutzerzahlen schätzungsweise verlieren, bei einem Umsatz von mageren zehn Millionen Euro.

Noch fehlen StudiVZ die durchschlagenden Werbemodelle. Im kommenden Jahr soll die Schere zwischen Einnahmen und Kosten allerdings geschlossen werden. „2010 wollen wir dann bei einem Umsatz von 30 Millionen Euro auch Gewinne machen“, sagt Jochen Gutbrod, der als stellvertretender Vorstandsvorsitzender bei Holtzbrinck die Internet-Geschäfte verantwortet. 

Ein Zusammengehen mit Facebook, das einen eigenen Ableger in Deutschland betreibt, könnte sinnvoll sein. Gespräche darüber gab es – doch seit dem Sommer herrsche Funkstille, heißt es aus Stuttgart. Doch StudiVZ scheint zum Verkauf zu stehen – wenn der Preis stimmt.

Zu den großen Plattformen wie Facebook und StudiVZ ist das Business-Netzwerk Xing ein herausragendes Gegenmodell. Das Hamburger Unternehmen arbeitet hoch profitabel, denn es verlangt von den Nutzern Geld. Von den rund 6,5 Millionen Kunden hat inzwischen mehr als eine halbe Million ein Premiumabo für monatlich 5,95 Euro abgeschlossen – 20 Millionen Euro flossen so seit Januar in die Kassen. In den ersten neun Monaten verbuchte Xing einen Gewinn von 4,72 Millionen Euro.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%