Förderbanken Mit Förderkrediten und Bürgschaften gegen die Krise

Förder- und Bürgschaftsbanken weiten ihr Engagement aus, um Mittelständler durch die Wirtschaftskrise zu bringen. Die WirtschaftWoche verrät, wie sie das machen und wer Geld bekommt.

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KfW-Kredite stehen hoch im Kurs

Ein Mann, eine Idee, ein Boot: Als der Unternehmensberater Michael Heun zum ersten Mal vom BBQ Donut hört, ist er fasziniert. Das orange-weiße, runde Boot mit 3,6 Meter Durchmesser und Sitzplätzen für zehn Personen hat in der Mitte einen Grill und an den Seiten sechs Staufächer für Getränke. Damit können Freunde ihren Grillabend gemütlich auf dem Wasser verbringen. Ein kleiner Elektromotor sorgt für die Fortbewegung. Ein Boot kostet 19.000 Euro, für Privatpersonen ein teures Vergnügen. „Es wäre doch sinnvoll, solche Boote zu verleihen“, denkt Heun.

An der Lahn will er einen Bootsverleih anbieten, Grillfleisch und Getränke gleich mitverkaufen. Seine Sparkasse habe die Idee interessant gefunden. „Doch sie wollte Sicherheiten, die ich nicht hatte.“ Das Projekt droht zu scheitern, bis die Bürgschaftsbank Hessen mit einer Garantie einspringt. Unter diesen Umständen ist dann auch die Sparkasse zu einem Kredit bereit. Mittlerweile vermietet Heun drei Boote und will ein viertes hinzukaufen.

Banken halten sich zurück

Eine Bank für ein Vorhaben zu begeistern, für das niemand verlässliche Prognosen abgeben kann, ist immer schwierig. Doch mitten in der Krise, wo eine Pleitewelle droht und Banken einen rasanten Anstieg der Kreditausfälle fürchten, ist es fast unmöglich geworden.

Die Banken halten sich zwar nicht grundsätzlich mit der Kreditvergabe zurück. Doch sie beleuchten die Prognosen der potenziellen Unternehmer sehr viel kritischer als in guten Zeiten, selbst wenn es um kleine Summen geht. Zugleich verlangen sie mehr Sicherheiten.

Damit Menschen mit Gründergeist trotzdem an das nötige Kapital kommen, springen Förder- und Bürgschaftsbanken ein. Ihre Produkte sind so gefragt wie nie.

Förderanfragen sind deutlich gestiegen

Bei der Bürgschaftsbank in Hessen stehen die Telefone nicht mehr still. „Früher“, sagt Geschäftsführer Michael Schwarz „erreichten uns täglich 30 bis 40 Anrufe, heute sind es dreimal so viel.“ Der Grund dafür sei, dass „die Ansprüche von Banken und Sparkassen an Bonität und Sicherheiten der Kreditnehmer deutlich gestiegen sind“.

Das zeigt auch eine Umfrage der Förderbank KfW zusammen mit 21 Verbänden, für die 3200 Unternehmer befragt wurden. Vor allem kleine Unternehmen bis zu einem Umsatz von einer Million Euro sowie junge Unternehmen spüren die verschärften Bedingungen der Banken. 80 Prozent der Unternehmer geben an, dass die Anforderungen an die Dokumentation von Vorhaben deutlich gestiegen sei, 75 Prozent beklagen, dass mehr Sicherheiten gefordert werden. Wer die nicht bieten kann, kann sich an die Bürgschaftsbanken wenden, die es in jedem Bundesland gibt.

Die Bürgschaftsbank Hessen bietet ihre Produkte Unternehmen in Hessen mit bis zu 250 Mitarbeitern beziehungsweise 50 Millionen Euro Umsatz oder einer Bilanzsumme bis 43 Millionen Euro an. Viele davon nutzen nun das Angebot. Die Zahl der Bürgschaftsanträge liegt in Hessen laut Schwarz bereits jetzt 30 Prozent über dem Vorjahr. Finanziell sind die Hessen für den Ansturm gewappnet. Ende 2008 lag die Summe der übernommenen Bürgschaften bei 225 Millionen Euro. „Theoretisch könnten wir 2009 die doppelte Summe der im Vorjahr neu übernommenen Bürgschaften vergeben.“

Energieunternehmen nutzen Förderkredite am häufigsten

Seit Januar vergibt die Bürgschaftsbank Hessen für Betriebsmittelkredite Bürgschaften in Höhe von 80 Prozent der Kreditsumme. Das soll Unternehmern, die vor der Krise noch gut dastanden, helfen, ihre Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Bislang lag die Bürgschaftsquote bei 60 Prozent der Kreditsumme. Das Land Hessen und der Bund haben daraufhin im März die Rückbürgschaften von 65 auf 75 Prozent der Kreditsumme angehoben. Fällt also ein verbürgter Bankkredit aus, müssen Bund und Land 75 Prozent der Summe übernehmen.

Neben den Bürgschaftsbanken stehen auch die Förderbanken als indirekte Kreditgeber mit günstigen Darlehen über die Hausbanken zur Verfügung. „Die Finanzierungsschwierigkeiten so weit wie möglich abzufedern“ sei eine wichtige Aufgabe der KfW, sagt Vorstandschef Ulrich Schröder.

So konnte sich auch Barbara Steinmann mit einem Existenzgründerdarlehen der KfW selbstständig machen. Die Künstlerin kam im Zuge des Wellnessbooms vor ein paar Jahren auf die Idee, individuelle und handbemalte Fliesen herzustellen. Nachdem sie sich das Handwerk über mehrere Jahre angeeignet hatte, gründete sie 2008 ihr eigenes Unternehmen in Bielefeld. Sie hat dort eine geräumige Manufaktur, in der sie die ausgefallenen und aufwendig bemalten Einzelteile selbst herstellt. Eines dieser Einzelstücke kostet zwischen 10 und 70 Euro. Ihre Kunden sind vor allem Unternehmen wie Hotels, die ihre Bäder luxuriös gestalten wollen.

Klassische Investitionskredite derzeit nicht gefragt

Über die Modalitäten einer Finanzierung und die diversen Angebote wusste Steinmann, wie die meisten Existenzgründer, so gut wie nichts. Erst die Sparkasse in Bielefeld riet ihr dazu, ein KfW-Darlehen zu beantragen. Sie musste dann einen Geschäftsplan und eine Kostenrechnung einreichen, „ein paar Wochen später bekam ich die Zusage“.

Wenn eine Hausbank an Gründer wie Steinmann einen Kredit vergibt, bürgt die KfW für 80 Prozent. Bei einem Kredit für ein etabliertes Unternehmen trägt die Hausbank das Risiko meist allein. Die KfW stellt ihr allerdings das Kapital zu günstigen Konditionen zur Verfügung, sodass der KfW geförderte Kredit für den Unternehmer am Ende oft günstiger ist als ein normaler Bankkredit. Für Unternehmen, die länger als zwei Jahre am Markt sind, kann die Hausbank allerdings eine 50-prozentige Haftungsfreistellung beantragen.

Die NRW Bank als Förderbank für Nordrhein-Westfalen bietet für Gründer Kredite mit und ohne Bürgschaft an. Das Antragsvolumen 2008 belief sich auf rund 98 Millionen Euro, zugesagt wurden Kredite über rund 79 Millionen Euro. Ende 2008 führte die NRW Bank zudem einen Mikrokredit bis 25.000 Euro Darlehenssumme ein. Mehr als 70 solcher Darlehen hat sie bereits vergeben.

Die klassischen Investitionskredite, mit denen Unternehmer beispielsweise den Ausbau ihres Betriebs finanzieren, sind derzeit kaum gefragt. „Die Förderung ist drastisch eingebrochen“, sagt ein Sprecher der NRW Bank. Das liegt vor allem an der Sorge der Unternehmer, bald nicht mehr liquide zu sein und in eine Finanzklemme zu geraten. Das führe dazu, „dass Investitionen gebremst und Läger abgebaut werden“, sagt KfW-Chef Schröder.

Bürgschaften sind Alternative zu Förderkrediten

Stattdessen brauchen die Unternehmer wie nie zuvor Geld für die laufenden Kosten, um bis zum Ende des Abschwungs durchzuhalten. Doch die normalen Banken tun sich schwer, Engpässe zwischenzufinanzieren. Die Länder versuchen mit staatlichen Maßnahmen gegenzusteuern. „Trotz der schwächeren Auftragslage in vielen Branchen und der risikobewussteren Haltung der Hausbanken darf es zu keiner Kreditklemme kommen“, sagt Martin Zeil, Wirtschaftsminister in Bayern. Deshalb werden die Förderbanken von den Regierungen besonders unterstützt.

Im Rahmen der Konjunkturpakete des Bundes können mittelständische Unternehmen bis 500 Millionen Euro Jahresumsatz von der KfW Kredite über insgesamt 15 Milliarden Euro erhalten. Für Großunternehmen stellt die KfW bis Ende 2010 weitere 25 Milliarden Euro bereit. Bis einschließlich der ersten Maiwoche haben 1015 Unternehmer einen Antrag auf einen Kredit aus den Sonderprogrammen der KfW gestellt. Davon fragen 62 Prozent der Unternehmer Betriebsmittelkredite nach.

Die Förderbanken in den Bundesländern vergeben ebenfalls zinsvergünstigte Darlehen. Sie sind selbstständig, refinanzieren sich für einige ihrer Förderprogramme aber über die KfW. Manche, wie die NRW Bank, nutzen ihre eigenen Gewinne, um Kredite an Mittelständler in ihrem Bundesland zu subventionieren. Damit sind ihre Kredite manches Mal noch günstiger als die Angebote der KfW.

Finanzierung des sozialen Sektors gerät ins Hintertreffen

Die Landwirtschaftliche Rentenbank, die sich als Förderbank um Landwirte kümmert, stellt sich ebenfalls mit Sonderprogrammen auf die Krise ein. Sie hat ihr Angebot um ein Liquiditätshilfedarlehen für Milchvieh-Betriebe erweitert und bietet für Unternehmen aus dem Agrar- und Ernährungssektor zinsgünstige Anschlussfinanzierungen für bereits getätigte Investitionen an.

Die Kunden investieren derzeit in neue Geschäftsfelder, „wie etwa Biogas“, sagt Andreas Ihorst, Firmenkundenbetreuer und Spezialist für Landwirtschaft der Oldenburgische Landesbank. Ihorst ist meist unterwegs und besucht die Bauern persönlich. „Der Besuch beginnt in der Regel mit einem zweistündigen Betriebsrundgang, danach präsentiert der Landwirt sein Vorhaben.“

Dirk Westrup ist Landwirt in Bissendorf bei Osnabrück. Vor Kurzem hat er sich entschieden, in eine Biogas-Anlage zu investieren. Die Oldenburgische Landesbank bot ihm über die Landwirtschaftliche Rentenbank einen Kredit an. Im Durchschnitt liegen die Darlehenszinsen der Rentenbank 0,2 bis 0,3 Prozent unter denen eines normalen Bankkredits.

Westrup will sich stetig verbessern und in sein Geschäft investieren. So hat er das nächste Projekt schon im Kopf. Er will seinen Kuh- und Melkstall ausweiten, auch wenn er für den Liter Milch aktuell nur 20 Cent pro Liter bekommt. Er geht davon aus, dass sich die Marktlage wieder bessert. Auch diese Investition will er über die Rentenbank stemmen.

Ob Bürgschafts- oder Förderbanken: Ins Hintertreffen gerät oft die Finanzierung des sozialen Sektors.

Soziale Einrichtungen wie Quelle: AP

Sieglinde Knudsen ist eine mutige Frau. Gemeinsam mit anderen Frauen gründete sie nach der Wende in Prenzlau den IG Frauen Prenzlau e. V. Ihr erstes Projekt sollte die Gründung eines Frauenhauses sein. Doch bei Politikern stießen die Damen mit ihrem Ansinnen damals auf Unverständnis. Er könne sich eher ein Freudenhaus vorstellen, habe ihr damals ein Politiker geantwortet, erinnert sich die 55-Jährige heute. Daraufhin nahmen die Frauen die Sache selbst in die Hand und gründeten eine Beratungsstelle für Frauen in Not.

Geldsorgen kamen auf, als der Verein ein Krisenhaus eröffnen wollte. Misshandelte und verhaltensauffällige Kinder sollten hier untergebracht werden. „Eine passende Immobilie, die wir hätten mieten können, gab es nicht“, sagt Knudsen. Also musste sie eine kaufen oder pachten.

Bei den Banken stieß sie auf Verständnis, doch mit einem Kassenbestand von damals 60 Mark war nicht an einen Kredit in Höhe von 1,8 Millionen zu denken. Auch eine Spende in Höhe von 400.000 Mark reichte nicht aus. Die Rettung des Projekts gelang, als Knudsen Jutta Pielchen, Geschäftsführerin der Bürgschaftsbank für Sozialwirtschaft, kennenlernte. Das Kölner Institut ist darauf spezialisiert, Projekte wie das der IG Frauen zu finanzieren, und sie war bereit, einen Großteil der Kreditsumme abzusichern. Nun fand sich auch eine Bank, die das Projekt finanzierte.

Heute ist der Verein mit 78 fest angestellten Mitarbeitern einer der großen Arbeitgeber in der Region. Neben dem Krisenhaus bietet der Verein einen 24-Stunden-Kindergarten an, der 365 Tage im Jahr geöffnet hat, besitzt ein Jugendgästehaus mit Tagungsräumen und einiges mehr. Eigentlich sei so etwas Aufgabe des Staates, sagt Knudsen, doch „wenn der sich darum nicht kümmert, müssen wir es eben selbst in die Hand nehmen“.

Soziale Unternehmen vermissen Rückbürgschaften aus den Ländern

Soziale Einrichtungen, wie Altenheime, werden heute meist von Wohlfahrtsverbänden betrieben. Sie waren es auch, die nach der Wende die Bürgschaftsbank für Sozialwirtschaft gründeten, um vor allem Einrichtungen in den neuen Bundesländern aufbauen zu können. „Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl sagte den Verbänden zu, dass auch wir eine Rückbürgschaft von Bund und Ländern bekommen, wie die anderen Bürgschaftsbanken auch“, erinnert sich Pielchen. Doch bis heute ist daraus nichts geworden. „Dabei gab es von Anfang an einen riesigen Bedarf.“

Zunächst sind die Wohlfahrtsverbände eingesprungen und haben für die Verpflichtungen der Bank gebürgt. Doch auch hier ist das Geld knapp, und die Wohlfahrtsverbände konnten ihr Engagement nicht aufrechterhalten. Wenigstens NRW und Niedersachsen erklärten sich unterdessen bereit, Rückbürgschaften zu erteilen, sodass die Bank in diesen Ländern soziale Projekte fördern kann, in den anderen Ländern muss für jede Bürgschaft der Bank eine Rückbürgschaft des Landes eingeholt werden, ansonsten fällt das Projekt flach.

Dabei wird die Bürgschaftsbank für Sozialwirtschaft mehr denn je gebraucht. „Auch in unserem Bereich macht sich die Finanzkrise bemerkbar“, sagt Pielchen. „Wir werden überschüttet mit Anfragen.“ Für ein soziales Unternehmen, das ohnehin kaum Gewinne abwirft, sei es immer schon schwierig gewesen, die Bank von einem Kredit zu überzeugen. Doch nun seien die Banken noch vorsichtiger. Sie verlangen Bürgschaften für die Renovierung von Altenheimen oder Kindertagesstätten, und diese Unternehmen haben traditionell keine großen Vermögen. „Grundschulden allein werden als Sicherheit selten akzeptiert, da die Bank die belasteten Gebäude im Bedarfsfall kaum verwerten kann“, sagt Pielchen. „Es ist traurig, dass wir vieles ablehnen müssen, weil uns noch in einigen Bundesländern Rückbürgschaften fehlen.“

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