Fusionen Allianz gegen große Wirtschaftsprüfer

Die EU will die Macht der vier Branchenführer Deloitte, Ernst&Young, KPMG und PWC brechen. Kleinere Konkurrenten wie Rölfs Partner sehen das als Chance. Sie geben sich angriffslustig und stärken sich mit Fusionen. Die Branche steht vor einer Wende.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Berater Ernst&Young: Erdrückende Marktmacht mit den

DÜSSELDORF. Die vier großen deutschen Wirtschaftsprüfer geraten von zwei Seiten unter Druck. Die EU-Kommission hat bereits klargemacht, dass ihr die Marktmacht von Deloitte, Ernst&Young, KPMG und PWC missffält - sie droht mit scharfer Regulierung des Prüfermarkts. Jetzt greifen auch die kleineren Konkurrenten die "Big Four" stärker an - mit Kooperationen und Fusionen.

Die jüngste Offensive startet RölfsPartner. Durch den Zusammenschluss mit der Münchener Steuerrechtskanzlei Richter&Partner will der Wirtschaftsprüfer und Restrukturierungsberater aus Düsseldorf den Großen Paroli bieten. Die Fusion wird heute offiziell bekanntgegeben. Gemessen am Umsatz steigt Rölfs Partner in die Spitzengruppe der Verfolger hinter der Nummer vier, Deloitte, auf.

Vorstandschef Jochen Rölfs gibt sich angriffslustig. "Wir wollen dem Markt eine echte Alternative zu den Big Four bieten." Rölfs will Ernst&Young zwar nicht Siemens oder KPMG die Deutsche Bank als Kunden abjagen. Aber unter den großen Familienunternehmen und den mittelgroßen Börsenwerten hat der Berater einen Stimmungswandel ausgemacht: weg von den Marktführern, hin zu den mittelgroßen Wirtschaftsprüfern.

Ein Mittelständler wolle persönlichen Rat von seinem Berater, meint Rölfs. Das könnten die internationalen Prüfkonzerne nicht bieten. "Wir stellen uns durch Köpfe dar, die großen Konkurrenten durch Buchstaben", sagt

Zu Hilfe kommt ihm und seinen Kollegen der EU-Kommissar Michel Barnier. Der hatte im Herbst mit seinen Vorschlägen zur Eindämmung der Marktmacht von KPMG und Co. für Aufregung gesorgt. Barnier schlägt unter anderem vor, Prüfungsaufträge und-vergütungen künftig von einer zentralen EU-Behörde festzulegen, Prüfer regelmäßig rotieren zu lassen und Bilanzprüfungen durch zwei Prüfer vorzuschreiben. Davon erhofft er sich eine Umschichtung von den Großen auf das Mittelfeld der Prüfer.

In den vorigen Jahren haben die vier Branchenführer ihre Dominanz noch verstärkt. Sie prüfen heute 82 Prozent aller 160 führenden Konzerne aus Dax, MDax, SDax und TecDax. Fünf Jahre zuvor waren es nur 67 Prozent. In Europa sieht es ähnlich aus.

Das Argument, mittelgroße Prüfer seien den international agierenden Prüfkonzernen qualitativ unterlegen, lässt Rölfs nicht gelten. "Unterhalb des Dax 30 kann jede mittelständische Gesellschaft, die in ein internationales Beraternetz eingebunden ist, mithalten." Im Falle Rölfs ist es das Beraternetz Baker Tilly International.

Nicht mithalten können dagegen viele Mittelständler im ruinösen Preiskampf. Dafür sind sie bei Jahresumsätzen zwischen 50 und 200 Millionen Euro einfach zu klein. Zum Vergleich: Drei der Marktführer machen in Deutschland jeweils mehr als eine Milliarde Euro Umsatz. Manche Fusionen unter Prüfern sind deshalb reine Notfusionen. Als Beispiel für ruinösen Wettbewerb wird immer wieder München genannt. Nach dem Ausstieg der KPMG bei Siemens vor zwei Jahren seien die Stundenpreise in der Region von rund 160 auf 60 bis 80 Euro eingebrochen. Kleinere Prüferfirmen hätten sich auf den Preiskampf eingelassen und ihn dadurch weiter angeheizt, heißt es.

Trotzdem sind Prüfermandate vor allem bei renommierten Firmen sehr begehrt. Sie gelten als Türöffner für weitere Beratungsaufträge. "Zu solchen Preisen", sagt Rölfs, "kann aber niemand mehr qualifizierte Arbeit abliefern."

Jetzt steht die Branche vor einer Wende. "Der Preisdruck hat aktuell nachgelassen. Einige Konzerne haben offenbar gemerkt, dass billig nicht auch gleich gut ist", stellt Marian Ellerich von PKF Fasselt Schlage fest. Auch seine Unternehmensgruppe hatte sich erst vor kurzem durch Zusammenschluss mehrerer Partnerschaften gestärkt.

PKF Fasselt Schlage liegt mit rund 57 Millionen Euro Umsatz noch klar hinter Rölfs Partner, die mit Richter auf etwa 120 Millionen Euro Jahreshonorar kommen. In dieser Liga spielen noch Rödl&Partner aus Nürnberg sowie Ecovis aus Berlin. Nur BDO liegt mit 185 Millionen Euro Umsatz zwischen dem Mittelfeld und den Big Four.

Rölfs schließt mit seinem neuen Partner eine offene Flanke. Richter ist spezialisiert auf Steuern und Transaktionsberatung. Zuvor hatte sich Rölfs wegen strategischer Differenzen von der Kanzlei Aderhold getrennt. Auch Richter waren einige Partner abgesprungen. Unter dem Strich bedeutet dieser Tausch aber Zuwachs. Das Rölfs-Team wächst um 120 auf 750 Mitarbeiter.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%