Gasstreit Steigende Nachfrage nach Kohlebriketts und Holzpellets

Viele Haushalte fröstelt bei der Vorstellung, dass Russlands Gaslieferungen wochenlang ausfallen könnten. Dennoch befreien sich Deutschlands Verbraucher erst zögerlich aus ihrer Gas-Abhängigkeit. Während die Nachfrage nach Braunekohlebriketts schon jetzt boomt, erwartet die Branche bei den Holzpeletts erst im Frühjahr eine steigende Nachfrage.

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Holzpellets: Hersteller von Quelle: dpa/dpaweb

Kalt, kälter, Funtensee: Deutschlands aktueller Kältepol liegt im bayerischen Nationalpark Berchtesgarden.

Um zehn Uhr heute morgen sackt das Thermometer auf minus 34,6 Grad ab. Die Temperaturen im übrigen Deutschland liegen zwar nicht ganz so tief. Doch die aktuellen Tageswerte zwischen minus sieben und minus ein Grad laden dazu ein, den Tag in geheizten Räumen zu verbringen.

Zur Kältewelle gesellen sich Hiobsbotschaften, die Konsumenten an der Verlässlichkeit von Gasheizungen zweifeln lassen: Russland, von dem Deutschland 37 Prozent seines Erdgases bezieht, hat die Gaslieferungen über die Ukraine komplett eingestellt. Heute verhandelt der rohstoffreiche Energielieferant mit der EU – doch wann das Gas wieder fließt, ist noch unklar.

Zwar reichen die Speicher in Deutschland noch für einige Wochen. Der aktuelle Gasstreit macht Verbrauchern aber bewusst, dass Weltpolitik bis in die noch wohlgewärmte gute Stube reicht.

Trotz der Steilvorlage aus Russland verzeichnen Anbieter von Holzpellets-Heizungen bislang keinen Ansturm der Hausbesitzer. Die Erklärung liegt auf der Hand: „Im Winter kaufen sich die wenigsten Leute eine Heizung“, sagt Martin Bentele vom Deutschen Energie-Pellet-Verband. Bei der Nachfrage nach Holzpellets ist das Bild ein wenig anders: Hier melden Händler seit August eine leichte Nachfragesteigerung. Der Preis pro Tonne Pellets stieg dementsprechend seit August von 180 auf 217 Euro.

Pellets-Spezialisten erwarten umsatzträchtiges Frühjahr

Im Frühjahr, wenn die Hausbesitzer aus ihrem heizungstechnischen Winterschlaf erwachen, rechnet Verbandssprecher Bentele mit guten Geschäften für Installateure und Brennkesselhersteller. „Die Verbraucher bekommen das Bild, dass sich die Preise von fossilen Energiequellen nicht nach Marktmechanismen entwickeln“, so Bentele.

Das dürfte den Umsätze der Pelletsspezialisten nochmals einheizen. Im vergangenen Jahr wurde in Deutschland die 100.000ste Pelletsheizung installiert, in diesem Jahr sollen laut dem Verband nochmals 40.000 dazukommen.

In Bayern wohnen die meisten Pelletsheizungs-Fans: 44 Prozent aller deutschen Pelletkessel stehen im Freistaat. Das benachbarte Baden-Württemberg vereint knapp ein Fünftel aller verkauften Brennkessel, die mit den aus Holzresten hergestellten Pellets befeuert werden. Die Ziele des Verbands sind hoch gesteckt: „In Deutschland reicht das Holzpotenzial für eine Million Pelletsheizungen“, behauptet Bentele.

Diese Zahl klingt zwar beachtlich – bei insgesamt 20 Millionen installierten Heizungen in Deutschland bleiben die Pelletsheizer allerdings in der Minderzahl.

Pelletpreise relativ stabil

Freuen darf sich diese Minderheit nicht nur über die ökologisch verträgliche Wärme, sondern auch über eine relativ konstante Preisentwicklung ihres Brennstoffs.

In den vergangenen  zehn Jahren stiegen die Pelletspreise jährlich um durchschnittlich 2,8 Prozent. Gaskunden müssten in dieser Periode im Durchschnitt 7,3 Prozent mehr pro Jahr bezahlen, Heizöl verteuerte sich jährlich durchschnittlich um rund 11 Prozent.

Doch auch der Pelletpreis ist vor Preissprüngen nicht gefeit. Anfang Januar dieses Jahres kostete die Tonne Pellets nach einem Preissprung aber noch satte 262 Euro, im Juli 2008 lag der Preis bei 173 Euro.

Den Konsumenten stellt Bentele ein gutes Zeugnis aus: „Drei Viertel der Verbraucher decken im Frühsommer ihren Marktbedarf. Die haben den Preismechanismus kapiert“. Denn zu dieser Zeit ist am meisten Restholz vorhanden, was den Pelletpreis drückt.

Boom bei Braunkohlebriketts

Gute Geschäfte vermelden auch die Hersteller von Braunkohlebriketts: Seit Oktober 2008 spürt etwa der Brennstoffhändler Rheinbraun aus Frechen bei Köln einen speziellen Nachfrageschub bei Braunkohlebriketts.

Günter Jäckel vom Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen bestätigt: „Vor allem Braunkohlebriketts haben im vergangenen Jahr einen wahnsinnigen Boom erlebt“. Nach mehreren Jahren mit Rückgängen ist die Nachfrage nach Braunkohlebriketts 2008 um fast die Hälfte gestiegen.“ Dabei blieb der Preis vergleichsweise stabil: Eine Tonne Braunkohlebriketts kostet weiterhin zwischen 180 und 250 Euro.

Arktische Kälte hin oder her, seit Monaten ist der Handel laut Jäckel auf jeden Fall gut ausgelastet. Ein Grund dafür dürfte in einer speziellen Problematik der Branche liegen. In ganz Deutschland gibt es fünf Millionen Feststoffheizungen (Kohle- und Holzbriketts, Kaminholz, Pellets), aber nur ein Teil davon wird wirklich regelmäßig genutzt. Dennoch bleiben die Brikettheizer einer Randgruppe: Ihr Anteil am gesamten Wärmemarkt liegt bei drei bis vier Prozent.

Den derzeitigen sibirischen Temperaturen kann die Brikettbranche einiges abgewinnen. Denn nun „erinnert sich der eine oder andere daran, dass noch ein Ofen vohanden ist, den man mit Briketts heizen kann“, meint Jäckel.

Hält die Erinnerung lange genug, werden sich die Briketthändler im Frühjahr wohl über einen deutlichen Kundenzuwachs freuen.

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