Gastronomie Bratwurst mit Gleisanschluss

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Mini-Kiosk, Maxi-Umsatz Quelle: Dominik Asbach für WirtschaftsWoche

SSP-Deutschland-Chef Cornelius Everke sitzt im Gosch-Restaurant, trinkt ein Glas Wasser und beschreibt, womit sein Unternehmen Geld verdient: SSP ist ein sogenannter Multifranchisenehmer. An Flughäfen, Autobahnen und Bahnhöfen übernimmt sein Unternehmen das Geschäft für Gastromarken, „bei denen der Konsument sofort weiß, was er bekommt“, sagt Everke. In Deutschland betreibt SSP 179 Bahn-Geschäfte, darunter 22 Burger-King-Filialen, 13 Kamps-Shops, etliche Gosch-Restaurants, Point-Supermärkte, Segafredo- und Starbucks-Standorte und den Currywurst Express. 184 Millionen Euro Umsatz hat SSP 2010 mit dem Markenfundus in Deutschland erzielt, 104 Millionen davon an den Bahnhöfen. „Im Winter hatten wir ein Rekordwachstum“, sagt Everke. Der Grund waren die vielen Zugausfälle. „Wenn den Leuten kalt wird, trinken sie natürlich auch mehr Kaffee.“

Für den Aufstieg von SSP zum größten deutschen Bahnhofswirt war ein Zukauf im März 2004 verantwortlich. Damals übernahm ein SSP-Vorläuferunternehmen die „Mitteleuropäische Schlafwagen- und Speisewagen Aktiengesellschaft“ – kurz Mitropa – von der Bahn und mit ihr wertvolle Mietverträge. SSP selbst gehört inzwischen dem schwedischen Finanzinvestor EQT. Everke rechnet mit weiteren Zusammenschlüssen in der Branche, schließlich sei „die Reisegastronomie ein sehr fragmentierter Markt“.

Wenn auch ein überschaubarer: Vor allem zwei lokale Platzhirsche bieten SSP Paroli. In München dominiert das Familienunternehmen Rubenbauer das Bahnhofsbusiness. In Düsseldorf und Köln verteidigt der rheinische Großgastronom Karl-Heinz Stockheim seine Position. Nach dem Krieg begann sein Vater mit dem Pachtgeschäft in Bahnhöfen.

Inzwischen ist die Gruppe auch an Flughäfen aktiv, catert auf Galas und Messen und betreibt die Düsseldorfer Altstadtinstitution Zum Schiffchen. Am Kölner Hauptbahnhof leistet Stockheim mit dem Wurstbrater Meister Bock und den Eigenkreationen Cafetiero und Zeitcafé gastronomische Basisarbeit. Den Neid der Konkurrenz wecken indes ein Mini-Shop in der Haupthalle, der täglich hektoliterweise Kölsch verkauft, und eine Kamps-Filiale unter Stockheims Regie.

Bahnhöfe als Shoppingcenter

An der Kreuzung von zwei Hauptschneisen gelegen, am Aufgang zu den Pendlergleisen vier und fünf verfügt die Brötchen-Dependance über den nahezu perfekten Standort und hat es so zur umsatzstärksten Kamps-Filiale der Republik gebracht. Streuseltaler, Käsebrötchen und Zimtwuppis für schätzungsweise rund drei Millionen Euro gehen hier jedes Jahr über den Ladentisch.

Dass Marken wie Pizza Hut, Burger King und Kamps überhaupt auf Multifranchisenehmer wie SSP und Stockheim setzen, liegt vor allem daran, dass diese den Zugang zu den großen Bahnhöfen haben. Die Mietverträge laufen meist über zehn Jahre. Zudem drücken die Multis durch gemeinsame Lagerstandorte und zentrale Pausenräume für alle Mitarbeiter ihrer Marken die Kosten. Und für die Bahn ist es oft einfacher, mit einem zentralen Ansprechpartner zu verhandeln.

Die Bahn vermarktet ihre Stationen im Grunde wie Shoppingcenter. Nur ist der Anteil der Imbissstände höher als der von Boutiquen und Parfümerien.

Als mit der Neugestaltung des Leipziger Hauptbahnhofs 1997 das Centerkonzept im großen Stil in Deutschland Einzug hielt, musste sich die Bahn die Shoppingkompetenz noch von Europas größtem Centerbetreiber, der Hamburger ECE, dazuholen. ECE übernahm das Vermietungsmanagement zahlreicher Großbahnhöfe. Inzwischen hat die Bahn dazugelernt. Gebäude von Provinzbahnhöfen versucht der Konzern an externe Investoren loszuschlagen. Die lukrativen größeren Stationen betreibt sie in Eigenregie. „Wir sind professioneller geworden“, sagt André Zeug, Chef von DB Station & Service.

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