Gefährliche Akkus Brandgefahr in Flugzeugen

Der Rückruf der Firma Dell hat US-Behörden nicht überrascht. Es gab bereits mehrere Zwischenfälle an Bord von Flugzeugen. Selbst der ehemalige Vize-Präsidentschaftskandidat, John Edwards, geriet in Gefahr.

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Die US-Verkehrssicherheitsbehörde: Akkus sind erhebliches Sicherheitsrisiko, AP

Die Passagiere des Lufthansa-Fluges 435 von München nach Chicago bereiten sich gerade auf neun Stunden Sitzen vor, als aus dem Gepäckfach oberhalb von Sitz 2A Rauch in die Kabine strömt. Kaum haben Flugbegleiter an diesem 15. Mai 2006 die erste Klasse evakuiert, geht eine Computertasche im Gepäckfach in Flammen auf. Mit einem Feuerlöscher verhindern die Flugbegleiter Schlimmeres. Einer öffnet die Tür des Flugzeugs und wirft die Tasche auf das Flugfeld. Unter den Augen der Passagiere hinter den runden Fenstern des Jets rücken Feuerwehrwagen an und sogar ein Anti-Bomben-Team. Doch nicht das Werk von Terroristen finden sie vor, sondern nur einen verkohlten Laptop und einen Sechserpack Lithium-Ionen-Batterien. Nachdem sie Terroranschläge auf Transatlantikflüge von London vereitelt hatten, untersagten britische Behörden Fluggästen vergangene Woche für mehrere Tage jegliches Handgepäck. Flüssigkeiten an Bord bleiben weiter verboten, weil die Attentäter versucht haben sollen, die Flugzeuge mit flüssigem Sprengstoff über US-Städten zum Absturz zu bringen. Möglicherweise sind jedoch Alltagsgegenstände eine fast ebenso große Gefahr für Passagierjets wie mancher Terrorist. Seit 2003 hat die amerikanische Verbraucherschutzkommission 339 Fälle festgestellt, in denen Lithium und Lithium-Ionen-Akkus wegen Überhitzung zu qualmen begannen oder gar explodierten. In den vergangenen zwei Jahren kam es sechs Mal innerhalb von Passagierflugzeugen zu solchen Fällen. Am Montag rief Dell, der größte Computerhersteller der Welt, 4,1 Millionen Laptops zurück. Wegen eines Fabrikationsfehlers vom Lieferanten Sony könnten sich die Lithium-Ionen-Akkus überhitzen und sogar in Brand geraten, teilte Dell mit. Dies ist nicht nur die größte Rückrufaktion der Firmengeschichte, sondern sogar der Elektronikbranche insgesamt. Flugzeugbrände wegen Lithium-Ionen-Akkus In den USA hat der Rückruf Experten nicht überrascht. Erst im Februar geriet ein Frachtflugzeug des United Parcel Service (UPS) bei der Landung in Philadelphia in Brand – Ermittler vermuten, dass sich eine Ladung Lithium-Ionen-Akkus entzündet hatte. Im Oktober 2004 musste die Boeing 727 von Vize-Präsidentschaftskandidat John Edwards auf dem Flughafen von Raleigh-Durham im Bundesstaat North Carolina notlanden, nachdem an Bord ein Akku in den Händen eines Fernsehtechnikers explodiert war. Lithium-Ionen-Akkus werden in Laptops ebenso verwendet wie in Digitalkameras, Mobiltelefonen, MP3- und DVD-Playern. Allein für diese vier Gerätetypen hat die Verbraucherschutzkommission seit 2003 144 Zwischenfälle registriert. Fast zwei Millionen Akkus riefen Gerätehersteller wie Hewlett-Packard, Apple und Dell seitdem bereits zurück. Noch hat die US-Regierung kein Verbot verhängt, Geräte mit Lithium-Ionen-Akkus im Handgepäck mit ins Flugzeug zu nehmen. Mitte Juli veranstaltete jedoch die US-Verkehrssicherheitsbehörde (NTSB) ein zweitägiges Experten-Hearing zum Fall des UPS-Jets in Philadelphia und den Gefahren von Lithium-Akkus in Flugzeugen.

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