Geldautomaten Magnetstreifen macht Konten unsicher

Der Betrug an Geldautomaten nimmt massiv zu. Das Bundeskriminalamt fordert daher Banken auf, EC-Karten statt mit Magnetstreifen nur noch mit Chip auszuliefern. Wiwo.de erklärt die Gefahren und wie Sie sich schützen können.

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Ein Polizist untersucht den Quelle: dapd

Ein Wisch mit ihm genügt, schon öffnen sich Parkhausschranken, Hotelzimmer und auch der Kontozugang: Seit mehr als 50 Jahren ist der Magnetstreifen ein nützlicher Begleiter in unseren Brieftaschen. Doch inzwischen hat er sich als Risiko entpuppt, vor allem auf EC-Karten. Vertreter des Bundeskriminalamts (BKA) in Wiesbaden warnten gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) vor schweren Sicherheitslücken. Werde der Magnetstreifen nicht abgeschafft, dann könnten Kriminelle Kundendaten am Geldautomaten ausspähen – und Privatkonten plündern.

Während ahnungslose Kunden Geld am Automaten abheben, kopieren Hacker mit versteckten Lesegeräten die Daten der EC-Karte. Binnen Minuten ist eine Dublette erstellt, mit denen Komplizen überall auf der Welt Geld vom Konto abheben können. Solche so genannten Skimming-Angriffe haben im vergangenen Jahr massiv zugenommen. Allein bis Ende Juni 2010 registrierte das BKA mehr als 1900 solcher Attacken an über tausend Geldautomaten - fast doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2009.

Wie Kriminelle EC-Karten kopieren

Zwei Komponenten brauchen Betrüger, um sich Zugriff auf ein Konto zu verschaffen: Erstens die Pin-Nummer, zweitens die Nummer der Karte, deren Ablaufdatum und ein paar weitere technische Angaben. Die Pin-Nummer weiß nur der Kunde, alle anderen Daten sind auf der mittleren von drei Magnetspuren der EC-Karte gespeichert. Ein einfaches Lesegerät reicht, um sie zu Tage zu fördern. Kriminelle müssen also lediglich unbemerkt an die Karte gelangen, um sie auszulesen.

Das gelingt ihnen am besten am Automaten - mit geschickt gestalteten Aufsätzen, die über den Kartenleser des Bankterminals geschoben werden. Für Laien sind sie nur auf den zweiten Blick zu erkennen – wer etwa am Kartenschlitz rüttelt, kann das Spionage-Gerät aus der Verankerung lösen und so enttarnen. Doch nicht nur am Automaten, schon an der Eingangstüre zur Bank bringen Hacker ihre Lesegeräte an. Die Daten werden oft direkt beim Einschieben der EC-Karte übermittelt, per Mobiltelefon.

Dann brauchen die Kriminellen nur noch den passenden Pin-Code. Und den geben viele unvorsichtige Bankkunden unfreiwillig preis, wenn sie ihn am Automaten eintippen. Oft reicht ein Blick von hinten über die Schulter, um die Zahlenkombination zu erspähen. Professionelle Datendiebe bringen sogar winzige Kameras im Terminal-Bereich an, getarnt als Rauchmelder oder versteckt unter einer Sichtblende. Ein einfacher Trick hilft hier: Wer die zweite Hand oder die Brieftasche dicht über das Tastenfeld hält, blockiert unerwünschte Späher. Allerdings schützt dieses Abdecken nicht, wenn ein doppeltes Spionage-Tastenfeld den Pin-Code mitliest.

Sind die Daten aus dem Magnetstreifen und der Pin-Code ausgespäht, basteln Mittäter im Ausland eine Kopie der EC-Karte – und heben schon wenige Minuten später ab, was das Konto hergibt. Oft gehen dutzende Kunden den Dieben auf den Leim, bis jemand die Manipulation entdeckt. Zwar zeigen sich Banken und Kreditkartenunternehmen in solchen Fällen kulant und ersetzen den Schaden. Wer aber als einziger Opfer von Kontopiraten wird, kann die Straftat in der Regel nicht nachweisen – und steht selbst für den Verlust gerade. Darum sollten Kunden sofort das Konto sperren lassen, wenn ihnen beim Geldabheben etwas Ungewöhnliches auffällt – zum Beispiel, wenn der Automat zwei Mal hintereinander verlangt, die PIN-Nummer einzugeben.

Magnetstreifen oft überflüssig

Ohne Magnetstreifen, sagen die Wiesbadener BKA-Beamten, könnten sich Kunden in Europa den ganzen Ärger längst sparen. Denn seit Jahresbeginn müssen in den 32 europäischen Ländern, die Mitglied im einheitlichen europäischen Zahlungsraum Sepa sind, alle Geldautomaten die so genannten EMV-Chips lesen können. Die Mini-Rechner sind auf den meisten EC-Karten bereits vorhanden. Anders als der Magnetstreifen ist ein EMV-Chip gegen Kopisten geschützt. Trotzdem geben die Institute weiterhin EC-Karten mit Magnetstreifen aus. Denn in den USA oder Russland haben sich EMV-Chips bislang nicht durchgesetzt.

Doch nur wenige Deutsche kommen jeweils in Verlegenheit, jenseits des Sepa-Zahlungsraums, Geld am Automaten abzuheben. Laut dem Bericht der „FAS“ schlägt das BKA den Banken darum einen Kompromiss vor: Generell sollten Karten ohne Magnetstreifen ausgeliefert werden. Nur Kunden, die es ausdrücklich wünschten, könnten eine zweite Karte für Auslandsreisen erhalten – mit Magnetstreifen.

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