Glauben Viele Manager suchen im Glauben Rückhalt und Kraft

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Der Glaube als Quelle der Kraft – dazu bekennt sich auch Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Er hat sämtliche Karrierestufen eines Laien in der katholischen Kirche durchlaufen, war Ministrant, Küster, Jugendleiter. In jungen Jahren wollte er Priester werden. Außer im Bund Katholischer Unternehmer ist er seit 1982 auch Mitglied im Deutschherrenorden, einer katholischen Ritterbruderschaft. Gottesdienste feiern, beichten und beten – das gehört für ihn zum festen Programm. Ab und an predigt Walter selbst in seiner Gemeinde, in St. Marien in Königstein. Und sogar wenn er dienstlich nach Asien reist, lässt er sich informieren, wo in der Nähe eine katholische Kirche steht. „Ohne dieses Ritual würde sich mein Alltag kaum entschleunigen.“ Luftholen, innehalten, sich in einer zunehmend auf Effizienz und Rationalität getrimmten Welt besinnen – diese Wünsche sind Pater Anselm Bilgri bestens bekannt. Als Wirtschaftsleiter und Prior des Klosters Andechs veranstaltete er Einkehrtage und Seminare für Führungskräfte. Die waren stets ausgebucht. „Das Leben im Kloster ist strukturiert und organisiert, alle Aufgaben werden in einem festen Zeittakt erledigt“, sagt Bilgri, nach einem Streit mit seinen Ordensbrüdern heute Berater für werteorientierte Unternehmensführung in München. Für abgehetzte Manager ist das oft eine neue Erfahrung. „Viele haben das Gefühl für den Rhythmus ihres Lebens verloren“, meint Bilgri. Die Religion könne da einen Ruhepol bilden, ein festes Fundament, einen verlässlichen Maßstab für die vielen Entscheidungen im Alltag. Und natürlich gebe sie dem Leben einen Sinn. „Viele Führungskräfte suchen Inhalte jenseits des 16-Stunden-Tags und des gut gefüllten Bankkontos.“ Vor allem aber sei der Glaube zweckfrei: „Manager müssen Leistung bringen, um geschätzt zu werden. Die Liebe Gottes aber ist den Menschen von Anfang an geschenkt, ohne dass sie dafür etwas tun müssen“, sagt Bilgri. Wer das erkenne, werde sich auch im Unternehmensalltag anders verhalten. „Gebet lohnt sich“ Darum bemüht sich auch Friedhelm Loh. Der hessische Unternehmer ist ein stämmiger Typ. Kräftiger Nacken, kräftige Hände, kräftige Stimme. Keiner, mit dem man gerne Streit haben möchte. Loh, Mitglied einer evangelischen Freikirche, weiß um seine Wirkung und nutzt sie auch. Besonders wenn es um das Evangelium geht, ist er nicht gerade zurückhaltend. Woran der Chef glaubt, wissen seine Mitarbeiter nur zu gut. Auch sie müssen irgendwie dran glauben: Jedes Jahr verschenkt Loh „Entscheidung“, die Zeitschrift des US-Fernsehpredigers Billy Graham, an alle Angestellten. Was viele nicht wirklich goutieren, weil er dazu schon mal ungefragt ihre Adressen an den Verlag weitergegeben hat. Am Jahresende beschert er alle zudem mit einem Kalender voller Bibelverse. Auch die Muslime. „Ich weiß, dass einige den sofort wegschmeißen“, sagt Loh. „Das ist aber okay für mich. Gott hat jedem Menschen die freie Entscheidung gelassen.“ Mit einem geschätzten Vermögen von einer Milliarde Euro zählt Loh zu den 100 reichsten Deutschen. Zur Friedhelm Loh Group mit Hauptsitz im hessischen Haiger gehören 14 deutsche und mehr als 60 ausländische Gesellschaften. Zusammen erwirtschaften sie einen Jahresumsatz von rund 1,4 Milliarden Euro. Das größte Unternehmen der Gruppe ist der Herborner Schaltschrankproduzent Rittal mit rund 8000 Mitarbeitern weltweit. Als Loh 1974 mit 28 Jahren dieses Unternehmen von seinem Vater übernahm, hatte es gerade mal 200 Mitarbeiter. Loh, der mehrmals täglich und stets vor wichtigen Entscheidungen betet, ist sich sicher, dass die rasante Expansion nicht allein sein Verdienst ist. „Gebet lohnt sich“, meint er. „Christen haben zwar keinen Garantieschein für den Erfolg. Aber rückblickend sehe ich, dass bei vielen umbeteten Entscheidungen Gott seine Hand im Spiel hatte. Ich hätte die Unternehmensgruppe nicht aufbauen können, wenn er mir nicht Menschen geschenkt hätte, die sich mit meinen Zielen identifizierten.“ Gerne verweist er auf die „Ehrlichkeit“, mit der man viel in der Gesellschaft bewegen kann oder auf den „Wert der Wahrhaftigkeit“. Das fängt für ihn schon bei der Frage an, wie man mit dem Finanzamt umgeht. Natürlich versucht auch er, seine Abgaben zu minimieren. Schummeln aber wäre für Loh Sünde. Auch im Kleinen. „Sie würden auch von meiner Sekretärin nicht hören, Herr Loh ist nicht da“, sagt er. „Es sei denn, ich bin tatsächlich nicht da.“ Dieselbe Ehrlichkeit erwartet er auch von seinen Mitarbeitern. Kuschelig geht es aber auch bei ihm wegen seiner Überzeugung nicht zu: „Gerade von einem Christen erwarte ich die Bereitschaft zur Leistung.“

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