
Düsseldorf Auf der Leinwand wirken die Mitarbeiter wie Helden aus einem Abenteuerepos: Sie klettern in atemberaubender Höhe an der Zugspitze, stehen telefonierend im marokkanischen Wüstenwind oder schaffen Verbindung in der Tiefsee. Der Job bei der Deutschen Telekom - ein großes Abenteuer, so suggeriert es der dreiminütige Imagefilm des Bonner Konzerns, den Kinobesucher seit kurzem sehen können. Dabei sind es keine Schauspieler, die in den Szenen agieren, sondern reale Telekom-Mitarbeiter.
Wegen des wachsenden Fachkräftemangels wird die Jagd nach Top-Talenten härter. Deshalb polieren Unternehmen ihr Image als Arbeitgeber auf: Flexible Arbeitszeitmodelle, Aufstiegschancen für Frauen, ultramoderne Büros - es gibt kaum ein Lockmittel, das Firmen nicht nutzen. Employer-Branding nennt sich der Aufbau einer Arbeitgebermarke im Branchenjargon, eine Idee, die in den 90er-Jahren entstand. "Employer-Branding hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verstärkt", sagt Franz-Rudolf Esch, Head of Marketing an der EBS Business School in Oestrich-Winkel.
Auffällig ist: Arbeitgeber, deren Image weniger attraktiv ist, wenden sich per Kino- oder Fernsehspot an potenzielle Bewerber. Mit bewegten Bildern gehen sie in die Offensive, um gegen ihren Ruf als Arbeitgeber zweiter Klasse anzukämpfen. Wer etwa an eine Beschäftigung bei der Deutschen Telekom denke, der assoziiere damit oft Call-Center oder Telekom-Shops, erzählt ein Konzernsprecher. "Die attraktiven Jobs, die es hier gibt, stehen nicht im Fokus." Die Reaktion auf den Imagefilm der Telekom ist positiv. In den sozialen Netzen schreiben Internetnutzer: "Wow - so kennen wir Euch gar nicht." Auch Marketingprofessor Esch sagt: "Der Schritt der Telekom, im Kino zu werben, ist ungewöhnlich - und spannend."
Andere Firmen haben das aufwendige Eigenmarketing dagegen nicht nötig. Sportmarke Adidas etwa kann sich vor Initiativbewerbungen von Top-Leuten kaum retten. "Auf eine offene Stelle als Führungskraft bekommen wir im Schnitt 1000 bis 1500 Bewerbungen", sagte Vorstandschef Herbert Hainer kürzlich auf einem Headhunter-Treffen.
Unternehmen mit starken Marken wie Audi, BWM oder Porsche, Adidas und Puma landen auf den Listen mit Wunscharbeitgebern von Hochschulabgängern regelmäßig ganz vorne. Wer aber erzählt schon gerne, dass er bei Textilbilligheimer Kik arbeitet oder bei McDonald's Burger verkauft? "Meine Mutter war total geschockt. Eine Ausbildung bei McDonald's? Pommes-Schütteln? Aber jetzt ist sie richtig stolz auf mich", sagt Teresa G. in einem Imagespot des Schnellrestaurants. Viele Unternehmen spielen in ihren Kampagnen bewusst mit Vorurteilen und ihrem Underdog-Image. "Du bist auf 'ner Party, sagst, dass du bei McDonald's arbeitest. Da gucken die so mitleidig", erzählt McDonald's-Manager Isa K. in einem Imagefilm. Der Restaurantleiter wirbt: "Hier zählt deine Leistung - wo du herkommst, ist egal."
Kik und Co als Chancengeber
Für Wolf Reiner Kriegler, Chef der Deutschen Employer Branding Akademie, ist das die richtige Botschaft für Menschen, die anderswo keine Chance erhalten. "In einem Unternehmen, in dem ein ,Bulettenbrater' tatsächlich einmal Vorstandschef geworden ist, ist das glaubwürdig", sagt Kriegler in Anspielung auf den früheren Boss Charlie Bell.
Die Textilkette Kik präsentiert sich ebenfalls als Chancengeber und greift ihr Negativimage direkt auf. "Manche wundern sich, aber ich arbeite hier wirklich gern", sagt in einem der Spots die blonde Viola P., 42 Jahre. Sie hatte sich bei Kik beworben und wurde "trotz Quereinstieg direkt als Teamleiterin eingestellt". Nur 20 Sekunden braucht Kik, um seine Botschaft zu formulieren, und Experte Kriegler meint: "Wirkt ehrlich, kommt natürlich daher und schafft Sympathie."
Die Arbeitgeberspots sollten authentisch bleiben. Ein Logistikunternehmen, das überarbeitete Mitarbeiter beschäftigt, sollte keinen Spot senden, in dem die Päckchenträger fröhlich pfeifend bis in den 50. Stock rennen. "Wichtig ist, dass sich das Unternehmen nicht unehrlich darstellt. Damit stößt es seine Mitarbeiter nur vor den Kopf", sagt Marketingprofessor Esch.
Auch die Bundeswehr geriet kürzlich mit einem Imagespot in die Kritik. In einem Film, der auf der Onlineplattform Youtube lief, wirkten die Soldaten, als wären sie Akteure eines Ballerspiels. Der Film wurde schnell aus dem Netz entfernt. Die Telekom scheint mit Imagespots wie "Werde Chef deines Lebens" den Muff, den der ehemaligen Behörde anhaftet, abschütteln zu können - zumindest bei der jährlichen Studentenumfrage des Trendence Instituts nach dem Wunscharbeitgeber. Bei Informatikstudenten erreichte der Konzern in diesem Jahr Platz 17. Ein steiler Aufstieg: Im Vorjahr hatte er es erst in die Top 30 geschafft.