Gründerszene "Jeden Euro zweimal umdrehen"

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4. Kann es auch Vorteile haben, ausgerechnet in der Krise eine Firma zu gründen?

Olaf Jacobi: „Im Moment ist es vielleicht gar nicht so schlecht, zu gründen. Denn in einer wirtschaftlichen Krise sind viele Kosten geringer – etwa für Mitarbeiter und Büroräume. Außerdem beschäftigen sich die großen Unternehmen, gegen die man als Startup antritt, stärker mit sich selber und versuchen, ihre Kosten zu senken anstatt zu investieren.“

Florian Schweitzer: „Gute Firmen werden immer gegründet, nicht selten in schwierigen Zeiten. Der Internet-Telefonie-Anbieter Skype und das Online-Netzwerk Xing sind gute Beispiele dafür.  Denn während gute Unternehmer immer selten sind, ist im Vergleich dazu mehr als genug Kapital vorhanden.“

5. Welche Web-Gründungen haben es heute besonders schwer?

Olaf Jacobi: „Auch wenn der Werbeumsatz im Internet insgesamt noch wächst, bin ich bei werbefinanzierten Geschäftsmodellen sehr, sehr vorsichtig. Das muss schon ein fantastisches Konzept sein, damit ich mich damit intensiver beschäftige. Es macht auch keinen Sinn, das tausendste Netzwerk zu gründen oder den hundertsten Shoppingkanal. Und das ist auch gut so, denn das ist alles nicht nachhaltig.“

Lukasz Gadowski: „Schwierig wird es bei allen werbebasierten Modellen, welche noch im Wachstum sind. Ich denke, dass es das eine oder andere Bezahl-Modell mehr geben wird, weil die Betreiber stärker gezwungen sein werden, andere Quellen auszuprobieren. Es gibt viel Zahlungsbereitschaft, die noch nicht abgefasst wird, weil die Unternehmen nicht genug Druck hatten.“

6. Welche Startups haben weiterhin gute Chancen?

Lukasz Gadowski: „Jene Unternehmen haben gute Karten, die dem Konsumenten beim Sparen helfen. Deswegen habe ich zum Beispiel bei Käuferportal.de oder Misterspex investiert, dort kann man bis zu 50 Prozent beim Brillenkauf sparen.“

Rolf Mathies: „Uns kommt es darauf an, dass man nicht einfach nur schnell viele User aggregiert und dann erst überlegt, wie man damit Geld verdient. Wir suchen Firmen, die wissen, wie sie das kommerzialisieren. Wie etwa Smoodoos, einer Community für Kinder, die Stofftiere verkauft. Oder die Internet-Kreditvermittlung Smava.“

Christian Leybold: „Wir suchen die Unternehmen, die nicht so extrem zyklusabhängig sind und deren Produkte und Dienste immer nachgefragt werden. Abo-Modelle, bei denen die Nutzer regelmäßig einen Beitrag zahlen, haben den großen Vorteil, dass sie gut planbar sind. Ähnlich wie bei Transaktions-orientierten Geschäftsmodellen, bei denen Produkte oder Dienstleistungen übers Netz verkauft werden, kann man da genau sagen, wann sie rentabel sind.“

Zu den Personen:

Olaf Jacobi ist Venture Partner bei Target Partners (München) und investiert als Business Angel in Internet- und IT-Startups.

Christian Leybold ist seit 2003 Principal bei BV Capital (Hamburg) und spezialisiert auf Investitionen in Internet- und Kommunikations-Software-Gründungen.

Rolf Mathies ist Managing Partner und Mitgründer von Earlybird (Hamburg) und investiert seit 18 Jahren in junge Unternehmen.

Florian Schweitzer ist Partner und Mitgründer von BrainsToVentures (St. Gallen) und hat deren Netzwerk von Privatinvestoren seit dem Jahr 2000 kontinuierlich aufgebaut.

Lukasz Gadowski ist Gründer des Internetshops Spreadshirt. Als Business Angel unterstützt er andere Gründer, in diesem Jahr hat er dazu Team Europe Ventures gegründet.

Oliver Samwer gründete mit seinen Brüdern Marc und Alexander das Auktionshaus Alando und den Klingeltonanbieter Jamba. Seit 2006 investiert er mit dem European Founders Fund in Unternehmen wie Facebook oder MyVideo.  

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