3D-Werbespots Als die Gummibärchen fliegen lernten

Der Chef des größten deutschen Vermarkters von Kinowerbung, der Weischer.Mediengruppe, geht an die Luxusmarken heran und forciert 3-D-Spots. Ein besonders gelungenes Beispiel ist eine Haribo-Werbung.

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Ein 3D-Werbespot der Firma Haribo überzeugte nicht nur die Zuschauer, sondern auch Werbeschaffende. Quelle: Screenshot

WirtschaftsWoche: Herr Weischer, das Kino erlebt einen Aufschwung mit mehr Besuchern und mehr Umsatz, die Kinowerbung auch?

Florian Weischer: Wir sind 2012 mit einem Netto-Plus beim Werbeumsatz von knapp zehn Prozent herausgekommen. Das ist ein hervorragender Wert, auch wenn wir 2011 ein Plus von über 30 Prozent hatten. Für 2013 gehen wir von stabilen Netto-Umsätzen aus. Wenn wir gut über den Sommer kommen, ist sogar ein leichtes Plus drin.

Oft ist das Vorprogramm so lang, dass es nervt.

Ein Vorprogramm sollte 30 Minuten nicht übersteigen, Werbung und Trailer von neuen Filmen eingeschlossen. Im letzten November und Dezember gab es allerdings Ausreißer, da dauerte das Vorprogramm 40 Minuten. Das ist zu viel. Wenn die Slots gefüllt sind, muss man auch Werbeaufträge ablehnen. Das war im letzten Jahr so.

Der Vorführer: Weischer, 54, ist gemeinsam mit seinem Bruder Marcus Geschäftsführender Gesellschafter der Weischer-Gruppe, die in der Vermarktung von Kinowerbung in Deutschland auf einen Marktanteil von rund 90 Prozent kommt. Für eine vergrößerte Darstellung des Bildes klicken Sie bitte hier. Quelle: Presse

In Deutschland eröffnen immer mehr Premiumkinos, die einen höheren Eintrittspreis verlangen, dafür aber mehr Service. Wie stellen Sie sich darauf ein?

Wir hatten schon Cartier-Spots; und Richemont und LVMH denken darüber nach, Werbung in Premiumkinos zu platzieren. Aber die Nachricht, dass es in Deutschland Premiumkino gibt und es erfolgreich ist, verbreitet sich erst langsam. Auch in den anderen Kinos sind die Werbeblöcke nach Zielgruppen sortiert. Vor einem James Bond läuft ein anderer Werbeblock als vor einem Film mit klaren Frauenthemen. Wie viele Besucher ein Film anzieht und welche Gruppen, prognostizieren wir bis zu zwölf Monate vor dem Filmstart.

Wie hoch ist Ihre Trefferquote?

Die Gesamtabweichung liegt im Jahr unter zehn Prozent.

Paradebeispiel Haribo

Werbefiguren, die man nie vergisst
2009 starb Herr Kaiser den Markentod. Da wurde die Hamburg-Mannheimer von der Ergo-Versicherung übernommen. Vorher trat die fiktive Werbefigur von 1972 bis 2009 in den Werbespots der Versicherung auf. Laut Wikipedia kannten 2002 "Herrn Kaiser" 86 Prozent der Deutschen. Hamburg-Mannheimer nutzte die Marke auch, um Produkte wie beispielsweise die "Kaiser-Rente" auf den Markt zu bringen. Quelle: dpa
Der Zufall machte Frau Antje zum Sinnbild der Holländer. Auf der Ernährungs- und Landwirtschaftsmesse "Grüne Woche" in Berlin von 1959 servierte am Niederländischen Büro für Milcherzeugnisse (NZB) die Studentin Antje Käsehäppchen. Als sie krankheitsbedingt ausfiel, wollten die Messebesucher wissen, was mit "Frau Antje" passiert sei. Das intensive Nachfragen soll den NZB-Chef Hans Willemse zur Idee verleitet haben "Frau Antje" zu einer Werbefigur für holländische Käseerzeugnisse zu machen. Mehrere Frauen haben seitdem die Werbefigur gespielt. Das ehemalige Model Emilie Bouwman ist vielen Leuten in Erinnerung geblieben. Allerdings nur in Deutschland - "Frau Antje" ist in Holland nicht so bekannt. Quelle: AP
Ein richtiger Zahnarzt aus Chicago machte für die flexible Zahnbürste Werbung. Der Zahnarzt mit Weißkittel hieß auch im wirklichen Leben Dr. James Best. Der wahre James Best soll zudem auch an der Entwicklung der Zahnbürste beteiligt worden sein. Quelle: dpa
Rolf H. Dittmeyer war "Onkel Dittmeyer". Als solcher bewarb er die Getränke die eigenen Marken "Valensina" und Punica. Als erster Hersteller füllte er die Flaschen der Getränke direkt an Plantagen in Marroko ab und verschiffte die Flaschen nach Deutschland. Quelle: dpa
"Isch abe gar kein Auto". Bruno Maccallini alias Angelo sagte diesen Satz. Nescafé schaffte es mit diesem Clip nicht nur eine kleine Episode in den wechselreichen deutsch-italienischen Beziehungen zu erzählen, sondern allen löslichen Kaffeesorten für eine gefühlte Ewigkeit den Namen Nescfé zu verpassen. Quelle: dpa
Die Schauspielerin Johanna König war Klementine. Sie machte das Waschmittel mittels dem Slogan "Ariel - nicht nur sauber sondern rein" das Waschmittel bekannt. Quelle: dpa
Es waren Zeiten, als Zigarettenwerbung noch in einem positiven Umfeld stattfand: Das HB-Männchen befindet sich in dem entsprechenden Werbespott am Rande des Nervenzusammenbruchs - und greift zur erlösenden HB-Fluppe. "Frohen Herzens genießen" hieß es dazu in den 50er Jahren. Absolut unvorstellbar in unsere heutigen Zeit. Quelle: dpa

Die meisten Kinobesucher sind 20 bis 29 Jahre alt. Ist das für Werbetreibende überhaupt ein lohnendes Publikum?

Ja. Das Kinopublikum gilt insgesamt als eher besser gebildet, einkommensstark und ausgesprochen mobil und aufgeschlossen. Insbesondere unter den 16- bis 29-Jährigen ist dieser Anteil der Kaufkräftigen über Social-Media-Maßnahmen, TV oder Internet sehr schwer herauszufiltern. Zudem stellen wir einen starken Anstieg der Zuschauer zwischen 30 und 45 Jahren fest. Dies ist auch auf die anspruchsvollen Spielfilmangebote und Arthouse-Kinos zurückzuführen.

Der Trend geht zu 3-D-Filmen, wann kommen 3-D-Spots?

Nachdem 3-D-Filme so erfolgreich waren, springen auch viele Markenartikler auf den Zug auf. Doch 3-D um 3-D willen bringt nichts. Die Möglichkeit der räumlichen Erfahrung muss schon in der Konzeption eines Spots berücksichtigt werden. Es gibt eine schöne Haribo-Kampagne mit fliegenden Gummibärchen. Wenn die läuft, versuchen nicht nur Kinder, nach den Gummibärchen zu greifen. Das war in der Werbemessung der erfolgreichste Spot, den wir in den letzten drei Jahren hatten.

Kinofilme werden auch auf Videoplattformen angeboten. Wie reagieren Sie darauf?

Bei Video-on-demand eröffnen sich in den nächsten Jahren große Chancen für uns. Erste Gespräche gibt es bereits. Wir haben auch einen Testballon gestartet für das digitale Fernsehen, also Apps, die auf digitalen Fernsehern laufen. Das Fernsehen der Zukunft ist zu 100 Prozent webbasiert. Auf den Internet-Seiten der meisten Kinoketten sind wir jetzt schon drauf und versuchen, Kinokampagnen mit Online-Kampagnen zusammenzuführen. Zudem gehen wir daran, die Foren für Kampagnen zu erschließen, auf denen Kinobesucher diskutieren.

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