50.000 Euro für ein Bett, 300 für einen Schlaf-Tracker Guter Schlaf ist uns lieb – und verdammt teuer

Millionen Deutsche haben Probleme mit dem Einschlafen. Hersteller von Luxus-Betten und Schlaf-Trackern versprechen, unsere Erholung zu optimieren. Mit welchen kostspieligen Mitteln wir gegen das Wachbleiben kämpfen – und was sie wirklich bringen.

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Was kostet guter Schlaf Quelle: Getty Images

Drei, nein, vier Tage wach. So fühlt es sich zumindest an. Dabei war es nur eine einzige, ziemlich kurze Nacht. Das Einschlafen zog sich hin, es folgten unruhigen Stunden: Rumwälzen auf der Matratze, regelmäßiges Hochschrecken, Schweißausbrüche und der stete Gedanke "Schlaf endlich, sonst bist Du morgen nicht fit."

Jeder hat mal eine unruhige Nacht, keine Frage. Laut Robert-Koch-Institut hat etwa jeder vierte Deutsche Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen. Andere haben den Schlafverzicht gar zum Statussymbol erhoben, rühmen sich, mit nur wenigen Stunden Schlaf auszukommen. Eine eklatante Fehleinschätzung, wie Schlafforscher unisono erklären. Denn egal ob der Schlafverzicht freiwillig oder unfreiwillig ist: zu wenig oder schlechter Schlaf wirkt wie ein Burnout.

Richtiges Schlafen wird Kult

Dutzende Untersuchungen haben die handfesten Nachteile belegt. Gedächtnis und Denkvermögen lassen nach, die Leistungsfähigkeit sinkt, die die Fehlerquote steigt. Laut einer Studie sind 25 Prozent aller tödlichen Autounfälle in Deutschland auf Schläfrigkeit am Steuer zurückzuführen. "Wer über lange Zeit nicht ausreichend schläft, kann zudem schwere Folgekrankheiten bekommen", sagt Schlafforscher Jürgen Zulley von der Universität Regensburg. Die reichen von leichten Magenbeschwerden bis zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Falsche Volksweisheiten rund um den Schlaf

Weil immer mehr Menschen erkennen, dass sie ausreichend Schlaf brauchen, um leistungsfähig zu sein, wächst der Bedarf nach Unterstützung – und damit das Geschäft. "Schlaf und vor allem schlechter Schlaf bekommen in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit – auch von der Industrie", sagt Zulley.

Mit dem Kult um den erholsamen Schlaf ist derzeit ein gutes Geschäft zu machen, weiß auch Jürgen Weyrich. Der Konsumforscher der GfK erkennt deutliche Trendverschiebungen. "Die Einstellungen der Kunden haben sich die letzten Jahre geändert", sagt Weyrich. "Aus dem tristen Schlafzimmer wird zunehmend ein Wohlfühl-, Komfort- und Kommunikationszimmer."

So schlafen Sie besser ein - und durch
Auf Matratzen und Kissen achtenWie man sich bettet, so liegt man: Passen Matratze und Kissen nicht, wird es auch nichts mit dem erholsamen Schlaf. Deshalb sollten Sie beim Kauf auch einmal Probe liegen und Ihre Matratze alle fünf bis zehn Jahre gegen eine neue tauschen. Kissen sollten alle zwölf bis 18 Monate ausgewechselt werden. Experten raten Paaren außerdem dazu, auch im gemeinsamen Bett getrennte Matratzen zu haben, da die Ansprüche an die Matratze verschieden sind. Bei einer durchgehenden Matratze besteht die Gefahr, dass einer zu weich und der andere zu hart liegt. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Ein Paar schaut im Bett Fernsehen Quelle: Fotolia
Ernährung beachtenAlkohol kann helfen, schneller einzuschlafen. Dafür wird die Nacht unruhiger. Faustregel: maximal ein Glas Bier oder Wein. Besser ist ein Glas warme Milch, denn sie enthält die Aminosäure Tryptophan – und die fördert den Aufbau des Schlafhormons Serotonin. Zu viel Eiweiß und Proteine sind schwer verdaulich. Und das Nikotin der Gute-Nacht-Zigarette stimuliert das Gehirn. Quelle: dpa
Bahnhofsuhr Quelle: dpa
Sport machenWer tagsüber Sport macht, schläft abends leichter ein. Dafür muss es kein dreistündiges Krafttraining sein, ein Spaziergang bewirkt auch schon einiges. Wichtig ist allerdings, sich nicht kurz nach Trainingsende ins Bett zu legen. Kurz nach dem Sport ist der Kreislauf noch sehr aktiv. Quelle: dpa
Eine Frau macht eine Yoga-Übung Quelle: obs
Auf die Temperatur achtenIst es im Schlafzimmer zu heiß oder zu kalt, ist das ebenfalls nicht gut für den Schlaf. Deshalb darauf achten, dass es in dem Raum, in dem man schläft, zwischen 15 und 19 Grad hat. Wenn der Partner mit im Bett schläft, empfiehlt es sich außerdem, zwei Decken zu benutzen. Dann erspart man sich das Aufwachen mitten in der Nacht, weil der Mitschläfer die Bettdecke geklaut hat. Quelle: dpa

Dafür sind die Deutschen bereit zu investieren. Das niedrige Zinsniveau und die dadurch aktuell geringe Sparneigung führen bei Zweit- und Dritteinrichtern bereitwillig zu höherer Ausgabebereitschaft. Schon der durchschnittliche Verkaufspreis für ein komplettes Schlafzimmer aus Holz – mit Bett, Nachtkonsole, Schrank und zusätzlichen Beimöbeln – lag 2014 im Möbelhandel bei 2000 Euro. Das waren 150 Euro mehr als 2010. Dabei geht die Preisschere deutlich auseinander: 2700 Euro lassen die Deutschen durchschnittlich in konventionellen Möbelhäusern, gerade einmal 600 Euro in  Möbelmitnahmemärkten und -discountern.

Besonders auffällig: "Die deutschen Käufer kaufen seltener komplett angebotene Schlafzimmer. Stattdessen dominieren immer stärker individuelle Zusammenstellungen", sagt Weyrich. Eine preiswerte Schrankwand wird so durch eine kostspielige Schlafgelegenheit ergänzt. Im Trend liegen seit mehreren Jahren die Boxspring- und Polsterbetten, die sich die Käufer einiges kosten lassen.

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