Abschied von Adidas-Chef Hainer Die drei Streifen melden sich zurück

Stabwechsel bei Adidas – am 1. Oktober übernimmt Kasper Rorsted beim Sportkonzern das Chefbüro von Herbert Hainer. Der stellt am Ende noch einen Rekord auf, der lange halten dürfte.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Adidas: Die Bilanz der Ära Hainer. Quelle: dpa Picture-Alliance

Das Timing könnte aus Sicht von Herbert Hainer kaum besser sein. An diesem Freitag verabschiedet sich der langjährige Vorstandsvorsitzende der Adidas-Gruppe wie angekündigt von seinem Posten. Für ihn übernimmt der frühere Henkel-Chef Kasper Rorsted das Ruder bei Europas größtem Sportkonzern.

Und ausgerechnet jetzt, auf der Schlussgeraden seiner Karriere, zeigt Hainers Nemesis, sein dunkler Schatten aus Oregon in den USA, erstmals seit vielen Jahren nicht zu übersehende Schwächen. Als wäre es ein ungewollter Gruß über den Atlantik, offenbarte Nike Mitte der Woche lange nicht für möglich gehaltene Wachstumssorgen. Zwar stiegen Umsatz und Gewinn.

Doch bei einem wesentlichen Indikator dafür, wie angesagt eine Marke derzeit ist, schwächelt der US-Konzern: bei den Bestellungen für das kommende Quartal konnte Nike-Chef Mark Parker für den wichtigen Heimatmarkt nur ein zartes Plus von einem Prozent vermelden. Analysten waren enttäuscht. Sie hatten mit einem Zuwachs von mindestens fünf Prozent gerechnet.

Adidas in Zahlen

Experten führen das für Nike-Verhältnisse ungewohnte Ereignis zurück auf die neu entbrannte Konkurrenz durch den heimischen Wettbewerber Under Armour, vor allem aber auf Adidas. Beide attackieren den Platzhirsch mit frischeren Produkten. Der Druck des Duos lässt sich längst auch an Nikes Börsenkurs ablesen – geht das so weiter, steuert der weltgrößte Sportkonzern zum ersten Mal seit acht Jahren aufs Jahr betrachtet auf einen Rückgang des Kurses zu; vor Bekanntgabe der Quartalsergebnisse war er seit Jahresbeginn bereits um elf Prozent gesunken.

Er würde es sicher so nicht sagen. Doch eine gewisse Genugtuung wird Hainer daher nicht verhehlen können. Denn jahrelang war der gebürtige Niederbayer dem US-Riesen immer nur hinterhergerannt. Musste sich quälen lassen in Interviews, Investorenkonferenzen und auch auf den Hauptversammlungen galt es Anlegern gegenüber Rede und Antwort zu stehen: Warum ist Nike so viel besser, profitabler, cooler?

Die Werbe-Stars der Sportartikel-Hersteller
Nike: LeBron JamesNike hat erstmals in seiner 44-jährigen Firmen-Geschichte einen Athleten auf Lebenszeit unter Vertrag genommen. Wie mehrere US-Medien übereinstimmend berichten, einigte sich der Sportartikelhersteller mit Basketball- Superstar LeBron James von den Cleveland Cavaliers auf eine unbegrenzte Zusammenarbeit.„Wir haben über die vergangenen zwölf Jahre ein starkes LeBron-Business aufgebaut und wir sehen das Potential, dass dies bis an sein Karriere-Ende und darüber hinaus andauert“, teilte Nike mit. Die Firma aus dem US-Bundesstaat Oregon hatte zwischen Februar 2014 und Januar 2015 James-Schuhe im Wert von 340 Millionen Dollar verkauft. Unbekannt ist bislang, wie viel der neue Vertrag dem 30-jährigen Ausnahmespieler einbringt. James hatte bereits als High School- Spieler einen Sieben-Jahres-Kontrakt mit Nike über 93 Millionen Dollar abgeschlossen. 2010 wurde der Vertrag zu höheren Konditionen verlängert. Laut ESPN soll der neue Deal den Zehn-Jahres- Schuh-Kontrakt zwischen Nike und Kevin Durant von den Oklahoma City Thunders über 300 Millionen Dollar deutlich übersteigen. Quelle: AP
Puma: RihannaWenn es darum geht, Frauen als Kundinnen für sich zu gewinnen, stehen alle Sportmarken vor derselben Herausforderung: Nur wenige Sportlerinnen sind weltweit ähnlich berühmt wie Messi oder Cristiano Ronaldo. Darum fahndete Puma lange nach der Superfrau. Jetzt hat der Sportausrüster sie offenbar gefunden: Die Popsängerin Rihanna soll für Puma neue weibliche Kundschaft ködern. Die 26-jährige Sängerin aus Barbados wird im Januar Markenbotschafterin und Chefdesignerin der Frauenfitness-Kollektion.  Die Sängerin mixt R&B mit Elementen aus der karibischen Musik und Dance Pop. Zu Ehren von Rihanna wurde auf Barbados der 21. Februar zum Feiertag erkoren, der sogenannte „Rihanna Day“. Quelle: REUTERS
Puma: MadonnaDer erste weltweite Mega-Star, der maßgeblich daran beteiligt war, die fast untergegangene Sportmarke zu neuem Leben zu erwecken, war Madonna. Die Pop-Ikone aus New York, damals auf dem Höhepunkt ihrer Bekanntheit, ließ sich 2002 das Puma-Modell Mostro besorgen und trug den Treter anschließend ausgiebig über die Bühnen der Welt. Der Schuh ist ein Hybrid, eine Mischung aus einem Sprintspike aus dem Jahr 1968 und einem Surfschuh aus den 80er Jahren. Das schlug ein: der Mostro verkaufte sich in unterschiedlichen Varianten wie geschnitten Brot begründete zusammen mit dem Autorennfahrer-Latschen „Speed Cat“ fast im Alleingang Pumas Comeback – und zugleich die starke Ausrichtung der Marke in Richtung Mode und Design. Quelle: AP
Puma: Jil SanderDoch bevor Puma für Stars wie Madonna akzeptabel wurde, brauchte es den Ritterschlag der „Queen of Less“ – um 1998 herum, heißt es in Franken, sei die Hamburger  Mode-Designerin Jil Sander auf die Sportmarke zugekommen mit der Idee, schicke aber tragbare sportliche Schuhe unter anderem für den Einsatz auf dem Laufsteg zu entwerfen. In der Folge seien Models durch die engen Flure des alten Puma-Hauptquartiers gestöckelt. Ergebnis der Kooperation: Puma und Sander brezelten zwei Klassiker, den Fußballschuh King und den Easy Rider auf und machten sie zu It-Shoes der Fashion-Welt – und Puma zur kommenden Marke. Quelle: dpa
Puma: Philippe StarckNach Sander sammelten die Herzogenauracher eine ganze Phalanx von Designern, die entweder einzelne Modelle entwarfen oder aber mitunter über mehrere Jahre ganze Kollektionen beisteuerten.  Weiter aktuell ist etwa die Kooperation mit dem Modehaus Alexander McQueen, wie Puma unter dem Dach des Luxuskonzerns Kering.  Philippe Starck (rechts im Bild) gestaltete in einer einmaligen Aktion Simpel-Schuhe für Puma. Die Franken arbeiteten aber auch mit dem holländischen Designer Marcel Wanders, dem Japaner Mihara Yasuhiro sowie dem Londoner Hussein Chalayan zusammen. Quelle: dpa
Adidas: Run DMCBereits Ende der 80er Jahre entdeckten die Hip-Hopper von Run DMC, eine der einflussreichsten Bands des Genres überhaupt, die Turnschuhe aus Herzogenaurach für sich. Das Modell Superstar, ursprünglich ein Basketball-Schuh mit einer verstärkten Gummikappe über den Zehen, ist seitdem eng mit Run-DMC aus Queens verbunden, die dem Schuh sogar einen eigenen Song widmeten. Quelle: dpa
Adidas: Pharrell WilliamsNoch ziemlich frisch ist die Kooperation zwischen dem Drei-Streifen-Konzern und dem US-amerikanischen Sänger, Komponisten und Modemacher Pharrell Williams („Happy“). Erst im März verkündete Adidas die Zusammenarbeit mit dem Grammy-Gewinner und oscarnominierten Weltstar. Williams hat sein eigenes Textilunternehmen „Bionic Yarn“, das aus den Weltmeeren geborgenen Plastikmüll zu Garn verarbeitet. Daraus werden Kleider hergestellt. Auch Adidas will in seiner Mode-Linie Originals diese sogenannten bionischen Garne in Williams-Produkten verarbeiten. Erste Ergebnisse der auf mehrere Jahre angelegten Zusammenarbeit sind eine Sweatjacke, die es auch als 1500-Euro-teure Edelversion gibt, und eine neue Version der Stan-Smith-Sneaker in Leder oder in Tennisball-Filz.  Im Rahmen der „Adidas Originals x Pharrell Williams“-Kollektion hat der 41-Jährige schon einmal bei den Stan Smiths Hand angelegt, die statt in weiß einfarbig in Rot, Blau und Schwarz auf den Markt kamen. Quelle: AP

Doch jetzt, so kurz vor dem Ende der Karriere an der Konzernspitze, darf sich Hainer mit einem Sieg aus dem Geschäft verabschieden. Zwar ist und bleibt Nike viele Nummern größer. Bis 2020 will es der US-Konzern auf umgerechnet 44 Milliarden Euro Umsatz bringen; geht Hainers Plan auf, wird Adidas dann bei etwa 22 Milliarden Euro stehen.

Doch auf dem Weg dahin stimmt das Momentum. So sehen die Adidas-Zahlen wieder gut aus, der Konzern meldet Wachstum im wichtigsten Sportmarkt USA und auch sonst (fast) überall auf der Welt. Modelle wie der Ultra Boost, Superstar oder die Yeezys von Musikstar Kanye West sind derzeit gefragter als die meisten Nike-Treter und Sammelobjekte, für die Sneakerheads zu nachtschlafender Zeit vor den Läden campieren.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%