Adidas greift in Asien an Im Badminton-Rausch

Der Konzern will von der Badminton-Begeisterung in Fernost profitieren. Neue Technik soll die Sportler dazu bewegen, von den heimischen Marken zu Adidas zu wechseln. Doch die ehrgeizige Mission birgt Risiken.

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Adidas hat in Asien Nachholpotenzial: Von den 16,9 Milliarden Euro Umsatz 2015 kamen nur 15 Prozent aus China und sechs Prozent aus Japan. Quelle: AP

Hamburg Adidas verstärkt seine Bemühungen, im Badminton Fuß zu fassen. Hintergedanke dabei: Der deutsche Sportkonzern will in Asien an Relevanz gewinnen. Zwar spielen über 200 Millionen Menschen weltweit Badminton, doch das Geschäft geht an den großen westlichen Sportmarken weitgehend vorbei. Stattdessen machen spezialisierte Marken aus Asien das Spiel – etwa Yonex aus Japan, Victor aus Taiwan und Li-Ning aus China.

Adidas ist bislang weit abgeschlagen – kein Wunder. Der Dax-Konzern ist erst 2013 wieder komplett mit Schlägern und Bällen in das Geschäft eingestiegen, das er zuvor ebenso wie die Konkurrenten Nike und Under Armour brachliegen ließ. „Vor allem in Asien spielt Badminton eine wichtige Rolle und ist dort in fast jedem Land unter den Top-drei-Sportarten zu finden, die aktiv ausgeübt und passiv verfolgt werden. Somit hilft Badminton, uns speziell in Asien als authentische Sportmarke zu positionieren“, erklärt eine Adidas-Sprecherin den Sinneswandel. „Derzeit sehen wir uns als Außenseiter, durchaus aber mit dem Bestreben, die etablierten Marken an der einen oder anderen Stelle herauszufordern. Zunächst wollen wir uns aber auf den asiatischen Markt fokussieren und hier Fuß fassen.“ Adidas lege derzeit einen stärkeren Fokus auf Badminton.

In Asien hat Adidas Nachholpotenzial: Von den 16,9 Milliarden Euro Umsatz 2015 kamen nur 15 Prozent aus China, sechs Prozent aus Japan und 15 Prozent aus dem restlichen Asien einschließlich Nahost.

Das für Asien so wichtige Badminton-Geschäft ist speziell: Geübte Spieler nutzen bevorzugt Naturfederbälle, die oft nur wenige Ballwechsel aushalten. Daher sind die Ausgaben für Bälle hoch. Die Sportler verzeichnen Unterschiede selbst zwischen verschiedenen Chargen derselben Marke – etwa weil die Vögel im Winter dickere Feder haben oder weil eine Marke schlicht den Zulieferer gewechselt hat. Zudem haben die Badminton-Marken eine Vielzahl unterschiedlicher Schläger im Angebot, die sich in der Gewichtsverteilung, der Biegsamkeit des Schafts und der Besaitung unterscheiden. Das führt dazu, dass Badminton-Material häufig im Fachhandel verkauft wird und Meinungsführer wie Trainer und Besaiter großen Einfluss haben. Das wiederum sichert den Spezialmarken ihre starke Stellung – und macht es dem relativen Newcomer Adidas schwer. Dazu kommt: Erfolgreiche Teams sind bereits an andere Marken gebunden. Victor unterstützt etwa Südkorea und Malaysia, Yonex lässt den mehrfachen olympischen Goldmedaillengewinner Lin Dan für sich sprechen. Adidas zeigt dagegen vor allem namenlose Models.


Adidas formuliert ehrgeizige Ziele

Der Konzern will nicht nur mit verstärktem Sponsoring von Spielern dagegenhalten. Er will auch die Technik verbessern. Die Adidas-Sprecherin formuliert einen hohen Anspruch: Adidas wolle die „beste Badminton-Marke weltweit“ sein: „Wir definieren ,beste Badminton Marke’ nicht zwangsläufig durch das Business-Volumen. Vielmehr ist es unser Anspruch, diejenige Marke zu sein, die innerhalb der Badmintonszene, unter den Athleten, den Teams und den Trainern für Gesprächsstoff sorgt. Wir wollen die weltbesten Badminton-Produkte entwickeln, herstellen und verkaufen. Und wir wollen unseren Konsumenten den besten Service bieten.“

Konkret drückt sich das in einem Neustart bei Schlägern und Bällen aus. 2017 kommen die ersten Produkte auf den Markt, die ein neuer Lizenzpartner zusteuert. Im vergangenen Jahr hat Adidas dafür eine Partnerschaft mit dem 2013 eigens herangezogenen Hongkonger Lizenzpartner Pacific Royal aufgegeben. Der neue Lizenzpartner stammt ebenfalls aus Hongkong und firmiert unter Marquemakers. Laut seiner Website konzipiert und entwickelt er Badminton-Zubehör und lässt es produzieren und verschiffen – bis hin zu Werbebildern für die Vermarktung. Das junge Unternehmen führt nur Adidas als Kunden auf. Adidas selbst steuert die Vermarktung – und hat dabei auch die personellen Ressourcen für Badminton „minimal“ aufgestockt.

Adidas geht damit anders vor als alteingesessene Marken. Victor etwa hat einen eigenen Produktionsstandort mit über 1000 Mitarbeitern in China und betreibt ein Gemeinschaftsunternehmen mit New Balance für Schuhe. Das Unternehmen wuchs im vergangenen Jahr weltweit um gut 20 Prozent auf 120 Millionen Dollar Umsatz. Auch Yonex produziert teilweise selbst. Der Konzern kam 2015/16 auf umgerechnet 424 Millionen Euro Umsatz – davon der Großteil aus Japan. Im übrigen Asien versechsfachte Yonex den Umsatz innerhalb nur einen Jahres. Das zeigt, welche Wachstumsdynamik in dem Sport auf dem Kontinent steckt.

Adidas kann dafür einen Konzernvorteil nutzen: Über seinen Webshop für Randsportarten vertreibt die Marke auch Sportartikel wie Kompressionsunterwäsche, die für viele Sportarten nutzbar sind. Zudem nutzt Adidas eingeführte Markentechnologien auch für die Adidas-Range. Schuhe sollen etwa besonders leicht sein („Adizero“) oder haben die „Adidboost“-Technologie für federnde Dämpfung. Solche Markennamen überträgt Adidas auch auf Schlägerserien mit ähnlichen Eigenschaften – etwa leichte Adizero-Schläger.

Das passt zum technologieverliebten Auftritt eingeführter asiatischer Marken wie Yonex, die ebenfalls mit einer Vielzahl kreativer Techniken in Schuhen und Schlägern werben. Adidas vertreibt die Kollektion auch über den eigenen Speciality-Sport-Webshop – allerdings präsentiert sich die Badminton-Kollektion in diesen Tagen erstaunlich lückenhaft. Auf seiner Badminton-Facebook-Seite berichtet Adidas etwa davon, dass neue Schuhmodelle zwischenzeitlich ausverkauft seien.
Denn bei allen Bemühungen: Für Adidas bleibt Badminton eine Randsportart. Im letzten Geschäftsbericht kam das Wort „Fußball“ 51 mal vor, das Wort „Laufen“ 44 mal, „Basketball“ noch zehnmal – und „Badminton“ kein einziges Mal.

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