




Kühle Betonwände, graue Metallspinde und die neuesten Fußballschuhe – Adidas präsentierte seine neue Fünf-Jahres-Strategie mit Bedacht im Keller seines jüngsten Konzerngebäudes, wo das Entwicklungslabor des Dax-Konzerns angesiedelt ist. Nach Arbeit soll es aussehen, nach Neuigkeiten, nach Entwicklung. Und das ist genau der Eindruck, den Vorstandschef Herbert Hainer vermitteln will.
Nachdem der Konzern sein Ziel verfehlt hat, bis 2015 den Umsatz auf 17 Milliarden Euro zu treiben, will er demonstrieren, dass Adidas einerseits die Konsequenzen aus den Fehlern der vergangenen Jahre gezogen hat. Andererseits geht Adidas in die Offensive und zeigt die Muskeln.
Adidas und Nike im direkten Vergleich
Adidas: 14,5 Mrd. Euro
Nike: 20,5 Mrd. Euro
Geschäftsjahr 2014; Geschäftsjahr Nike endet 31.05.2015
Quelle: Unternehmen
Adidas: 568 Mio. Euro
Nike: 1990 Mio. Euro
Geschäftsjahr 2014; Geschäftsjahr Nike endet 31.05.2015
Quelle: Unternehmen
Adidas: 11,8 Mrd. Euro
Nike: 62,4 Mrd. Euro
Geschäftsjahr 2014; Geschäftsjahr Nike endet 31.05.2015
Quelle: Unternehmen
Adidas: 53.700
Nike: 56.500
Geschäftsjahr 2014; Geschäftsjahr Nike endet 31.05.2015
Quelle: Unternehmen
Wer dachte nach dem Verfehlen des Umsatzzieles würde Hainer nun kleinere Brötchen backen, wurde getäuscht: Auf bis zu 22 Milliarden Euro sollen die Erlöse bis 2020 steigen. Allerdings schränkte Hainer vernünftigerweise ein, das Ziel sei ausgegeben auf Grundlage der aktuellen Währungskurse. Sein Lerneffekt: Noch einmal möchte er sich nicht von einer Zahl vor sich hertreiben lassen.
Gleichzeitig kulminiert in der Ziffer das Selbstvertrauen und die Gewissheit, die der Konzern verbreiten will. Vor allem Marken-Vorstand Eric Liedtke, der im schlichten anthrazitfarbenen Sweater auf der Bühne stand, präsentierte sich als Personifikation der neuen Angriffslust, mit der sich der Konzern darstellt. Vor allem zwei Dinge sind klar: viel stärker als in der Vergangenheit will Adidas seine Herkunft und seine Rolle als Sportmarke herausstellen in Werbung und Produkten.
Das erinnert sehr stark an frühere Zeiten, als Adidas etwa Mitte der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts schon einmal den Faden verloren hatte und sich in allerlei seltsame Kategorien verirrt hatte – selbst Strickkrawatten hatte der Konzern mal im Sortiment. Damals waren es Nike-Renegaten, die Adidas mit einer Rückbesinnung auf seine Herkunft unter dem Schlagwort Adidas Equipment wieder in die Spur brachten. Durchaus ähnlich machen sie es nun. Die aktuelle Werbekampagne "Take it" geht genau in diese Richtung.
"Creating the New"
Klar ist aber auch, dass Adidas ganz offensichtlich vom Konkurrenten lernt: Konzentriert sich Nike sehr erfolgreich auf einige wenige spielentscheidende Produkte wie etwa den Leichtschuh Nike Free, will auch Adidas künftig in erster Linie mit wenigen Volumenprodukten punkten. Konkret sieht das so aus, dass künftig etwa nicht länger fünf unterschiedliche Fußballschuhmodelle die Kunden verwirren sollen. Stattdessen sollen nur noch zwei Modelle – "ACE" und "X" – für Klarheit sorgen. Dazu kommt einzig noch die Linie von Superstar Lionel Messi.
Der Adidas-Konzern in Zahlen 2014
11,116 Milliarden Euro (Vorjahr: 11,013 Mrd)
927 Millionen Euro (Vorjahr: 1,157 Mrd)
630 Millionen Euro (Vorjahr: 796 Mio)
währungsbereinigtes Umsatzwachstum im mittleren bis hohen einstelligen Bereich; Gewinn etwa 650 Millionen Euro
währungsbereinigtes Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Bereich; Gewinn soll stärker steigen als die Erlöse
Über alle Kategorien will Adidas die Zahl der Modelle um 25 Prozent reduzieren und den Warenhaus-Eindruck seiner Läden sichtbar ändern. Die Produkte, die dann bleiben, sollen mit mehr und besserer Werbung in den Markt gedrückt werden. Dass gilt auch für die Modelinie Originals, die vor allem auf vier sogenannte Franchises konzentriert werden soll, unter anderem die Modelle Superstar und Stan Smith. Diese Bestseller sollen bis 2017 für ein Drittel des Schuhumsatzes der Sparte sorgen.
Wobei auch Liedtke, der sich zwischendurch noch eben mit einer Flasche Wasser aus dem Getränkeautomaten versorgt, einen wesentlichen Unterschied betont: Anders als beim alten Plan sind Zahlen nicht länger in Stein gemeißelt. Adidas, und das ist der wesentliche Eindruck, den Hainer und er vermitteln wollen, definiert sich für die Zukunft neu als quasi liquides Unternehmen, nicht im finanziellen Sinne gemeint an dieser Stelle, im übertragenen Sinne jedoch als "Work in progress", offener noch als bislang auch für die Zusammenarbeit mit Partnern wie Google, BASF und auch Red Bull.
Dem Ganzen geben die Adidas-Bosse den Titel "Creating the New". Das beschreibt einen Prozess, einen, der auch dann weiterlaufen soll, wenn Hainer wohl im Frühjahr 2017 als Vorstandschef die Brücke verlässt. Potenzielle Nachfolger dürften bei dieser Strategie genügend Freiraumfinden, eigene Akzente zu setzen. Spürbar jedoch hat Liedtke beim Start ins interne Nachfolgerennen bereits ein paar Meter Vorsprung.