Adidas-Vertriebschef Auschel „Mitglieder kaufen 30 Prozent mehr“

Adidas-Vertriebschef Roland Auschel will aus Kunden Mitglieder machen – und so den Absatz steigern. Quelle: PR

Roland Auschel, Vertriebschef und dienstältester Vorstand des Sportkonzerns Adidas, über den Trend, aus Kunden Mitglieder zu machen, das Wettrennen mit Nike und die Zukunft des Sporthandels.

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WirtschaftsWoche: Herr Auschel, Adidas hat mit der Strategie für die kommenden fünf Jahre den Kunden als Mittelpunkt ausgerufen – das war aber doch auch schon bei der letzten Strategie das Thema – worin besteht nun genau der Unterschied bei der neuen Strategie?
Roland Auschel: Der Konsument stand bei Adidas schon immer im Mittelpunkt.  Das ist der Kern unseres Geschäfts. Zudem baut unsere neue Strategie „Own the Game“ bis 2025 auf dem Erfolg von „Creating the New“ auf. Mit dieser vorangegangenen Strategie haben wir von Anfang 2016 bis 2019 sieben Milliarden Euro Umsatz zugelegt.

Aus Kunden wollen sie künftig „Member“, also Mitglieder, machen - was macht Sie so sicher, dass Kunden tatsächlich „Member“ bei Ihnen werden wollen?
Das wissen wir aus dem Feedback unserer Konsumenten. Wir sind die einzige Marke, bei der Mitglieder nicht nur Punkte sammeln, wenn sie Adidas-Produkte kaufen, sondern auch über sportliche Aktivitäten. So kann man bei Nutzung der Adidas-App auch Statuskunde werden, wenn man regelmäßig laufen geht oder Yoga macht. Im Gegenzug erhält man dafür exklusiven Zugang zu Produkten, bekommt Rabatte oder auch mal die Möglichkeit, seine sportlichen Idole zu treffen.

Bis 2025 sollen 500 Millionen Menschen „Member“ werden, heute sind es 150 Millionen – in welchen Märkten sehen Sie denn das größte Potenzial?
Die Möglichkeit, bei Adidas Mitglied zu werden, gibt es seit Ende 2018. Insofern ist das Programm noch verhältnismäßig jung und das Potential, in allen Märkten weiter zu wachsen, entsprechend groß. Potential sehen wir auch darin, die Mitglieder unserer Vereine wie zum Beispiel Bayern München gezielt anzusprechen und uns mit den Mitgliederprogrammen von Handelspartnern zu verbinden.

von Julian Heißler, Jörn Petring, Peter Steinkirchner

Wie viele der aktuell 150 Millionen Member sind originär gewonnen und wie viele stammen aus der Übernahme der Lauf-App Runtastic?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, dem Mitgliederprogramm von Adidas beizutreten, allerdings nie ohne dass man dem selbst zugestimmt hat. Die Adidas by Runtastic Apps sind aber ein wesentlicher Bestandteil des Programms, denn über die Apps können Mitglieder eben auch über sportliche Aktivitäten Punkte sammeln.

Wie lange bleiben Ihre „Member“ denn im Durchschnitt  bei der Stange und worin unterscheiden sie sich von „normalen“ Kunden?
Unsere Mitglieder kaufen 60 Prozent häufiger, und wenn sie kaufen, kaufen sie mehr, im Schnitt 30 Prozent mehr. Und wir sehen, dass Mitglieder im Vergleich zu Nicht-Mitgliedern mehr als doppelt so viel „Consumer Lifetime Value“ haben.

Warum sollte ein Kunde in China aus seiner lokalen digitalen Infrastruktur gerade zur App von Adidas wechseln, das als westlicher Konzern gerade in China immer wieder in der Kritik steht und von Boykott bedroht wird?
Das eine schließt das andere nicht aus. Die Adidas-Apps sind etwas, was Kunden zusätzlich nutzen, das ersetzt doch nicht die Nutzung anderer Leistungen. Soll es auch gar nicht. Und wenn es einen Markt gibt, in dem Konsumenten besonders digitalaffin sind und die Digitalisierung fortgeschritten, dann sicherlich China.

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Entertainment-Apps wie TikTok integrieren auch Shopping-Funktionen – sehen Sie diese als Partner oder nicht eher als Konkurrenten um die Aufmerksamkeit der jugendlichen Zielgruppe?
Wir bieten unsere Produkte dort an, wo sie unsere Konsumenten kaufen möchten. Dass wir Produkte auch direkt über unsere eigenen Kanäle verkaufen, heißt nicht, dass wir das nicht auch weiterhin über Partnerplattformen oder Händler tun.

Nike hat bereits vor einigen Jahren seine eigene DTC-Strategie ausgerufen – nun folgt Adidas. Kommen Sie damit nicht etwas spät?
Überhaupt nicht. Wir haben unseren ersten eigenen Store schon vor 20 Jahren in Berlin eröffnet. In den vergangenen fünf Jahren haben wir zudem sehr erfolgreich unsere Digitalisierung vorangetrieben und unseren eigenen E-Commerce-Umsatz versiebenfacht. Von unserer starken digitalen Infrastruktur profitieren wir gerade in Zeiten, in denen wegen Lockdowns die Läden in vielen Ländern leider wieder oder weiterhin geschlossen sind.

Im Zuge der DTC-Strategie konzentrieren Sie sich auf die weltweit wichtigsten 30 Handelspartner – von wie vielen Sportläden speziell in Deutschland hat sich Adidas in den vergangenen fünf Jahren getrennt und wie viele werden in fünf Jahren noch Partner sein?
Wir werden auch im Jahr 2025 noch mit einer großen Anzahl von Händlern zusammenarbeiten, gerade auch in unserem Heimatmarkt Deutschland. Denn sie dürfen ja eines nicht vergessen: wir werden ja weiterhin 50 Prozent unseres Geschäftes mit unseren Fachhandelspartnern machen. Dazu zählen die großen Ketten, die Einkaufsverbände, aber auch viele ausgewiesene Spezialisten, gerade in den Kategorien Fußball, Outdoor, Running und Lifestyle. Und auch dieser Teil unseres Geschäftes wird bis 2025 weiterwachsen.

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Nach welchen Kriterien wählt Adidas denn die Händler aus, die noch mit Ware beliefert werden?
Grundsätzlich gibt es mehrere Kriterien, die Händler erfüllen müssen, wenn sie Adidas-Produkte verkaufen möchten, zum Beispiel jährliche Mindestumsätze oder eine adäquate Darstellung unserer Produkte entweder im entsprechenden Online Shop oder im stationären Geschäft. Aufwand oder Flächenproduktivität spielen keine Rolle in der Auswahl unserer Handelspartner.

Mit wenigen lokalen Partnern zu arbeiten, reduziert Aufwand und Kosten für Adidas – droht damit aber nicht der durch Corona ohnehin schon gebeutelte Sporthandel noch weiter dezimiert zu werden? Glauben Sie, dass eine App tatsächlich die Beratung im engagierten Laden ersetzen kann?
Nochmal, wir glauben an den kompetenten Sportfachhändler und werden weiterhin die Hälfte unseres Umsatzes mit dem Fachhandel machen. Gerade aktuell sind wir mit unseren Partnern im regen Austausch und helfen ihnen mit großer Flexibilität, was Orders und Warenlieferungen angeht, um die schwierigen Phasen der Lockdowns so gut es geht zu meistern.

Mehr zum Thema: Marketing, Vertrieb, Digitalisierung: Adidas-Chef Kasper Rorsted kopiert das große Vorbild Nike – und zementiert so die Rolle des ewigen Zweiten.

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