Air Berlin Abschied von der Airline mit Herz

Am Abend hebt der letzte Flug von Air Berlin ab, ab morgen gehört die beliebte deutsche Airline der Geschichte an. Viele Mitarbeiter dürften ihren Job verlieren. Doch der Abschied fällt nicht nur ihnen schwer.

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Die Airline stellt nach 30 Jahren den Flugbetrieb ein. Quelle: dpa

Düsseldorf 12 Uhr in der Abflughalle des Düsseldorfer Flughafens. Es herrscht nicht viel Betrieb am Schalter von Air Berlin. Vereinzelt sind noch Kurzstreckenflüge mit dem  AB-Kürzel auf den Abflugmonitoren zu finden: Nürnberg, Berlin, Wien. Es sind die letzten Starts der „Airline mit Herz“, die sich bei jeder Landung mit Schokoherzen von den Passagieren verabschiedete. Kürzlich war bereits der Langstreckenbetrieb mit einer Abschiedsschleife um den Düsseldorfer Flughafen geendet.

Heute Abend stellt Air Berlin nach knapp 40 Jahren ihren Flugbetrieb ein. Die letzten Flugzeuge sollen am späten Freitagabend in Berlin und Düsseldorf eintreffen. „Air Berlin bedankt sich an diesem traurigen Tag bei allen Mitarbeitern, Partnern und Passagieren, die uns über die vielen Jahre ihr Herz und ihre Treue geschenkt haben“, teilte die Fluggesellschaft am Freitag mit. „Air Berlin wünscht allzeit Happy Landings!‘ und sagt im Namen aller Mitarbeiter ‚Macht et jut!‘“

„Es ist ein emotionaler Abschied für Passagiere und Airline-Mitarbeiter“, heißt es in der Mitteilung. Eine rot-weiße Ära gehe nun zu Ende. Seit ihrem Erstflug 1979 habe die Airline mehr als eine halbe Milliarde Passagiere befördert. „Hoffnungen, Träume, die Sehnsucht nach der Ferne und die Liebe zum Reisen flogen immer mit und erzeugten tausende Geschichten“, erklärte das Unternehmen.

Die 1978 gegründete Airline meldete Mitte August Insolvenz an. Für viele der rund 8000 Mitarbeiter von Air Berlin steht die Zukunft in den Sternen. Die Lufthansa, die große Teile der Air Berlin übernimmt, sieht für rund 3000 Mitarbeiter neue Beschäftigungen bei ihrer Tochter Eurowings vor. Tausenden Mitarbeitern droht die Kündigung.

„Wir alle wissen nichts“, sagt eine Flugbegleiterin am Düsseldorfer Flughafen. Ihren Namen möchte sie nicht nennen. „Dann bin ich auf jeden Fall raus.“ Die Mittdreißigerin trägt ihre Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, stilecht in blauer Air-Berlin-Uniform. Dies wird das letzte Mal sein, dass sie die Uniform trägt. „Ich weiß nicht, wie es weiter geht.“ Tränen schimmern in ihren Augen. 

Tausenden Mitarbeitern droht die Kündigung. Eine große Lösung für eine Transfergesellschaft über rund 50 Millionen Euro für etwa 4000 Mitarbeiter scheiterte, da sich Bund und Länder nicht ausreichend an der Finanzierung beteiligen wollten. Für die rund 1200 Beschäftigten des Bodenpersonals soll es eine Auffanglösung gehen, die Air Berlin selbst und der Berliner Senat finanzieren wollen.

„Wir sind ja nicht von Air Berlin angestellt“, wiegelt eine ältere Dame mit Brille ab. Ihre Kollegin mischt sich ins Gespräch ein: „Na und? Wir haben gestern trotzdem alle unterschrieben. Jeder der hier am Schalter saß, hat die Petition 50.000 Stimmen für Air Berlin unterschrieben. Richtig so.“ Mit Zornesfalten auf der Stirn wiegen die beiden Kolleginnen weiter die Koffer der Passagiere.  


Die letzte Gelegenheit

Einer davon ist Bart Giepmans. Lächelnd läuft er durch die Hallen. In seiner Hand: die Vielfliegerbordkarte von Air Berlin. Der Wahlberliner kommt gerade aus Amsterdam. „Hin bin ich mit der Bahn gefahren.“ Noch ein letztes Mal Air Berlin fliegen. Das will sich der 40-Jährige nicht nehmen lassen: „Ich habe das tatsächlich bewusst so geplant. Dieser Flug, das ist die letzte Gelegenheit.“ 

Wenn Giepmans über seine Erfahrungen mit Air Berlin erzählt, behält er sein Lächeln auf den Lippen. Gegen die Wehmut kann aber auch der gebürtige Niederländer nichts anrichten. „Air Berlin war eine sympathische Airline, die Mitarbeiter immer sehr locker und freundlich.“ Diese dürften auch dem Rentner Roland Bayer gefallen haben: „Air Berlin war sehr verlässlich und der Service immer besser als bei der Konkurrenz.“

Über die Zerschlagung der Fluggesellschaft wird noch immer verhandelt. Seit Wochen laufen Gespräche mit dem britischen Billigflieger Easyjet, bisher aber ohne Erfolg. Mittlerweile ist auch der Ferienflieger Condor mit im Rennen. „Ich gehe davon aus, dass wir da hoffentlich innerhalb der nächsten Tage auch Vollzug melden können“, sagte der Generalbevollmächtigte von Air Berlin, Frank Kebekus, am Freitag im ZDF-Morgenmagazin. Dies könne dazu führen, „dass wir da möglicherweise weitere 1000 Arbeitsplätze anbieten können“.

Eins ist aber klar: Die noch zur Startbahn rollenden Air Berlin-Flieger in Düsseldorf kommen – zumindest unter ihrer jetzigen Flagge – nie mehr zurück. Ein trauriger Tag am Düsseldorfer Flughafen, das findet auch der trotzdem lächelnde Niederländer Giepmans: „Ich hätte nie gedacht, dass man sich mit einer Airline verbunden fühlen kann. Aber das tue ich. Es ist ein Verlust.“

Mit Material von dpa und Reuters.

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