Air Berlin ist insolvent Flugticket gekauft – was nun?

Air Berlin ist pleite – und das zur besten Reisezeit. Vorerst garantiert der Bund mit einem Millionenkredit den Flugbetrieb der Airline. Doch wie lange? Was Pauschalreisende und Ticketbesitzer jetzt wissen sollten.

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Ein Absperrband mit dem Schriftzug airberlin.com ist am 15.08.2017 am Flughafen Tegel in Berlin zu sehen. Die Fluggesellschaft Air Berlin hat Insolvenzantrag gestellt. Foto: Paul Zinken/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Quelle: dpa

Düsseldorf Nach jahrelangen Verlusten ist Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft Air Berlin pleite. Die Fluggesellschaft hat am heutigen Dienstag Insolvenz angemeldet, nachdem ihr Großaktionär und Geldgeber Etihad Airways den Geldhahn zugedreht hatte. Der komplette Flugbetrieb soll mit Hilfe eines 150 Millionen Euro schweren Überbrückungskredits des Bundes vorerst aufrechtgehalten werden. Doch wie lange springt der Staat finanziell ein? Was Pauschalreisende und Passagiere, die sich selber ein Ticket gekauft haben, jetzt wissen müssen.  

Kann ich den Flug mit Air Berlin noch antreten?
Die Bundesregierung zeigt Nachsicht und beruhigt Urlauber und Geschäftsreisende. Mit einem Übergangskredit von 150 Millionen Euro für Air Berlin wollen das Verkehrs- und Wirtschaftsministerium den Flugverkehr zunächst aufrechthalten. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) rechnet damit, dass die Summe für die nächsten drei Monate reicht.

Was tun, wenn die Reise erst später als Mitte November startet?
Ob Air Berlin ab Mitte November noch Flüge anbieten wird, entscheiden die derzeit im Hintergrund laufenden Gespräche mit Übernahmepartnern. Sowohl Lufthansa wie Tuifly könnten Teile der insolventen Airline übernehmen – doch nur dann, wenn Air-Berlin-Großaktionär Etihad für den hohen Schuldenberg geradesteht.

Ist es ratsam, für Flugreisen ab Mitte November Einzeltickets zu buchen?
Eher nicht. Falls Air Berlin in Folge der Insolvenz den Flugbetrieb einstellt, verlieren die Tickets ihre Gültigkeit. Buchungsgäste werden damit automatisch zu Massegläubigern, von ihrem Geld sehen sie meistens nur einen Bruchteil wieder. Fluggäste etwa der Saarbrücker Cirrus Airlines, der spanischen Spanair und der ungarischen Malév, die allesamt 2012 in die Pleite flogen, mussten dies bereits leidvoll erfahren. Gegen eine Insolvenz-Pflichtversicherung der Airlines, die immer wieder von Verbraucherschützern gefordert wird, wehrten sich zuletzt mächtige Fluggesellschaften wie Lufthansa.

Sind auch Pauschalreisen mit Air-Berlin-Flügen riskant?
Nein. Denn anders als beim Einzelverkauf von Flugtickets sind Pauschalreisekunden abgesichert. Auf Anordnung der EU-Kommission gibt es in Deutschland seit Jahren schon von Paketveranstaltern einen Sicherungsschein, der Kunden vor den Folgen einer Insolvenz schützt. Wer im Paket gebucht hat, erhält damit einen Ersatzflug vom haftenden Veranstalter. Ab kommendem Jahr müssen selbst Reisebüros unter bestimmten Voraussetzungen für Airline-Pleiten haften – dann nämlich, wenn sie zusammen mit dem Flugticket ein Hotel oder einen Mietwagen für dieselbe Reise gebucht haben.

Gibt es einen Trick, die Buchungskosten erstattet zu bekommen?
Eine Möglichkeit auf Entschädigung besteht für Passagiere, die zwar bei Air Berlin direkt gebucht, aber als Zahlungsmittel die Kreditkarte genutzt haben, rät das Fluggasthelfer-Portal Airhelp. Denn dann kann der Zahlung unter Umständen widersprochen werden, bevor sie der Airline gutgeschrieben wird. Außerdem besteht die Möglichkeit, belastete Beträge im Insolvenzfall wieder gutzuschreiben. Dazu muss der jeweiligen Kreditkartenfirma ein Dokument zugeschickt werden, das die erfolglose Geldforderung bei der Fluggesellschaft bescheinigt


Experte: Alternativbeförderung sichern oder Flugpreis erstatten

Was ist, wenn der Flug über eine Partner-Airline von Air Berlin gebucht wurde?
Sie stünde im Falle einer Insolvenz in der Verantwortung, sagt Adrian Kreller, Experte beim Fluggasthelfer-Portal Airhelp. Die Airline müsste für eine Alternativbeförderung sorgen oder den Preis für den Flug erstatten.

Gibt es weiterhin Entschädigung bei Flugverspätungen?
Grundsätzlich ja. Von Flugverspätungen oder -ausfällen betroffene Passagiere besitzen weiterhin das Recht auf eine Entschädigungszahlung in Höhe von bis zu 600 Euro. Die Höhe der Entschädigungszahlungen ist dabei abhängig von der Länge der Verspätung am Zielort, der Flugdistanz sowie des Grundes für die Verspätung oder den Ausfall.
Betroffene Passagiere können ihren Entschädigungsanspruch bis zu drei Jahre nach ihrem Flugtermin durchsetzen. Schwierig wird es allerdings, wenn Air Berlin wegen der Insolvenz den Flugbetrieb nach drei Monaten einstellt. Dann wird womöglich nur noch nach einer Quote aus der Insolvenzmasse gezahlt.

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