Air Berlin „Viele sind geschockt und sauer“

Viele Air Berliner haben die Hoffnung auf eine Übernahme zu den bestehenden Tarifbedingungen aufgegeben. Sie würden sich mit einer schlechteren Bezahlung abfinden. Doch sie wollen endlich wissen, wie es weitergeht.

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„Viele von uns sehnen sich endlich nach Klarheit über die eigene Zukunft.“ Quelle: dpa

Frankfurt Die Proteste gibt es noch. Etwa am Montag dieser Woche, unmittelbar vor dem Novotel Berlin am Tiergarten, wo drinnen Air Berlin-Chef Thomas Winkelmann, Sachwalter Lucas Flöther und Generalbevollmächtigter Frank Kebekus über den aktuellen Stand beim Verkauf der insolventen Fluggesellschaft informieren. Doch viele, wahrscheinlich sogar die meisten Air Berliner, sind dabei, sich mit ihrer Situation abzufinden. Das zeigen die Informationsveranstaltungen, die Winkelmann, Flöther und Kebekus am Montag und Dienstag in Berlin, Düsseldorf und Ratingen abgehalten haben.

„Die Anspannung in der Mannschaft ist spürbar. Und natürlich sind viele immer noch geschockt und auch sauer über das, was mit ihnen da geschieht“, beschreibt ein Mitarbeiter die Stimmung. Aber eine total aufgeheizte Atmosphäre, nein, das habe er nicht erlebt. „Viele von uns sehnen sich endlich nach Klarheit über die eigene Zukunft. Dass wir dann wahrscheinlich weniger verdienen werden als bei Air Berlin, damit werden wir uns wohl oder übel abfinden müssen, denke ich.“

Rund 800 Mitarbeiter, aufgeteilt in vier Gruppen, informierten sich nach Angaben eines Air Berlin-Sprechers am Dienstag am Flughafen Düsseldorf über die aktuelle Situation. Für den Nachmittag war eine weitere Versammlung in Ratingen angesetzt. Montagabend waren 400 Air Berliner am Standort Berlin zusammengekommen. Man wolle den Mitarbeitern die Chance geben, ihre Fragen an zentraler Stelle loszuwerden, heißt es in der Unternehmenszentrale. Zu den Details der in den Treffen besprochenen Themen schweigt man.

Doch es dürfte vor allem um die Aussichten für die Belegschaft gegangen sein. Kebekus, Flöther und Winkelmann hatten Montag erklärt, es gebe die Hoffnung, 80 Prozent der über 8000 Jobs bei Air Berlin zu retten. Sie verhandeln dazu exklusiv mit Lufthansa und Easyjet. Über die Bereiche jenseits des Flugbetriebs wie etwa die Air Berlin Technik soll ab dem 6. Oktober gesprochen werden. Hier gilt das Berliner Logistikunternehmen Zeitfracht als ein aussichtsreicher Investor. Dessen Management hat die Übernahme von bis zu 1000 Mitarbeitern angekündigt.

„Jeder hofft nun natürlich, einer von diesen 80 Prozent zu sein“, sagt ein Bodenmitarbeiter. Die Chance, dass die potentiellen Käufer Lufthansa und Easyjet sich doch noch zu einem geregelten Betriebsübergang nach Paragraph 613a bereiterklären, bei dem alle Mitarbeiter zu den bisher geltenden Konditionen übernommen werden müssen, haben aber viele mittlerweile begraben. Sie gehen von einer Neubewerbung aus.

Lufthansa und wohl auch Easyjet haben deutlich gemacht, dass ein Betriebsübergang für sie nicht in Frage kommt. Sie sind zwar bereit, Mitarbeiter zu übernehmen, aber zu den eigenen Konditionen. Die liegen etwa bei den Piloten der Lufthansa-Tochter Eurowings laut der Pilotenvertretung Vereinigung Cockpit um bis zu 30 Prozent unter denen von Air Berlin. „Mit der Übernahme von Flugzeugen, Slots und Streckenrechten geht auch soziale Verantwortung für die Beschäftigten der Air Berlin einher“, mahnt Ingolf Schumacher, VC-Vorsitzender für die Tarifpolitik: „In den bisherigen Gesprächen mit Lufthansa konnten wir ein Bewusstsein für diese soziale Verantwortung leider nicht erkennen. Eine geregelte Übernahme des Air-Berlin-Cockpitpersonals lehnt Lufthansa zu unserem Entsetzen ab.“ Doch ob die VC das noch ändern kann, ist fraglich. Auch Kebekus hatte am Montag noch einmal deutlich gemacht, dass es „einen Betriebsübergang nach 613a nicht geben wird“.

Dennoch wollen viele Air Berliner die Gewerkschaften weiter darin unterstützen, möglichst gute Übernahmebedingungen heraus zu handeln. Viele davon allerdings nicht durch Maßnahmen wie einen wilden Streik. Vor zwei Wochen hatten sich die Piloten der Airline massenhaft als „nicht flugfähig“ gemeldet und viele Flugausfälle verursacht „Die klare Ansage von Herrn Kebekus, dass noch so eine Aktion den gesamten Verkauf und damit die Zukunftschancen aller hier gefährde, hat ihre Wirkung bei vielen von uns nicht verfehlt“, so ein Mitarbeiter.

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