Airline-Studie Das große Geschäft mit den Nebengeschäften

Weltweit nehmen die Fluggesellschaften immer mehr Geld mit Dienstleistungen jenseits des Tickets ein. Die Billig-Airlines sind die Vorreiter, aber traditionelle Anbieter wie Lufthansa lernen dazu – und holen auf.

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Im Flugbetrieb gibt es einen harten Wettbewerb, der die Margen drückt. Quelle: picture alliance/dpa

Frankfurt Die Tankstellen haben es vorgemacht, jetzt ziehen die Airlines nach: Während der Verkauf von Sprit an der Zapfsäule längst nicht mehr die wichtigste Umsatz- und Gewinnquelle bei Tankstellen ist, versuchen nun auch die Fluggesellschaften, neben dem Verkauf von Tickets immer neue Erlösquellen zu erschließen.

Dabei haben die Billigairlines eindeutig die Nase vorn. Ihnen gelingt es am besten, den Fluggästen mehr Geld als nur für das reine Flugticket aus der Tasche zu leiern. Ob Wizz Air, Ryanair und Easyjet in Europa oder Spirit und Frontier Airlines in den USA – die sogenannten Lowcost-Carrier verstehen es prächtig, den vermeintlich billigen Flug durch den Verkauf von Zusatzleistungen wie Versicherungen oder Mietautos teurer und für sie selbst lukrativer zu machen. Doch die traditionellen Netzwerk-Airlines holen auf.

Das ist das Ergebnis der aktuellen Auswertung des Beratungsunternehmens IdeaworksCompany und des Autovermietung-Dienstleisters Cartrawler. Sie werteten die Finanzberichte über hundert Airlines aus und befragten 66 Fluggesellschaften detailliert. Danach hat die Lufthansa-Tochter Eurowings im vergangenen Jahr 229 Millionen US-Dollar mit den sogenannten „Ancillary Revenues“ eingenommen. Das sind immerhin zehn Prozent des Gesamtumsatzes des Lufthansa-Billigablegers. Dennoch schafft es Eurowings im Cartrawler-Ranking damit nur auf Platz 30.

Denn der Abstand zu den Pionieren dieser Nebengeschäfte ist noch groß. Die US-Fluggesellschaft Spirit etwa erlöst bereits gut 46 Prozent ihres Umsatzes mit den Nebengeschäften. Fast 50 Dollar gibt ein Passagier bei Spirit zusätzlich aus. Bei Eurowings sind es gut zwölf Dollar, bei Lufthansa insgesamt 14,71 Dollar.

Für die Airlines sind die Zusatzerlöse überlebenswichtig. Im Flugbetrieb tobt ein harter Wettbewerb, der die Margen drückt. Jeder Euro, jeder Dollar, der zusätzlich verdient werden kann, ist wichtig. Gemeint sind damit Gebühren etwa für das Gepäck, der Verkauf von Waren an Bord, Provisionen für das Vermitteln von Hotels oder Mietwagen aber auch der Verkauf etwa von Versicherungen.

Cartrawler und Ideaworks haben errechnet, dass die 66 befragten Fluggesellschaften damit im vergangenen Jahr in Summe stattliche 44,6 Milliarden Dollar erlöst haben, knapp zehn Prozent des Umsatzes und ein Plus von 8,7 Prozent gegenüber 2015.

Und bei der Entwicklung neuer Geschäftsideen werden die Airline-Manager immer kreativer. Easyjet etwa bietet den Kunden in der eigenen Airline-App die Option an, kurzfristig am Reisetag selbst umzubuchen – für 15 Euro. AirAsia wiederum vermietet Sportausrüstungen, etwa für jene Urlauber, die ihre sperrigen Gerätschaften nicht mitnehmen wollen.

Gleichzeitig gleichen sich die Ideen von Billig-Anbietern und Netzwerk-Airlines immer stärker an. Letztere gehen dazu über, für jede Sonderleistung eine Gebühr zu verlangen, wie es die Billigheimer seit Jahren schon machen. Die wiederum kopieren Umsatzquellen der Netzwerk-Anbieter. So hat AirAsias Langstrecken-Ableger AirAsiaX in Kuala Lumpur eine Flughafenlounge eröffnet, benutzbar natürlich gegen Gebühr. Die Airline hat damit mit der Tradition klassischer Billig-Anbieter gebrochen, auf jeglichen Firlefanz beim Fliegen zu verzichten.

Vor allem digitale Technologien befeuern neue Geschäftsideen. Personalisierte Angeboten auf dem Smartphone schaffen ganz neue Möglichkeiten für Dienstleistungsangebote. Zudem helfen Erfahrungen aus dem Handel bei neuen Ideen.

Dort wissen die Experten etwa, dass Menschen mehr kaufen, wenn sie anderen beim Einkaufen zuschauen. Deshalb zeigen große Webshops an, wie viele Kunden sich dieses Angebot gerade ansehen und was sie sonst interessiert.

Selbst über den Wolken funktioniert dieser Mechanismus. Pedro Gardete von der Stanford Graduate School of Business fand heraus, dass Fluggäste, die anderen beim Einkaufen an Bord zusehen, selbst Lust aufs Shoppen bekommen. So wird es vermutlich nicht mehr lange dauern, bis Airlines Informationen über aktuelle Käufe an Bord in digitalen Bestellsystemen anzeigen, die in die Bildschirme im Sitz integriert sind.

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