Aldi Edel in Australien, billig in Deutschland

Mit Edel-Filialen will Aldi in Australien Kunden gewinnen. Warum die Down-Under-Strategie sinnvoll ist – und wie die Chancen für einen Deluxe-Aldi in Deutschland aussehen.

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In Australien möchte Aldi weg vom Billig-Image Quelle: PR

In Australien steht die Welt Kopf: Aldi macht auf edel. In vier Filialen an der Ostküste verfolgt der Händler testweise bei Ausstattung und Angebot eine neue Strategie: Die Gänge sind hell und breit. Das Obst-Sortiment ist überraschend groß und liegt in hölzernen Ablagen statt in billig wirkenden Plastikwannen.

In Grundzügen sei das typische Aldi-Design zwar immer noch zu erkennen, berichtet die Branchen-Seite supermarktblog.com. Abgesehen vom gefliesten Boden und Neon-Röhren an der Decke ist auf den veröffentlichten Fotos davon aber nur wenig zu sehen.

Eigentlich ist Aldi mit dem Gegenteil groß geworden: Die Auswahl vergleichsweise klein, der Service kaum vorhanden. Die Ausstattung der Läden wird möglichst auf ein Minimum reduziert. Das spart Geld: Die Kosten für eine Aldi-Filiale sollen um ein Drittel geringer sein als die für einen normalen Supermarkt. 

Auch die Vereinheitlichung spart Kosten: Deutschlandweit ähneln die Läden einander. Alle sind gleich aufgebaut, damit der Kunde stets dieselben Produkte nach dem gleichen Muster shoppt.

Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands

Das „Prinzip des Weglassens“ hat Aldi nicht nur zur Nummer 1 in Deutschland gemacht. Es ist ein Export-Schlager. Aldi Nord und Süd betreiben in je neun Ländern rund 10.000 Filialen weltweit. Derzeit schicken sich Deutschlands Vorzeige-Discounter an, Mallorca und Italien zu erobern.

In Großbritannien mischt Aldi derzeit die Supermarkt-Landschaft auf und nimmt Branchengrößen wie Tesco, Asda und Sainsbury immer mehr Kunden weg. Seit rund 20 Jahren sind die Discounter auf der Insel aktiv, seit der Wirtschaftskrise 2008 wächst das Geschäft rasant. Die günstigen Preise lassen die Engländer ihre einstige Abneigung gegen die spartanischen Geschäfte offenbar vergessen. Natürlich hat Aldi seine Produktpalette im Laufe der Zeit angepasst. Zu Deutsch darf es dann auch nicht sein. Große Schilder preisen etwa die heimischen Fleisch-Produkte von der Insel an. Im Kern aber hat sich wenig geändert.

Gegen das Konzept der deutschen Billigheimer hat die Konkurrenz im Ausland bislang kein Mittel gefunden. Dass Aldi jetzt ausgerechnet in Australien einen anderen Kurs ausprobiert, hat dennoch gute Gründe.

Die größten Discounter der Welt 2014

Schon 2001 eröffnete Aldi eine erste Filiale in Australien und legte ein rasantes Wachstum vor. Heute gibt es rund 350 Geschäfte, weitere sind geplant. Im Kampf gegen die heimischen Größen Coles und Woolworths verfolgte Aldi bisher die bewährte Strategie: Der Händler unterbot die Preise der Konkurrenz, richtete sich gezielt an eine einkommensschwächere Kundschaft.

Damit hat es der Discounter in die Top 5 der Branche gebracht: Nach Schätzungen der Marktforscher von Moody’s kommt Aldi in Australien derzeit auf einen Marktanteil von acht Prozent, Woolworths auf 37, Coles auf 26 und Metcash auf elf Prozent. Beim Zuwachs stehen die Deutschen ganz vorne: Sie gewinnen Marktanteile auf Kosten der Konkurrenz.

Doch die Kundschaft mit einem niedrigen Einkommen wird weniger. Wie die Nachrichtenseite news.com.au berichtet, geht die Zahl der Haushalte mit geringem Einkommen seit Jahren zurück. Die der Besserverdiener steigt an.

Aldis Wandel in Deutschland

Will Aldi sein Wachstumstempo also beibehalten, muss es der veränderten Kaufkraft Rechnung tragen – und sich auch an Kunden richten, die bereit sind, mehr zu zahlen. Wie der "Business Insider" im März berichtete, hat Aldi zuletzt in Australien mehr Markenprodukte wie Nescafe ins Portfolio aufgenommen, das Angebot an Gemüse, Fleisch und Brot wurde überall ausgebaut.

Und in Deutschland? Die rasanten Wachstumszeiten für die Billigheimer sind vorbei. Es gibt bereits so viele Filialen, dass Expansion in der Fläche kaum noch möglich ist. Zugleich steigt auch in Deutschland bei vielen Kunden der Wunsch nach Qualität. Mit dem Versprechen, dass Produkte gesund, regional oder bio sind, machen zum Beispiel Rewe und Edeka gute Geschäfte. Die Folge: Laut den Konsumforschern der GfK verloren die Billiganbieter Aldi und Lidl im vergangenen Jahr gegenüber den klassischen Supermärkten an Boden.

Lidl hat darauf bereits deutlich reagiert und investiert derzeit viel, um sowohl das eigene Image als auch die Filialen aufzumöbeln. Das Handelsunternehmen will weg vom reinen Billigheimer hin zum großzügigen Nachbarschaftsladen irgendwo zwischen Supermarkt und klassischem Discounter. Schöne Läden und frische Ware sollen neue Kunde bringen.

Auch Aldi hat in den vergangenen Jahren am Konzept gearbeitet. Das beginnt beim Produktangebot: Zwar gibt es bei Aldi Produkte noch immer zum extremen Niedrigpreis. Bei Grundnahrungsmitteln setzt der Discounter mit Konkurrent Lidl die Preisgrenze häufig nach unten. Trotzdem finden sich in den Aldi-Regalen mit dem Label „Premium“ beworbene Produkte. Champagner und Lachs im Regal sind kein Versehen. Und längst stehen neben Eigenmarken auch die von namenhaften Herstellern, Coca Cola neben River Cola.

Seit 2012 steckt Aldi zudem Milliarden in die Modernisierung der älteren Filialen. Daraus werden längst keine Edel-Filialen wie in Australien. Sie entfernen sich aber von der Lagerhalle-Atmosphäre der früheren Geschäfte, in denen alle Produkte noch aus dem Pappkarton verkauft wurden.

Dass Aldi In Deutschland tatsächlich vom Discounter zum Edel-Supermarkt mutiert, ist mehr aus unwahrscheinlich. Mit seiner derzeitigen Positionierung macht Aldi noch immer sehr gute Geschäfte. Und schon jetzt ist der Kampf im Lebensmittelhandel knallhart. Im gehobeneren Segment lassen Edeka und Rewe wenig Platz für Vorstöße.

So sind auch die bisherigen Ansätze Image und Produktpalette aufzuwerten eher als Strategie zur Bestandswahrung denn als Maßnahme zur großen Kundengewinnung zu bewerten.

Den Versuch, Supermärkten tatsächlich Kunden streitig zu machen, wertet eine Analyse des Marktforschungsinstituts GfK jedenfalls als wenig erfolgreich. „Zwar haben die Discounter in den letzten Jahren durch ihre Sortimentspflege viel für die Attraktivität getan“, urteilen die Experten. „Die Massen sind ihnen aber deshalb nicht zugelaufen.“

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