Aldi Süd Warum Aldi die Edel-Offensive braucht

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Wird Aldi jetzt zum Supermarkt?

„Solange der Markenkern erkennbar bleibt, halte ich die Strategie für sinnvoll“, sagt Klaus-Dieter Koch, Gründer der Managementberatung Brandtrust und Markenexperte. Von Fremdähnlichkeit spreche man in diesem Zusammenhang – Aldi passt sich Marktführer Edeka an, der dem Discounter mit seiner Mischung aus Markenprodukten und günstigen Eigenmarken in der Vergangenheit immer mehr Kundschaft abknöpfte. „Auf diese Weise Marktanteile zurückzugewinnen kann durchaus gelingen – das ist alles eine Frage der Dosierung.“

Im besten Fall schwappt das wertige Image der Markenprodukte auf den Discounter über – aber das sollte nur bis zu einem gewissen Maß passieren. „Sonst verlieren die Discounter das Billig-Image, das für sie wesentlich ist“, sagt Georg Felser, Professor für Markt- und Konsumpsychologie an der Hochschule Harz.

Zudem bringt der Schwenk die Gefahr mit sich, dass Rewe oder Edeka zumindest zeitweise Markenprodukte günstiger anbieten als Aldi. Damit einher geht ein zunehmendes Risiko, das Image als Preisführer zu verlieren.

Wie Aldi mit neuem Filial-Design den Umsatz steigern will
Die Vorführ-Filiale bietet viel Tageslicht, breitere Gänge, viel Holz. Obst und Gemüse werden präsentiert wie an einem Marktstand. Quelle: obs
Lars Linscheid, Geschäftsführer der ALDI SÜD Regionalgesellschaft Ebersberg und Jeannette Thull, Geschäftsführerin Zentraleinkauf, bei der Vorstellung der Filiale der Zukunft in München-Unterhaching. Quelle: obs
Journalisten filmen am 11.05.2016 in Unterhaching (Bayern) die neu gestaltete Aldi-Filiale. Vor allem die Präsentation von Obst und Gemüse soll ansprechender werden. Quelle: dpa
Doch die Pappfigur von "Frau Weber", die um Aldi-Nachwuchs wirbt, gehört weiter zum Inventar des Discounters. Quelle: dpa
Wenn nicht Aldi drauf stünde, könnte man fast glauben, in einem Supermarkt von Rewe oder Edeka zu sein. Quelle: dpa
Das Sortiment, hier die Wurst- und Fleischwaren, bleibt im Wesentlichen das selbe. Quelle: dpa
Die größte Veränderung betrifft die Präsentation des Obstes und Gemüses, die an einen Wochenmarkt-Stand erinnern soll. Quelle: dpa

„Jeder, der auf die Preise schaut, weiß, dass der Aldi-Preis von anderen Anbietern mittlerweile häufig unterboten wird“, sagt Felser. Die Einführung von Markenprodukten, deren Preise die Kunden relativ gut kennen, zeige aus seiner Sicht auch, dass die Erwartung der Konsumenten, sie könnten nirgendwo billiger einkaufen als bei Aldi, mittlerweile brüchig ist. „Diese Erwartung muss Aldi wieder neu aufbauen und pflegen.“

 

Was droht Aldi, wenn es das Billig-Image verliert?

Sollte Aldi mit der Premiumstrategie zu weit gehen, dürfte das für den Discounter zu Problemen führen. „Dann gleicht sich Aldi Rewe und Edeka zu sehr an und markiert in der Folge keinen relevanten Unterschied mehr“, sagt Koch von BrandTrust. Die Folge: Aldi büße seine klare Markenpositionierung ein. „Und der Kunde geht lieber zum Original.“

Zumal Edeka und Rewe Aldi in diesem Bereich mit ihren Preiseinstiegsmarken angreifen. „Gut & Günstig wird momentan wieder intensiv beworben“, sagt Fassnacht. „Die Botschaft, die dahinter steckt, lautet: Bei uns könnt ihr genau so günstig einkaufen wie bei Aldi.“ Die Folge: Ein Abnehmen der Kundenfrequenz, des Umsatzes und des Gewinns.

 

Was bedeutet das für die Supermärkte?

Für die Supermärkte bedeutet die Markenoffensive Aldis zusätzlichen Druck. 2015 etwa hatte Aldi mit der Einlistung von Red Bull dafür gesorgt, dass Konkurrent Lidl, aber auch der restliche Handel, mit den Preisen für die Energiebrause runtergehen musste.

Aus Sicht von Markenexperte Koch steckt Kalkül dahinter. „Es geht Aldi immer darum, taktische Vorteile gegenüber Edeka und Rewe erzwingen.“ Zudem wolle der Discounter bewusst Unruhe zwischen den Markenproduzenten und den Wettbewerbern stiften. 

Wie Aldi groß wurde

 

Was haben die Markenhersteller davon?

Aldi Nord und Süd nehmen mit den Markenprodukten von Unilever – von Knorr Fix über Langnese-Eis hin zu Duschdas – einen der letzten großen Markenproduzenten in ihre Regale auf, wie die „Lebensmittel Zeitung“ berichtet.

Auf den ersten Blick ist das überraschend. Noch im vergangenen Jahr hatte Ulli Gritzuhn, Deutschlandchef von Unilever, den Preiskampf im deutschen Einzelhandel kritisiert - insbesondere die Rolle von Aldi. „Der Wahnsinn muss ein Ende haben“, sagte er gegenüber der „Welt“. Die Preiskämpfe auf Kosten der Markenhersteller könnten die Unternehmen auf Dauer nicht verkraften.

Aus Kochs Sicht ist solche Kritik lediglich Kalkül: „Markenhersteller kriegen einen Riesenärger mit Edeka und Rewe, wenn sie sich bei Aldi listen lassen.“ Für die Hersteller sind dagegen Aldis rund 4000 Filialen interessant. „Hersteller wie Unilever sind sehr daran interessiert, im Discounter zu landen.“ So können sie sich neben Rewe und Edeka ein weiteres Standbein aufbauen können. „Dadurch sinkt die Erpressbarkeit.“

Und auch finanziell lohnt es sich vielfach, so Koch: „Mir sind Fälle bekannt, wo Lieferanten lieber Aldi beliefern.“ Dort gäbe es im Verhältnis zum Volumen deutlich bessere Margen.

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