Aldi und Lidl sehen erneuten Nachfrageanstieg Die Corona-Hamster sind zurück

Im Frühjahr blieben viele Regale in den Supermärkten leer.  Quelle: dpa

Der Absatz von Toilettenpapier gilt als Indikator für die Nervosität der Verbraucher in der Coronakrise. Steigen mit den Infektionszahlen nun auch Vorratskäufe wieder an?

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Wochenendeinkauf in Köln-Ehrenfeld: An der Einkaufswagenstation auf dem Aldi-Parkplatz herrscht Gedränge. „Das ist ja wie im Lockdown“, sagt ein junger Mann zu seiner Begleiterin. Ein Kunde, der seinen Wagen gerade zurückschiebt, meint nur: „Klopapier wird auch schon wieder knapp“. Im Laden selbst scheint es zwar etwas voller zu sein als üblich, die Kunden packen reichlich Ware auf die Kassenbänder. Doch von leergefegten Nudel-, Mehl- und Konserven-Regalen wie im Frühjahr ist nichts zu sehen. Allerdings: Die Stapel mit Toilettenpapier lichten sich teils bedenklich. Und das beschränkt sich nicht auf die Aldi-Filiale am Kölner Markt. „Aktuell verzeichnen wir in unseren Filialen erstmals wieder einen leichten Anstieg der Nachfrage nach vereinzelten Produkten, darunter auch Toilettenpapier“, bestätigt Aldi Süd.

Aus den Reihen des Konkurrenten Lidl heißt es: „In einigen Regionen und Filialen verzeichnen wir vereinzelt eine leicht erhöhte Nachfrage in unserem Hygienesortiment. Auf eine Veränderung der Sachlage sind wir jedoch gut vorbereitet und können durch angepasste Maßnahmen schnell reagieren, um die Filialen mit ausreichend Ware zu versorgen.“

Aus Wuppertal gibt es bereits Berichte über „erneute Hamsterkäufe“. Ein massiver Anstieg bei der Nachfrage nach Küchenrollen, Toilettenpapier und haltbaren Lebensmitteln wie Mehl und Nudeln sind einem dortigen Edeka-Kaufmann jüngst aufgefallen. „Dies ist nicht nur bei uns der Fall. In anderen Geschäften sieht es ähnlich aus“, wird er zitiert. 

Wertet man den Absatz der Papierrollen als einen Indikator für die Nervosität in der Coronakrise, scheint mit den Infektionszahlen tatsächlich auch die Unruhe der Verbraucher zu steigen. Zu Beginn der Coronakrise waren die Umsätze mit Toilettenpapier in Drogerien, größeren Supermärkten und sogar im Großhandel rasant in die Höhe geschnellt. In der zweiten Märzwoche etwa lag der Umsatz um 135 Prozent höher als in der Vergleichswoche 2019, wie aus Zahlen des Marktforschers Iri hervorgeht. Vielerorts waren die Rollen ausverkauft. Neben der generellen Bevorratung mit Toilettenpapier dürfte auch der Wechsel vieler Beschäftigter ins Homeoffice die Knappheit verstärkt haben, da für Büors andere Lieferstrukturen bestehen. 

Danach ging es jedoch steil bergab mit der Nachfrage, ehe sich die Zahlen im Juli wieder stabilisierten. Trotzdem lagen die Umsätze in der zweiten Septemberwoche noch immer um rund neun Prozent unter dem Wert der Vergleichswoche 2019. Ändert sich das nun wieder? 

„Es könnte zu erneuten Hamsterkäufe kommen“

Handelsketten wie Kaufland, dm oder Rewe können ein verändertes Nachfrageverhalten nicht bestätigen. Es gebe „nichts Neues von der Verkaufsfront“, heißt es bei der Supermarktkette Rewe. „Der Abverkauf bei Toilettenpapier“ sei auf dem exakt gleichen Niveau wie in der Vorwoche. Auch die Drogeriekette dm sieht weiterhin „keine Anzeichen für Bevorratungseinkäufe“ und Kaufland vermeldet „derzeit keine Hamsterkäufe“.

„Es könnte natürlich zu erneuten Hamster-Käufen kommen“, sagt indes Handelsexperte Dominick Overbeck vom Marktforscher Iri mit Blick auf eine zweite Pandemie-Welle. Gleichzeitig könne es jedoch sein, dass die Verbraucher aufgrund der Erfahrungen in der ersten Welle keine Versorgungslücken befürchteten und deshalb auf eine ständige Verfügbarkeit vertrauten. In jedem Fall dürften Verbraucher schnell auf mögliche Einschränkungen reagieren und ihr Kaufverhalten anpassen. So wird bei Google inzwischen wieder verstärkt nach Corona-typischen Produkten wie Masken, Fieberthermometer und Stay-Home-Produkten wie Puzzlespielen gesucht. 


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Nach dem Wochenende wurden bei Aldi in Köln-Ehrenfeld die Bestände indes wieder aufgestockt. Für Hamsterkäufe gebe es ohnehin „keinerlei Anlass“, teilt der Discounter mit. Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Monate würde man Nachfrageschwankungen sehr genau beobachten, um etwaige Lieferengpässe vermeiden zu können. „Grundsätzlich sind wir auf eine steigende Nachfrage vorbereitet und erwarten derzeit keine Einschränkungen bei der Verfügbarkeit.“

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