Alexej Mordaschow Die erstaunlichen Investments des russischen TUI-Oligarchen

Der russische Milliardär Alexej Mordaschow verdankt sein auf 16,8 Milliarden Euro geschätztes Vermögen russischen Stahl- und Goldwerken. Quelle: imago images

Der russische TUI-Investor Alexej Mordaschow hat während der Pandemie sein Vermögen vermehrt. Die Wette auf eine rosige Zukunft des Reisekonzerns fiel deshalb leicht – doch um Geld allein geht es dem Milliardär nicht. 

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In seinem Leben hat Alexej Mordaschow schon mehrfach riesige Geldsummen verbrannt. Vor allem bei Investitionen im Ausland hatte der russische Milliardär, der sein geschätztes Vermögen von 16,8 Milliarden Euro russischen Stahl- und Goldwerken verdankt, kein glückliches Händchen. Stahlhütten in den USA und Italien, amerikanische Kohlegruben, Erzminen in Brasilien: Vieles davon musste Mordaschow unter Kaufwert wieder abstoßen oder gar vollständig abschreiben. Noch im vergangenen Jahr gab sich der Milliardär selbstkritisch. „Ein Meer von Fehlern“ habe er gemacht, sagte er bei einem Auftritt in Moskau. Rückblickend, so Mordaschow, habe es viele Signale und Indikatoren gegeben, die ihn von manchen Investitionen hätten abhalten müssen.

Die aktuelle Krise konnte der Russe beim bestem Willen nicht kommen sehen. Umso bitterer dürfte es für ihn sein, dass die grassierende Coronapandemie nun auch den Reisekonzern TUI an den Rande des Ruins treibt. Mordaschow hält rund ein Viertel der Anteile an TUI. Der Konzern ist seine größte verbliebene Beteiligung im Ausland. Reisesperren, Beherbergungsverbote und Quarantäneregeln sorgten dafür, dass der Umsatz fast vollständig kollabiert ist, während viele Kosten weiterlaufen. Vergangene Woche dann wurde bekannt, dass Mordaschow mit rund 130 Millionen Euro frischen Investitionen bei einer Kapitalerhöhung zur Rettung des Unternehmens mitgehen will. Auch der Bund beteiligt sich mit 700 Millionen Euro an stillen Einlagen sowie weiteren Krediten in Milliardenhöhe über die staatliche KfW-Bank.

Gleichwohl fragt sich so mancher Finanzexperte in Russland, ob es für den russischen Oligarchen nicht besser gewesen wäre, wie schon bei früheren Investments irgendwann die Reißleine zu ziehen. Zumal Mordaschow selber bisher wenig Konkretes gesagt hat, wie es mit TUI nach der Rettung aus seiner Sicht weitergehen soll. Vor wenigen Tagen ließ der Oligarch lediglich verlautbaren, er stehe weiter zu TUI und halte das Geschäftsmodell für zukunftsfähig.

Das aktuelle Geschäftsjahr beendet die Tui mit einem Milliardenverlust – und am Rande der Insolvenz. Dabei zeigt die neue Bilanz nicht einmal das ganze Ausmaß der Krise.
von Rüdiger Kiani-Kreß

Vor allem zwei Faktoren dürften jedoch für Mordaschow den Ausschlag für eine TUI-Rettung gegeben haben. Sollte diese gelingen, dürfte er als größter Privatinvestor auch zu den größten Profiteuren der Hilfsaktion gehören. Schließlich wird seine TUI-Beteiligung durch die Finanzspritze aller Voraussicht nach auf mindestens 30 Prozent oder noch höher ansteigen. Zudem hat Mordaschow derzeit einfach auch den nötigen finanziellen Spielraum, weil sein restliches Imperium die weltweite Krise bisher gut weggesteckt hat.

Nach den Fehlern der Vergangenheit hat Mordaschow in den vergangenen Jahren sein Konglomerat verkleinert und profitabler gemacht. Der Gewinn von Mordaschows russischem Stahlkonzern Sewerstal lag im vergangenen Jahr vor Steuern bei 2,3 Milliarden Euro, etwa so viel wie vor zehn Jahren, als der Umsatz noch fast doppelt so hoch gewesen ist. Zwischen Januar und September 2020 blieb bei Severstal trotz Umsatzeinbruch ein Reingewinn von 520 Millionen Euro. Auch die russische Wirtschaft hat sich wegen der äußerst zurückhaltenden Corona-Einschränkungen der Moskauer Regierung zuletzt wieder besser entwickelt. Jüngst schätzte Sewerstal den Rückgang der Stahlnachfrage in Russland für 2020 nur noch auf fünf statt neun Prozent.

Nordgold, der zweite große Geldbringer von Alexej Mordaschow, hat sich in der aktuellen Krise ebenfalls gut geschlagen. Die Produktion ist im laufenden Jahr um acht Prozent gestiegen, während der durchschnittliche Verkaufspreis für eine Unze Gold nach Angaben des Unternehmens um 27 Prozent zugelegt hat. Der Gewinn hat sich im ersten Halbjahr des Jahres sogar verdreifacht auf 180 Millionen Euro

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von Rüdiger Kiani-Kreß

Gute Nachrichten kommen darüber hinaus aus anderen Branchen, in denen Mordaschow mitmischt. Etwa aus dem Einzelhandel oder der Medizin. Erst vor wenigen Wochen rühmte sich der Milliardär in einer Videokonferenz mit russischen Wirtschaftsvertretern, dass es seinen Unternehmen trotz Corona größtenteils gut gehe. „In der Pandemie hat sich die Diversität der Investitionen als gerechtfertigt erwiesen“, sagte Mordaschow. „Zusammen gelingt das Überleben leichter.“ Die Agentur Bloomberg schätzte jüngst, dass Mordaschow sein Vermögen im Krisenjahr 2020 um 400 Millionen Euro aufgestockt hat. Wenn TUI sich im kommenden Jahr wie erwartet berappelt, dürfte dieser Wert noch weiter wachsen.

Doch um Geld allein geht es dem russischen Oligarchen und seiner Familie im Fall TUI nicht. Es geht auch darum, die eigenen Aktiva möglichst außerhalb der russischen Landesgrenzen zu streuen. Viele reiche Russen sichern sich so gegen mögliche wirtschaftliche oder gar politische Probleme in der Heimat ab. Jüngstes Beispiel ist etwa die Übernahme der Real-Filialen von Milliardär Wladimir Jewtuschenkow und seinem Sohn in Deutschland.


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Für Mordaschow bleibt TUI neben den Goldminen das größte noch verbliebene Auslandsinvestment. Und kaum ein Wirtschaftsexperte in Moskau glaubt, dass der Einstieg eines russischen Oligarchen bei einem anderen europäischen Konzern von TUIs Größenordnung heute angesichts der politischen Eiszeit zwischen Russland und dem Westen noch ein Mal gelingen würde. Zumal auch Mordaschow, wie Oligarchen-Kollege Jetwuschenkow bereits an die Zukunft seiner Kinder denkt. Nicht umsonst hat der Russe im vergangenen Jahr rund 65 Prozent seiner Anteile an Nordgold und TUI an seine Söhne Kirill (20) und Nikita (21) übertragen. Noch stecken beide im Studium, doch irgendwann werden sie die einstigen Beteiligungen ihres Vaters selber verwalten.

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