Amazon, Alphabet, Microsoft Kampf der Online-Titanen verschärft sich

Die Wall Street ist nach dem Abheben der Amazon-Aktie sprachlos. Doch Google und Microsoft schießen sich auf Amazons wichtigstes Wachstumsfeld ein. Die Übernahme von „Whole Foods“ könnte da auf einmal zum Problem werden.

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Amazon Quelle: REUTERS

Es war der Tag, an dem die Tech-Branche die Weltherrschaft erklärte. Amazon, Microsoft und Google überzeugten am Donnerstag mit Quartalszahlen, die die Analystenerwartungen weit übertrafen. Nachbörslich gab es an der Wall Street kein Halten mehr.

Nachdem Amazon ein Umsatzplus im dritten Quartal um 34 Prozent auf 43 Milliarden Dollar bekanntgegeben hatte, zog die Aktie des Konzerns zeitweilig um rund acht Prozent auf 1050 Dollar an. Das lag auch daran, dass der Nettogewinn leicht zulegte, statt zu sinken, wie von Analysten befürchtet worden war.

Google steigerte seinen Umsatz um 24 Prozent auf 27,77 Milliarden Dollar, die Aktie legte rund drei Prozent zu und lag zwei Dollar über der 1000-Dollar-Marke. Microsoft hatte schon während des Börsenhandels in den USA erstmals seit dem dot.com-Crash im Jahr 2000 einen Börsenwert von 600 Milliarden Dollar überschritten. Nachbörslich schob sich die Aktie weiter bis auf 82,24 Dollar vor, ein Plus von über vier Prozent.

Das Triumvirat aus Alphabet (Google), Amazon und Microsoft, regiert die Szene. Obwohl sie alle in unterschiedlichen Branchen gestartet sind, bringt die Konzerne heute eine gewaltige Marktverschiebung zusammen und lässt sie zu erbitterten Gegnern um die Marktführerschaft werden: Cloud-Computing und seit rund zwei Jahren die dramatisch an Bedeutung gewinnende künstliche Intelligenz.

Beides krempelt in den nächsten Jahrzehnten die komplette Weltwirtschaft um. Die Gewinnausweise der Konzerne wurden auch deshalb mit Spannung erwartet, weil sie ein Indiz dafür geben, ob die anhaltende Hausse bei Technologieaktien an der Wall Street noch andauern könnte.

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Amazon ist mit Abstand der größte Kämpfer im Cloud-Computing-Ring, und nicht nur das. Die Tochter AWS, in der dieses Segment gebündelt ist, bestreitet im Grunde alleine den Nettogewinn des Konzerns. Im abgelaufenen Quartal erwirtschaftete AWS einen Betriebsgewinn von 1,17 Milliarden Dollar, während der Rest von Amazon 824 Millionen Dollar Verlust schrieb. Der Umsatz der Cloud-Sparte legte dabei gegenüber dem Vorjahresquartal rund 41 Prozent auf 4,58 Milliarden Dollar zu. Das ist allerdings weniger Zuwachs als im Quartal zuvor. Es setzt eine Ermüdung ein.

Ein Grund dafür könnte die massive Konkurrenz durch Microsoft und Google sein. Microsoft hat die „vor zwei Jahren gesetzte Zielmarke von einer ‚run rate‘ beim kommerziellem Cloud-Umsatz von 20 Milliarden Dollar in diesem Quartal überschritten“, strich Microsoft-Chef Satya Nadella im Gespräch mit Analysten heraus.

Die „run rate“, beschreibt die auf zwölf Monate gerechnete Umsatzentwicklung, ohne dass weiteres Wachstum eingeplant wird. Die Erreichung dieses Ziels war ursprünglich für das Ende des Finanzjahres 2018 geplant, also Ende Juni 2018.

Google ist ähnlich optimistisch, nach zwei vergeblichen Anläufen in der Cloud endlich Fuß fassen und Amazon angreifen zu können: „Kunden erzählen uns, sie wechseln zu Google Cloud wegen unserer Fähigkeiten bei der Datenanalyse und unserem Versprechen, eine offene Plattform zu sein“, sagte Google-CEO Sundar Pichai am Donnerstag. Der Konzern stellte klar heraus, die Cloud habe oberste Priorität.

Konsequenzen für Amazon?

Google ist allerdings mit Abstand der intransparenteste Spieler in diesem Markt, es gibt keine genauen Zahlen. Marktforscher sehen Google als mit großem Abstand dritter hinter Microsoft, die Amazon schon dicht auf den Fersen seien. Daniel Liu vom Marktforscher Canalys schreibt zum weltweiten Markt für Cloud-Infrastruktur von 14,4 Milliarden Dollar am Donnerstag: „Amazon wächst mit 42 Prozent weiter. Aber Microsoft mit plus 90 Prozent und Google mit plus 76 Prozent holen auf und schließen die Lücke. Selbst IBM gewinnt an Fahrt.“

Was bedeutet das für Amazon? Zum einen wächst die Gefahr weiterer Preiskämpfe bei Cloud-Angeboten. Außerdem könnte sich der Kauf des Lebensmittel-Einzelhändlers Whole Foods zum Problem entwickeln. Die gesamte Weltwirtschaft ist auf dem steinigen Weg der digitalen Transformation und da stellt sich für viele Manager die Frage, ob sie ihre gesamte digitale Basis bei einem Unternehmen haben sollten, das im Handumdrehen zu ihrem größten Konkurrenten werden könnte.

Amazon hat nicht nur den Buchhandel, den Musikvertrieb und nun den Lebensmittelhandel auf den Kopf gestellt. Auch der Einstieg in die Medikamentenauslieferung soll bereits geplant sein, zum Beispiel mit der Einrichtung von Apotheken in Lebensmittelmärkten.

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Im abgelaufenen Quartal hat Whole Foods 1,3 Milliarden Dollar zum Amazon-Umsatz beigetragen und 21 Millionen Dollar Betriebsgewinn generiert. Der Lebensmittelhandel ist ein Geschäft mit dünnen Margen.

Doch Jeff Bezos ist sicher, er kann diese Doppelstrategie fahren, ohne eines seiner Geschäftsfelder zu beschädigen. Deshalb investiert er weiter ohne Rücksicht auf Verluste. Investitionen in Anlagen und Immobilien auf Basis von Finanzleasing, überwiegend Datencenter für AWS, wuchsen um 65 Prozent auf 2,26 Milliarden Dollar und damit weit stärker als Umsatz oder Gewinn im Konzern.

Und Bezos macht sich außerdem neue Feinde. Amazons Finanzvorstand Brian Olsavsky erklärte im Analystengespräch: „In der Sparte ‚Anderes‘ wachsen die Werbeumsätze schneller als alle anderen Bereiche.“ „Anderes“ ist bei Amazon um 58 Prozent gewachsen und die Online-Werbung zielt genau gegen Google, wo praktisch noch immer das gesamte Geld mit Werbung verdient wird.

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Für das laufende vierte Quartal des Geschäftsjahres prognostizieren alle Spieler weiteres Wachstum. Amazon rechnet mit einem Nettoumsatz von 56 bis 60,5 Milliarden Dollar, was stark durch den Zukauf von Whole Foods beeinflusst wird. Der Betriebsgewinn wird in einer Spanne von 300 Millionen bis 1,65 Milliarden Dollar angegeben. Im Vorjahresquartal waren es 1,3 Milliarden Dollar.

Die Aktionäre jedenfalls scheinen daran nichts auszusetzen zu haben.

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