Amazon Echo, Dash-Buttons und Co. Shopping für alle, die zu faul für den Onlinekauf sind

Dank Amazon und Co. ist jede ersehnte Ware nur wenige Mausklicks entfernt. Doch es soll noch schneller und einfacher gehen. Daran arbeiten der Handelsriese und die Konkurrenz. Technologien, die unser Einkaufen verändern.

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Handelsriese Amazon baut eigenes Ökosystem
Blick ins Grüne: Die Biosphäre ist vor allem mit Pflanzen bestückt, die in Bergregionen wachsen. So soll das Klima in den Glaskugeln angenehm bleiben. (Grafik: NBBJ)
Der Entwurf der Architekten von NBBJ passt sich gut ins Stadtbild ein. (Grafik: NBBJ)
Amazon will seinen Mitarbeitern nicht nur einen grünen Rückzugsraum in der Innenstadt bieten, auch für den guten Ruf ist so eine Biosphäre förderlich. (Grafik: NBBJ)
Noch bis 2018 wird gebaut und gepflanzt - dann sollen sich die Schleusen öffnen. Die Biosphären werden Teil des riesigen Amazon-Firmengeländes. (Foto: NBBJ)

Einkaufen ist heute einfach wie nie. Wer den neuen Roman von Karl Ove Knausgård will, dazu eine Fritteuse und einige frische Lebensmittel ordert all das im Netz beim Händler seines Vertrauens, statt verschiedene Läden in der Innenstadt abzuklappern.

Der Konsument ist verwöhnt. Alles, was wir wollen, ist nur ein paar Klicks entfernt und wird frei Haus geliefert. Je nach Wohnort und Händler kommt die Ware noch am selben Tag an, ansonsten am nächsten, allerspätestens am übernächsten.

Zu verdanken ist das Onlinehändlern – allen voran Amazon. Der US-Konzern, dessen Logik lautet, immer mehr, immer schneller, immer günstiger zu liefern, treibt seit zwei Dekaden die Handelswelt vor sich her. Eine Trendwende ist nicht in Sicht, denn vor allem die jungen Konsumenten haben sich vollkommen auf diese Welt eingelassen.

„Die digitale Einkaufswelt hat unser Belohnungserwartungssystem versaut, vor allem bei den jungen Menschen“, sagt Georg Häusel, Psychologe und Experte für Neuromarketing. „Durch die Möglichkeiten hat sich unser im Hirn daran gewöhnt, dass es immer schneller bekommt, was es sich wünscht.“ Wenige Klicks und die Waren sind bestellt. Doch auch das ist noch zu aufwendig: „Alles, was kompliziert ist, aktiviert das Schmerzzentrum und was leicht funktioniert, aktiviert unser Belohnungszentrum und hebt die Laune“, so Häusel. Und wer gut gelaunt ist, hat laut Studien eine um bis zu 15 Prozent höhere Kaufbereitschaft.

Also heißt die Maxime für Amazon und Co: Mache es dem Käufer so einfach wie möglich. Doch wie soll man das bewerkstelligen in einer Zeit, in der ein Bedürfnis ohnehin binnen Sekunden zum Kauf wird?

Bestellen per Sprachsteuerung

An intelligenten Sprachassistenten arbeiten die US-Konzerne seit Jahren. Apple hat Siri, Microsoft hat Cortana, Google hat Google Now. Amazon versucht es mit Alexa, die mittlerweile in Fahrzeugen von Ford zum Einsatz kommt.

Verfügbar ist die Sprachassistentin in Gegensatz zu denen der Konkurrenz aktuell nur in den USA, was der Tatsache geschuldet ist, dass Alexa lediglich Englisch spricht. Im Fire TV sucht sie für den Nutzer nach Serien. In „Amazon Echo“, einem bildschirmlosen Computer, der per Sprache angesteuert wird und aussieht, wie eine Hightech-Tennisballdose, kommt sie als Einkaufshilfe zum Einsatz, kann Bankkonten abrufen, Musik abspielen, ein Taxi bestellen.

„Echo verkürzt den Weg vom Gedanken eines Bedarfs bis hin zum Kauf drastisch “, sagt Marc Aufzug, Geschäftsführer von Factor-A, einem Unternehmen das Produzenten bei ihren Aktivitäten auf Amazon berät.
Einkaufen per Spracherkennung – was anmutet wie der Kommunikator aus der Science-Fiction-Reihe „Star Trek“ ist mittlerweile Realität. Die Sprachassistenten funktionieren zwar bei Weitem noch nicht perfekt, aber lernen schnell.

Das sind Amazons nächste Projekte

Echo hat den anderen Assistenten allerdings etwas voraus: Um Alexa zu aktivieren, muss der Nutzer nicht Hand anlegen. Sobald er „Alexa“ sagt, auch aus weiten Distanzen, aktiviert sich die Box,. Möglich machen das ständig lauschende Mikrofone, die aber per Knopfdruck taub gestellt werden können und nur Geräusche aufzeichnen, wenn Alexa angesprochen wird.

Nicht nur deswegen sehen Experten die Spracherkennung von Amazon als Einkaufslösung derzeit vor Siri und Google Now. „Alexa wurde für sehr spezielle Anwendungsfälle konzipiert: Produkte finden und einkaufen. Das macht die Spracherkennung deutlich weniger kompliziert“, sagt Alexander Graf, Geschäftsführer des Softwareunternehmens Spryker Systems. Siri etwa soll daneben auch noch beantworten, wo in der Nähe ein Spielplatz ist.

Doch unabhängig wer sich in puncto Sprachassistent am Ende durchsetzen wird: Das Einkaufen wird sich grundlegend verändern – vor allem für Marken und Hersteller, glaubt Aufzug: „Gerade in Bezug auf generische Produkte.“ Fordert ein Kunde Alexa auf, einen Staubsauger zu kaufen und nennt keine Marke, geht es nur noch darum, welcher Staubsaugerhersteller seine Hausaufgaben auf dem Marktplatz am besten macht und zum Beispiel gute Bewertungen erhalten hat. „Marken, die sich da nicht engagieren, fallen heraus“, sagt Aufzug. „Aspekte wie der Markenname oder die Optik werden deutlich unwichtiger.“

Graf sieht die Chance auf eine neue Zielgruppe: „Insbesondere ältere Kunden haben noch immer Probleme mit Apps und dem Onlinehandel“, sagt er. „Ist Shopping per Spracherkennung einmal etabliert, sind auch sie als Zielgruppe viel einfacher erschließbar.“

Einkaufen völlig ohne Bestellung

Ist künftig überhaupt noch der Ausdruck des Kaufwunschs nötig? „Als wir vor 15 Jahren mit Google starteten, war es meine Vision, dass die Menschen nicht mehr suchen müssen, um an Informationen zu kommen, die Informationen sollen zu ihnen kommen“, erklärte Larry Page im Jahr 2013.

Einen großen Schritt bei der Realisierung dieses Plans hat Google mit einem Zukauf aus dem Jahr 2014 gemacht: Der Konzern kaufte den Londoner Big-Data-Spezialisten Rangespan. Bis dahin analysierte das Unternehmen die Anfragen Tausender Lieferanten – etwa für die Supermarktkette Tesco. Für Google sollen die Mitarbeiter des Unternehmens das Verhalten der Kunden bis ins Detail analysieren und die Google-Angebote entsprechend des Verhaltens optimieren.

So will Google künftig ein mögliches Kaufverhalten antizipieren, ohne dass überhaupt eine Suchanfrage gestellt wird. „Schläft beispielsweise ein Paar seit drei Monaten in derselben Wohnung, kann Google das anhand der Ortungsdaten des Smartphones erkennen“, sagt Markus Tandler, Experte für Suchmaschinen.

von Matthias Hohensee, Jacqueline Goebel, Henryk Hielscher, Thomas Kuhn, Peter Steinkirchner

Wenn nun die Frau nach Hochzeitskleidern sucht und ihr Mann in den letzten Tagen bei einem Juwelier war, ahnt Google: Die Hochzeit steht ins Haus. Entsprechende Angebote könnte das Unternehmen direkt aufs Handy schicken -– etwa für einen Anzug. Google will nicht mehr den Menschen zum Produkt bringen, sondern das Produkt zum Menschen.

So müsste der Nutzer beispielsweise gar nicht mehr die Amazon-Webseite besuchen, um dort zu bestellen. Google wählt selbst aus, welche Angebote es weiterleitet und kassiert eine Provision. „Ab diesem Moment hat Amazon ein Problem“, sagt Tandler. Heute sucht fast jeder, der etwas im Internet kaufen will, direkt bei Amazon -– diese Zeiten könnten dann vorbei sein. „Diese Entwicklung hat das Potenzial, die Werbe- und Verkaufswelt komplett zu revolutionieren“, so Tandler. Bis es soweit ist, braucht Google seiner Einschätzung nach allerdings noch einige Jahre.

Amazons deutsche Logistikzentren

Amazon hält dagegen. Fragt man Scott Galloway, Marketingprofessor an der New York Universität, wird Amazon eines Tages seine Kunden so gut analysiert haben, dass es proaktiv Waren sendet, die dem Profil des Kunden entsprechen. „Ich denke darauf läuft es hinaus“, sagte er der New York Times. „Ich kriege einmal die Woche eine Box mit all den Dingen, von denen Amazon glaubt, ich brauche sie.“

Ein entsprechendes Patent für antizipatorischen Paketversand hat Amazon vor Jahren angemeldet. Auf den Weg dorthin hilft Amazon ein Gadget, das neben den USA mittlerweile auch in Großbritannien angekommen ist.

Bestellen per Knopfdruck


Die Rede ist von Amazons Dash-Button. Für mehr als 150 Marken in den USA bietet der Handelsriese die Bestellung per Knopfdruck, ganz ohne Besuch des Onlineshops, bereits an. Wie das funktioniert?

Mehr als 60 Milliarden Dollar ist Amazon-Gründer Jeff Bezos inzwischen wert. Hinter seinem Vermögen steckt ein riesiges Geflecht an Beteiligungen. Eine interaktive Reise ins Bezos-System.

Für zahlreiche Produkte des Alltags – vom Kaffeepulver bis zum Kondom – gibt es kleine, mit dem WLAN verbundene Dash Buttons. Sie sind in etwa so groß wie ein Autoschlüssel und werden bestimmten Marken und Produkten zugeordnet. An eine Waschmaschine etwa klebt der Kunde einen Knopf für Waschmittel vom Markenproduzenten seiner Wahl. Ist das Waschmittel leer, ordert der Nutzer per Knopfdruck automatisch eine vorher eingestellte Menge Waschmittel.

Das Düsseldorfer Unternehmen Henkel ist seit Ende Juni in den USA im Dash-Programm vertreten, unter anderen mit den Marken Persil und Schwarzkopf. Auf Anfrage erklärte eine Unternehmenssprecherin: „Bislang sind wir mit der Entwicklung zufrieden. Unsere Dash Buttons zählen zu den erfolgreichsten in ihren jeweiligen Kategorien.“ Genaue Absatzzahlen nannte sie nicht.

Mabel McLean, bei der US-Unternehmensberatung L2 für Amazon zuständig, kennt Fakten: „Fünf der zehn Top-Haushaltsprodukte auf Amazon gehören zu Marken, die Teil des Dash-Programms sind“, sagt sie. Bei den Top 100 seien es immerhin noch 35 Prozent. „Das legt nahe, dass die Dash Buttons die Verkäufe für Marken ankurbeln.“ Dafür spreche auch, dass sich immer mehr Marken für das Dash-Programm interessieren.

Trotzdem: Auf dem Massenmarkt ist Dash noch nicht angekommen, sagt Aufzug. Bis dato gebe es in den USA lediglich eine kleine Zahl von „Early Adoptern“, die sich an das neue Bestellmedium wagten. „Trotzdem ist der Knopf für Amazon schon jetzt ein sehr mächtiges Tool, vor allem was die Kundenbindung anbetrifft.“

Die beliebtesten Händler der Deutschen
Das Logo des Parfümerie- und Handelskette "Douglas" Quelle: dpa
Das Aldi-Logo Quelle: REUTERS
Eine Kaffeetasse in einer Tchibo-Filiale vor einem Produktregal. Quelle: dpa
Ansicht des Logos und des Schriftzugs der Drogeriemarktkette Müller Quelle: dpa
Eine Kundin schiebt in einer Rossmann-Filiale einen Einkaufswagen. Quelle: dpa
Ein Kugelschreiber mit der Aufschrift "Otto...find ich gut." Quelle: dpa
Eine Verkäuferin ordnet die Buchauslagen in einer Thalia Filiale Quelle: dpa

Heute kauft das Gros der Kunden Alltagsprodukte wie Waschmittel oder Toilettenpapier im Laden und schleppen sie nachhause. „Wenn es so einfach ist zu bestellen wie mit dem Dash-Button, macht das Kaufen im Laden keinen Sinn mehr“, sagt Aufzug. Aus seiner Sicht wird der stationäre Handel diesen Trend bei Alltagsprodukten zu spüren bekommen.

Amazons Dash-Button nun auch in Europa

Den Dash Button hat Amazon mit Großbritannien vor kurzem auch in Europa eingeführt. Allerdings in einer abgewandelten Form. Er verfügt über ein integriertes Mikrofon und einen Barcode-Scanner. So können die Kunden einkaufen, indem sie Barcodes von Produktverpackungen einscannen oder einfach den Namen des gewünschten Produkts in den Stick sprechen. Die Produkte landen dann in dem Warenkorb und können im Anschluss über das Smartphone oder den Rechner bestellt werden.

„Amazon schlägt hier gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe“, sagt Aufzug. „Mit der Spracherkennung im abgewandelten Dash Button deckt es Echo ab und mit der Barcodeerkennung testet es eine neue Bestellmöglichkeit.“ Je nachdem, was funktioniert, kann Amazon mit einer spezialisierten Variante auf dem europäischen Markt expandieren.

Wann Dash nach Deutschland kommt, mit einem Umsatzanteil von elf Prozent immerhin der wichtigste Auslandmarkt für Amazon, ist offen.

Es gibt allerdings erste Anzeichen: Seit Ende Juli können Nutzer in der Amazon-App in Deutschland unter dem Reiter „Benachrichtigungen“ entscheiden, ob sie Mitteilungen erhalten wollen, wenn Bestellungen über den Dash Button getätigt werden.

Das steht im Kleingedruckten bei Amazon, Facebook und Co.
Amazon Quelle: REUTERS
Apple Quelle: REUTERS
Deezer Quelle: dpa
Ebay Quelle: REUTERS
Facebook Quelle: dpa
Google Quelle: dpa
Microsoft Quelle: dpa

„Der Wille ist da die Dash-Buttons auch hier schnell zu testen, erste Vorstöße sind schon zu spüren, aber das wird noch dauern“, sagt Aufzug. Grund für die Verzögerung sind vor allem rechtliche Probleme, denn Fernhändler haben diverse Informationspflichten, zum Beispiel den Verbraucher über das Widerrufsrecht zu informieren.

Geräte bestellen einfach selbst

In den USA ist so etwas erst einmal unproblematisch, deswegen ist Amazon hier gerade dabei noch einen Schritt weiter zu gehen. Ende 2015 startete Amazon den „Dash Replenishment Service“ (DRS). Es ist eine Art Dash Button – nur ganz ohne Knopf.

Samsung Drucker, Waschmaschinen, Zuckermessgeräte oder Brita-Wasserfilter ordern ganz alleine bei Amazon neues Zubehör, was an und für sich bequem klingt. Aber wenn die Geräte „selbst entscheiden“, wann sie neues Zubehör brauchen, legt der Konsument sich komplett in die Hände der Hersteller, seine Ehrlichkeit und seine Genauigkeit. Ob das erstrebenswert ist?

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