Amazon Fresh Wie Amazon die Online-Supermärkte herausfordert

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Was verspricht sich Amazon davon?

Wie gefährlich ist Amazon wirklich?

Meint Amazon es ernst, könnte der Konzern ziemlich schnell eine Konkurrenz für die Online-Angebote der Supermärkte werden. Der Online-Gigant verfügt über das Geld, die Kundendaten und das Image, um den Markt aufzurollen. „Amazon hat es bislang immer geschafft, Standards zu setzen, an denen sich die anderen dann messen müssen“, sagt Hofacker. „Der Online-Lebensmittelhandel würde durch einen Markteintritt kräftig durchgerüttelt werden.“ Bis das Internet-Geschäft aber ernstzunehmende Anteile am Gesamtmarkt hat, dürften noch Jahre vergehen – auch mit Amazon.


Aber Potential haben die Lebensmittelieferungen aus dem Netz doch?

Schon. Da sind zum einen die Kunden, die es nicht in den Laden schaffen – oder gar nicht schaffen wollen. „Potentielle Kunden sind etwa Berufstätige mit wenig Zeit“, sagt Hofacker. „Aber auch ältere Menschen, die ihren Einkauf nicht mehr allein bewältigen können.“

Die größten Lügen der Lebensmittelindustrie
Der Name kann über Erfolg oder Misserfolg eines neuen Produktes entscheiden. Deshalb verpflichten Unternehmen zum Teil extra Namenserfinder: Das hilft aber nicht immer - manchmal sind die Namen irreführend und es versteckt sich nicht das dahinter, was man auf den ersten Blick erwartet. "Crispy Chicken" ist schlichtweg paniertes Hähnchenbrustfilet und in einem Frischkäse mit Ziegenmilch wird nicht nur Ziegenmilch drin sein, sondern auch andere Milchbestandteile. Ein Blick auf die Rückseite hilft den "richtigen" Bestandteilen auf die Spur zu kommen.Der Ratgeber "Lebensmittel-Lügen – wie die Food-Branche trickst und tarnt" deckt diese und andere 'Lügen' auf. Er ist für 9,90 Euro bei allen Verbraucherzentralen oder im Internet unter www.vz-ratgeber.de erhältlich. Quelle: dpa
Man vermutet es nicht, aber nicht selten versteckt sich Alkohol in der Zutatenliste - das ist vor allem für Alkoholiker gefährlich, die schon bei kleinsten Mengen rückfällig werden können. Achtung: Sollte sich nur eine sehr geringe Menge Alkohol in den Lebensmitteln verstecken, kann das häufig auch als Trägerstoffe oder Lösungsmittel getarnt sein und taucht dann nur als Aroma auf. Quelle: dpa
Immer mehr Verbraucher achten bei ihrem Einkauf auf regionale Produkte - das kann sich aber schnell als Lüge entpuppen. Denn ein einheitliches Gesetz gibt es dafür nicht, sondern es liegt im Ermessen der Anbieter, ob die Produkte wirklich regional sind, also dort hergestellt wurden oder nur dort verkauft werden. Man sollte sich also ganz genau die Verpackung anschauen. Quelle: dpa
Für Zutaten, die - meist verführerisch - auf Gläsern, Verpackungen oder Dosen abgebildet sind, besteht eine "Mengenkennzeichnungspflicht", die anzeigt, wie viel davon tatsächlich im Produkt steckt. Vorsicht ist noch an anderer Stelle geboten: Steht auf der Verpackung der Hinweis "Serviervorschlag", dann entfällt eine Kennzeichnungspflicht. Zutaten, die dann auf dem Glas gezeigt werden, sind oft gar nicht enthalten, kritisiert die Verbraucherzentrale. Quelle: dpa/dpaweb
Noch eine Lüge kann sich hinter dem Terminus 'Hausfrauenart' verstecken. Denn neben der Regionalität der Produkte liegen auch solche im Trend, die auf Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe verzichten. Es erklärt sich allerdings beinahe von selbst, dass die Produkte aus dem Supermarkt, vor allem in der Vielzahl, wie sie dort stehen, direkt aus dem Kochtopf von Oma in das Glas hüpfen. Quelle: dpa
Lecker und gesund schließt sich leider in der Mehrzahl der Fälle aus: Die Wahrheit zeigt dann ein Blick auf die Nährwerttabelle - und hilft dabei die Lebensmittel, die zwar mit einer "Extraportion Milch" werben, aber verschweigen, dass da auch mehr Zucker und mehr Fett drin ist, zu entlarven. Quelle: dpa
Immer mehr Hersteller ersetzten Originalzutaten durch Billigstoffe und deklarierten das nicht deutlich genug auf der Verpackung, kritisieren Verbraucherschützer. Ein weiteres Problem: Oft fehlt das Zutatenverzeichnis ganz oder ist nur schwer lesbar. Ausnahmen darf es etwa bei Käse oder Getränken mit Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Prozent geben, sonst aber nicht. Der Verbraucherschutz empfiehlt deshalb, sich beim Hersteller zu beschweren, wenn das Verzeichnis fehlt. Quelle: AP

Und es gibt diejenigen, die vom Angebot der Supermärkte enttäuscht sind. Eine aktuelle Studie der Marktforscher von YouGov, die WirtschaftsWoche Online vorab vorliegt, zeigt, dass viele Kunden im Laden nicht bekommen, was sie kaufen wollen. Während demnach jeder dritte Kunde des stationären Handels häufig oder gar sehr häufig erlebt, dass ein Produkt im Laden nicht vorrätig ist, ist dieselbe Situation knapp 80 Prozent der Befragten beim Online-Shoppen in den letzten 12 Monaten überhaupt nicht oder nur selten passiert. Besonders ärgerlich finden Käufer das laut der im Auftrag der Lieferkettenplattform GT Nexus durchgeführten Studie bei Lebensmitteln. Wer eine bestimmte Tomatensoße sucht, will nun mal nicht mit Instant-Pulver nach Hause gehen. Amazon ist im Vorteil: „Die Lieferkette eines stationären Anbieters mit dezentralen Verkaufsstellen ist naturgemäß viel komplexer als die Lieferkette eines reinen Online-Händlers“, sagt Boris Felgendreher, Supply Chain-Experte bei GT Nexus.


Was bedeutet Amazon Fresh für die Lebensmittel-Hersteller?

Einen neuen Kunden – und das dürfte viele Lebensmittel-Produzenten zunächst freuen. Die ächzen schließlich unter der Stärke der großen Supermärkte und Ketten. Ganze 85 Prozent des Lebensmittelmarktes sind laut Bundeskartellamt unter der Kontrolle von fünf Händlern, die die Produzent so leicht gegeneinander ausspielen und die Preise drücken können. Ob Amazon aber tatsächlich auf Dauer eine produzentennahe Politik fahren wird, darf bezweifelt werden. In allen bisherigen Produktkategorien ist Amazon vor allem für seinen kundenfreundlichen Ansatz und niedrige Preise bekannt. Wer das als Händler nicht mitmachen möchte, hat das Nachsehen.


Was verspricht sich Amazon von den Lebensmittel-Lieferungen?

Amazon Fresh ist Teil einer neuen Strategie: Bisher war Amazon nur Distanzhändler, der von einem Lager irgendwo in der Ferne seine Pakete an Zusteller gibt, die dann vor der eigenen Haustür auftauchen. Doch nun zieht Amazon in die direkte Nachbarschaft seiner Kunden – und beginnt auch, selbst an den Haustüren zu klingeln.

Amazons Logistik-Netz in Deutschland

In den USA und in Großbritannien ist Amazon damit schon am weitesten vorangeschritten. In Großstädten wie Seattle, Chicago und New York können Kunden ihre Pakete mittlerweile auch innerhalb von ein bis zwei Stunden liefern lassen. In New York benutzen die Amazon-Kuriere dafür sogar die U-Bahn, um die berühmten Staus auf den Straßen der Metropole zu entgehen. Auch in Großbritannien stellt Amazon in den Großstädten bereits selbst zu – und das auch am Sonntag. So einen Service gibt es in Deutschland noch lange nicht. Doch auch hierzulande eröffnet Amazon gerade Logistikzentren in der Nähe der Städte, die Amazon für seinen Fresh-Dienst und auch eine Zustellung am gleichen Tag nutzen könnte.

Zumindest den Bewohnern von San Francisco soll es bald auch möglich sein, Amazon selbst zu besuchen und dort einkaufen zu gehen. Nach Berichten des „Silicon Valley Business Journals“ plant das Unternehmen dort eine sogenannte „Drive-Up-Station“, eine Art Supermarkt, der sich mit dem Auto durchqueren lässt. Damit würde der Online-Gigant Amazon Fresh auf die nächste Stufe bringen.

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