Amazon, Hermes, UPS Post-Konkurrenten drängen auf Markt für Packstationen

Immer mehr Unternehmen machen der Post mit eigenen Packstationen Konkurrenz. Quelle: picture alliance / Markus C. Hur

Ob Handelsriese Amazon oder das Start-up Bi-Log: Immer mehr Firmen machen der Post Konkurrenz mit Packstationen. Doch geeignete Flächen sind knapp.

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Sie haben exakt die Größe eines Überseecontainers und tragen den Namen „Leos“: Paketautomaten mit Dutzenden Schließfächern, von denen die Bamberger Logistikfirma Bi-Log noch in diesem Jahr mehr als 100 vor deutschen Supermärkten und Tankstellen aufstellen will.

„Wir suchen Standorte an Ausfallstraßen mit guter Erreichbarkeit“, sagt Firmenchef Heribert Trunk, 56, der im Hauptberuf unter anderem die Onlineshopping-Logistik der Edeka-Tochter Netto steuert. Wer in den Märkten einkauft, solle dort demnächst gleichzeitig seine Pakete abholen können. Für sämtliche Zustellfirmen, sagt der einstige Mitbegründer von German Parcel (heute Teil von GLS), sollen die Boxen zugänglich sein. In Deutschland wäre dies einmalig.

Noch aber ist nicht klar, mit welcher Handelskette er sich einig wird. Mit zwei großen Supermarktanbietern sei er im Gespräch, berichtet Trunk, ebenso mit einer Tankstellenkette, mit der bereits ein Vorvertrag bestehe. In Verhandlungskreisen fallen Namen wie Rewe und Netto. Dort aber will man auf Anfrage Verhandlungen nicht bestätigen.

Die Pläne von Trunk, an dessen Firma zeitweilig der Investor Jens Odewald beteiligt war, sind weit fortgeschritten. Liefern soll die Paketautomaten Locktec aus dem oberfränkischen Weißenbrunn. Der Anbieter elektronischer Schließsysteme ist bislang vor allem im Geschäft mit Banken aktiv. Um die Anlagen mit Strom zu versorgen, will Trunk die Container mit Photovoltaik versehen.

„Wer als Onlinekunde bestellt, könnte dem Versender neben der Adresse künftig einen Hinweis auf einen Paketautomaten geben“, erklärt Trunk die Funktionsweise. Sobald das Paket dort eingeliefert ist, würde er per SMS einen Code zum Öffnen des Schließfachs zugestellt bekommen.

Gelingt es Bi-Log, die Verträge abzuschließen wären insbesondere Zustelldienste wie Hermes, DPD, GLS oder UPS die Gewinner. Zwar profitieren die Paketfirmen seit Jahren vom boomenden Onlinegeschäft, der Preiskampf untereinander aber sorgt in der Branche kaum noch für auskömmliche Margen.

Ob es am Ende reicht, entscheidet immer mehr die sogenannte „Letzte Meile“, also die Paketabgabe an der Haustür.

Als prekär erweist sich ein Sendungsauftrag oft schon dann, wenn der erste Zustellversuch misslingt. Klingeln die Transporteure zu oft vergeblich, kann sich dies rasch zu einem Firmenrisiko ausweiten.  

Wie unrentabel für manche die Letzte Meile geworden ist, offenbarte zuletzt der Hamburger Lieferdienst Hermes. „Die individuelle Zustellung an die Haustür muss teurer werden“, erklärte Deutschland-Chef Frank Rausch vergangenen Dezember. „Wir brauchen mindestens 50 Cent mehr pro Paket.“

Amazons Locker macht Druck

Wer sich als Kunde den Zuschlag sparen will, soll künftig seine Sendung in einer der bundesweit 15.000 Hermes-Annahmestellen abholen. Bis 2020 will Rausch die Anzahl der Paketshops gleichzeitig auf 20.000 ausbauen.

Mit ähnlichen Mitteln versucht es UPS. Doch anders als im eigenen Heimatland, wo der US-Riese mit seiner Ladenkette „Mail Boxes“ das Zustellnetz unterstützt, werben die Amerikaner hierzulande mit ihren rund 3000 „Access Points“ – nicht in eigener Regie, sondern betrieben von selbstständigen Tankstellen, Schreibwarenläden oder Kiosken. Um die Kunden rechtzeitig über Paketlieferungen zu informieren, hat UPS das Smartphone-fähige Trackingsystem „My Choice“ ins Rennen geschickt.

Auf die Idee, Pakete über Automaten an die Adressaten abzugeben, kam in Deutschland als erstes die Post. Und das bereits 2001. Damals beauftragte die Post die österreichischen Firma Keba, bundesweit Mehrfach-Container aufzustellen, deren Schließfächer sich mit einem per SMS versendeten Geheimcode öffnen lassen.

Knapp 3000 Packstationen hat der Bonner Konzern nach eigenen Angaben in 1600 Städten aufstellen lassen. Doch der Ausbau stockt. „Oft ist es schwer, geeignete Stellflächen zu finden“, berichtet Michael Lierow, Logistikexperte der Beratung Oliver Wyman. Weil Autofahrer neben den Automaten parken können müssen, brauche man stets ein relativ großes Gelände. Dieses sei zudem stets sauber zu halten, was Kosten verursache.

Dennoch zog der US-Internetversender Amazon vor knapp zwei Jahren nach. Zunächst in München und Berlin, inzwischen aber auch in Augsburg, Hamburg und in zahlreichen Städten Nordrhein-Westfalens stellte er seine „Locker“ auf.

Mehr als 200 davon sind es inzwischen allein schon an den insgesamt 2000 Shell-Tankstellen, wie eine Unternehmens-Sprecherin berichtet. Andere Tankstellenketten sind für Amazon laut Vertrag in Deutschland tabu. Aber auch an Spätverkaufsstellen und O2-Shops stehen die inzwischen von Postgelb auf Neutralgrau umlackierten Schränke des Onlineversenders.

„Bei Amazon bestellen, hier abholen“, werben seither die zwei Meter hohen Metallschränke, die Sendungen hinter 55 Schließklappen verstauen. Werden die Pakete drei Tage lang nicht an aus den Fächern abgeholt, gehen sie zurück an den Versender.

Sogar in 15 Filialen der Warenhauskette Karstadt stehen die Locker bereits, Kunden können sich online bestellte Ware dorthin liefern lassen. In den USA baut das Internetkaufhaus seine Paketboxen derzeit gezielt in den Supermärkten von Whole Foods auf, um die Kundenfrequenz in den Läden zu steigern. Schon jeder siebte der 476 Märkte besitzt eine solche Paketstation. Amazon hatte die Kette vergangenen September für fast 14 Milliarden Dollar erworben.

Der Aschaffenburger Post-Rivale DPD dagegen scheut solch hohe Investitionen und verzichtet deshalb auf Paketautomaten. Die Tochter der französischen La Poste erprobt stattdessen eine Premium-Zustellung und bittet die Kunden dafür zur Kasse. Für eine Extragebühr von 2,50 Euro sollen sich Empfänger die genaue Zustellzeit aussuchen dürfen.

Spätestens im März 2018 wollte der Dienst damit bundesweit durchstarten, nachdem DPD im Sommer 2017 bereits Pilotversuche in Hamburg und Nürnberg absolvierte. Doch Deutschlandchef Boris Winkelmann hat die Herausforderungen offenbar unterschätzt. Das Projekt verzögere ich, heißt es nun in seiner Firma auf Anfrage.

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