Allerdings könnte an den momentanen Schwachstellen noch gearbeitet werden. „Otto Up ist heute keineswegs fertig. Wir sind mit einer frühen Variante in den Markt gestartet und werden diese sukzessive – auch auf Basis der Kundenwünsche – weiterentwickeln.“ So möchte Johannsen in Zukunft auf die hohen Ansprüche der Online-Kunden reagieren können. Mit Hermes als Logistikpartner arbeite man intensiv an noch schnelleren Lieferzeiten. Im Wettkampf mit Amazon werden diese mit Sicherheit nötig sein.
Otto und Amazon sind beide Vollsortimenter. Und genau das macht es für Otto besonders schwer. Denn wegen des ähnlichen Sortiments ist Amazon ein unmittelbarer Konkurrent des deutschen Warenhauses. „Otto tritt mit dem neuen Dienst gegen das am besten laufende Kundenbindungsprogramm der Welt an, denn genau das ist Amazon Prime. Das ist ziemlich aussichtslos“, sagt Ernst Stahl. Amazon sei längst kein Warenhaus mehr, sondern mittlerweile der Betreiber einer hocheffizienten Plattform, die es mit den verschiedensten Diensten schafft, die Kunden langfristig zu binden und Otto damit um einiges voraus ist.
Amazon Prime startete im November 2007 in Deutschland und versprach vor allem schnelle und kostenlose Lieferungen. Seit der Einführung wuchsen nicht nur die Kosten für Prime, sondern auch die enthaltenen Angebote: Mittlerweile sind unter anderem Musik- und Videostreaming, Online-Speicherplatz für Fotos und exklusive Angebots-Aktionen wie der Amazon Prime Day hinzugekommen. Angebote, die über den Grundgedanken von 2007 hinausgehen und die für die deutschen Händler wohl nicht so leicht umzusetzen sind.
Geschäftsjahr | Umsatz |
2007/08 | 1,71 Milliarden Euro |
2008/09 | 1,67 Milliarden Euro |
2009/10 | 1,87 Milliarden Euro |
2010/11 | 2,10 Milliarden Euro |
2011/12 | 2,07 Milliarden Euro |
2012/13 | 2,13 Milliarden Euro |
2013/14 | 2,27 Milliarden Euro |
2014/15 | 2,33 Milliarden Euro |
2015/16 | 2,56 Milliarden Euro |
2016/17 | 2,72 Milliarden Euro |
2017/18 | 2,96 Milliarden Euro |
Quelle: Otto Group (gerundet auf zwei Nachkommastellen)
Zalando mit besseren Erfolgschancen
Auch Zalando – deutscher Online-Marktführer im Bereich Mode – bietet seit dem vergangenen Jahr ein Premiumprogramm zur Kundenbindung an. Zalando Plus heißt es und kostet 19 Euro pro Jahr. So viel wie die Lieferflatrate von Otto Up. Die zahlenden Zalando-Kunden erhalten für ihr Geld kostenlose und auch schnellere Lieferungen, exklusive Angebote, persönliche Style-Beratungen und kostenlose Abholungen der Rücksendungen.
„Durch die Spezialisierung auf Mode könnte Zalando die Kunden, die fast ausschließlich Kleidung im Internet bestellen, von dem eigenen Premiumprogramm überzeugen“, sagt Marktforscher Ernst Stahl von der Universität Regensburg. Zalando Plus habe durch diese Spezialisierung des Online-Shops und die gute Marktposition des Unternehmens noch eher die Chance, Erfolg zu haben. Auch neben Marktführer Amazon Prime.
Gegen eine Marke wie Amazon Prime ins Rennen zu gehen, allein das beweist den Mut von Otto Up und Zalando Plus – unabhängig vom Erfolg der jeweiligen Angebote. Nicolai Johannsen von Otto hält sogar den Entertainment-Bereich für extrem spannend. „Otto Up wird weiterwachsen und dieses Thema haben wir dabei definitiv im Hinterkopf.“ Auch wenn es spannend klingt, Ernst Stahl geht nicht davon aus, dass Otto nun zum Film- und Serienproduzenten werde, nur weil sich das bei Amazon bewährt hat. „Das passt nicht zum Geschäftsmodell und dürfte viel zu teuer sein.“ Interessant wäre eine „Otto-Originals-Serie“ aber allemal.