Nächste Erweiterung für Amazons Premiummitgliedschaft Prime. Schon lange verspricht der Dienst nicht mehr nur kostenlosen und schnellen Versand, sondern lässt Kunden Musik und Videos streamen. Zumindest auf Amazons Heimatmarkt können Prime-Mitglieder nun auch einfacher Kleidung bestellen und zurückschicken.
Mit dem „Prime Wardrobe“ genannten Service können sich Kunden mehrere Kleidungsstücke kostenlos liefern lassen, sie anprobieren und nicht benötigte Ware wieder vor der Haustür abholen lassen. Gezahlt wird erst im Nachhinein. Behalten Kunden mindestens zwei Kleidungsstücke gibt es Rabatt. Gerrit Heinemann, Leiter des „eWeb Research Center“ der Hochschule Niederrhein, glaubt, dass das Projekt Teil einer größeren Offensive ist.
WirtschaftsWoche Online: Herr Heinemann, was bezweckt Amazon mit seinem neuen Konzept Prime Wardrobe?
Gerrit Heinemann: Durch die Vereinfachung der Rücksendung trägt Amazon dem Anspruch Rechnung, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Mode ist für Amazon ein wichtiges Geschäftsfeld und deshalb ist es für sie wichtig, in dem Bereich Innovationen zu entwickeln und präsent zu sein. Das sorgt für viel Umsatz – auch in Deutschland. Hier wird die Rolle von Amazon oft unterschätzt. Die machen mit Mode mehr Umsatz als Zalando. Auch deshalb könnte ich mir vorstellen, dass das Konzept auch nach Deutschland kommt. Das ist ja oft bei neuen Ideen der Fall, die dann erst in den USA ausprobiert werden. Wir werden da noch einiges zu erwarten haben, das ist nur ein Vorbote.
Was könnte Sie sich denn als weitere Schritte von Amazon vorstellen?
Amazon wird versuchen noch weitere Innovationen im Bereich Modehandel auf den Markt zu bringen und die Professionalisierung des eigenen Geschäfts weiter voran bringen. Sicherlich werden sie auch hier versuchen, die Marktführerschaft zu erobern. Ein Anspruch, den sie bereits bei Medien, Büchern und Unterhaltungselektronik erfüllen.
Kunden lassen sich oft mehrere Kleidungsstücke schicken und senden dann einen Großteil zurück. Das verursacht Kosten. Könnte es Amazon nicht auch darum gehen, Retouren zu reduzieren?
Ich glaube nicht, dass das primäre Ziel ist. Retouren gehören zum Onlinehandel dazu. Die Katalogversender kennen das schon seit dem Zweiten Weltkrieg. Das wird mit einkalkuliert. Ich glaube, dass das Problem in Deutschland häufig überschätzt wird.
Erst vor wenigen Wochen hat Amazon Echo Look vorgestellt, eine Kamera die Kunden Stil-Tipps geben soll.
Amazon war ja auch schon immer ein Vorreiter bei Produktempfehlungen und im Prinzip ist das jetzt nur eine Weiterentwicklung. Bisher basierte das vor allem auf der Verkaufshistorie und war dementsprechend fehlerhaft. Ich denke, dass Amazon, wie übrigens auch Ebay, dazu übergehen wird, künstliche Intelligenz und Daten zum Beispiel von Alexa zu nutzen, um bessere Vorhersagen zu treffen. Das passt im Grunde auch zum aktuellen Trend.
Welche Konkurrenten trifft Amazon mit der neuen Idee besonders?
Das trifft besonders Modehändler, die keinen oder einen schlechten Onlineshop haben. Der Kunde beginnt heute seine Suche nach Mode im Internet und entscheidet sich dann, auf welchem Kanal er weiter macht. Desto attraktiver Amazon da ist, desto höher ist die Chance, dass der Kunde dann auch bei Amazon kauft.
Die umsatzstärksten Onlinehändler
Mit einem Umsatz von 432,3 Millionen Euro war Alternate im Jahr 2016 nach Umsatz der zehntgrößte Online-Shop Deutschlands.
Quelle: EHI Retail Institute; Statista
Etwas mehr Umsatz, nämlich 450 Millionen Euro, hat Tchibo 2016 erwirtschaftet und landet damit auf einem soliden neunten Rang.
Durch conrad.de ist auch ein Elektronik-Fachhändler in der Bestenliste vertreten. Mit einem Umsatz von 471,8 Millionen Euro im Jahr 2016 schafft er es auf Rang 8. Auf diesem Platz landete er auch im Vorjahr.
Platz 7 geht mit einem Umsatz von rund 517,4 Millionen Euro an cyberport.
Mit einem Umsatz von 532,8 Millionen Euro landet der Versandhandel von Media Markt auf Rang 6.
Der Umsatz des Onlinegeschäfts von bonprix lag bei über 586,6 Millionen Euro.
Die AG notebooksbilliger.de, die neben Laptops auch Smartphones, Tablets und PCs vertreibt, hat 2016 706,6 Millionen Euro erwirtschaftet und landet damit auf Platz vier.
Das kann Zalando noch übertreffen. Mit einem Umsatz von rund 1,1218 Milliarden Euro im Jahr 2016 landet der Onlinehändler für Mode auf Platz drei.
Otto setzte 2,7434 Milliarden Euro um.
Mit einem Umsatz von 8,1229 Milliarden Euro im Jahr 2016 ist der börsennotierte Online-Versandhändler amazon.de unangefochtener Spitzenreiter.