
Erfolg für deutsche Roboter-Forscher: Ein Team der Technischen Universität Berlin hat bei einem Robotik-Wettbewerb von Amazon den Sieg errungen. Den Berlinern gelang es bei der „Amazon Picking Challenge“ am besten, eine Reihe verschiedener Gegenstände mit einem künstlichen Arm aus einem Regal zu greifen und in eine Box zu legen. Damit setzen sie sich gegen 24 Forscherteams aus aller Welt durch, darunter viele von Spitzenuniversitäten wie dem Massachusetts Institute of Technology.
Den Roboter-Wettstreit lässt sich Amazon einiges kosten. Allein das Berliner Sieger-Team der aktuellen Picking-Challenge bekam 20.000 Dollar Prämie. Geld, das der Onlinehändler nicht aus Spaß an der Technik ausgibt. Mit dem Wettbewerb verfolgt der Online-Händler ein ganz konkretes Ziel: Die möglichst vollständige Automatisierung seiner Logistik.
Amazons Logistik-Netz in Deutschland
In Deutschland hat Amazon bislang neun Logistikzentren an acht Standorten: In Graben bei Augsburg, Bad Hersfeld mit zwei Logistikzentren, Leipzig, Rheinberg, Werne, Pforzheim, Koblenz und Brieselang.
Mehr als 9.000 Festangestellte aus über 100 Nationen. In der Weihnachtszeit kommen nach Angaben des Konzerns 10.000 weitere Saisonkräfte hinzu.
860.000 Quadratmeter (120,5 Fußballfelder) mit einer Lagerkapazität von mehr als 3 Mio. m³.
Am 15.12.2013 verzeichnete Amazon.de 4,6 Mio. Kundenbestellungen. Das waren 53 pro Sekunde.
Will Amazon mit der steigenden Zahl der Bestellungen und den wachsenden Anforderungen der Kunden mithalten, muss es die Abläufe in den Logistikzentren effizienter machen. Noch verfeinert der Konzern dazu vor allem das Einlagerungssystem und optimiert den Einsatz der Mitarbeiter – so weit, dass sich manche von ihnen schon als „Roboter“ fühlen.
Aber auch echte Roboter sind bei Amazon bereits massenhaft im Einsatz: Computergesteuerte Transport-Roboter seines Tochterunternehmens Kiva rollen durch die Warenlager. Sie bringen Schränke voller Bücher, DVDs und abertausenden anderen Waren zu Kommissionierstationen. Dort sind tausende Mitarbeiter damit beschäftigt, die bestellten Gegenstände aus dem Regal zu nehmen und in Versandpakete zu packen.
15.000 dieser Kiva-Robots hat Amazon nach eigenen Angaben mittlerweile in Betrieb und profitiert davon gleich mehrfach: Bis zu 50 Prozent mehr Waren könnten dank der Roboter gelagert werden, heißt es aus den USA. Die Mitarbeiter sparen sich zudem lange Wege durch den Regal-Dschungel. Ist ein Mitarbeiter, auch Picker genannt, in Deutschland zwischen zehn und 15 Kilometer am Tag unterwegs, kann er in den USA an einem Platz arbeiten.
Roboter sollen Kosten um 40 Prozent senken
775 Millionen Dollar hat sich Amazon die Übernahme des Herstellers Kiva Systems kosten lassen. Schon früh legten sich Analysten mit der Einschätzung fest, dass dies eine kluge Entscheidung war und allein der Einsatz der Kiva-Robots die Abfertigungskosten um bis zu 40 Prozent senken können. Übernehmen Roboter die Kontrolle über weitere Glieder in der Logistikkette, werden die Kosten weiter fallen und die Effizienz steigen.
Die Paketzustellung der Zukunft
Bei der Auslieferung der Paketsendungen legen die Kunden vor allem Wert darauf, dass sie zu ihren Alltagsgewohnheiten passt: 37 Prozent der Befragten haben bereits Erfahrungen, ihre Pakete zum Wunschtermin (auch nach Feierabend) nach Hause liefern zu lassen, weitere 40 Prozent würden diese Option gerne nutzen. Die Lieferung zum Wunschtermin ist damit aktuell die erste Wahl der Verbraucher. Viele Versandhändler haben sich diesem Bedürfnis bereits angepasst.
Quelle: PricewaterhouseCoopers AG (PwC): Die Paketzustellung der Zukunft, November 2014
Laut PwC nutzt jeder vierte Deutsche heute gelegentlich bis häufig Paketstationen oder Paket-Shops verschiedener Logistikdienstleister als Zustellmöglichkeit. Rund die Hälfte der Deutschen steht dieser Lösung jedoch noch kritisch gegenüber und hat sie bisher nicht genutzt.
Als wichtigste Eigenschaften einer Paketstation gab eine klare Mehrheit der der Befragten (87 Prozent) an, dass eine Paketstation möglichst einfach und selbsterklärend zu bedienen sein muss. Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Erreichbarkeit: 72 Prozent legen Wert darauf, dass die Station mit dem Auto gut erreichbar ist, 67 Prozent zu Fuß. Außerdem sollen Pakete in allen Größen und von verschiedenen Paketdienstleistern dort gelagert werden können (83 bzw. 80 Prozent der Befragten).
Die Lieferung an den Arbeitsplatz ist für viele Arbeitnehmer eine attraktive, da zeitsparende und praktische Option, sasgt die Studie: Knapp jeder zweite Berufstätige (49 Prozent) würde diesen Service gerne nutzen. Bislang lässt sich nur eine kleine Minderheit der Berufstätigen (5 Prozent) Pakete direkt ins Büro liefern. Einen Aufpreis für diesen Service würden aber nur 7 Prozent in Kauf nehmen.
Rund ein Drittel der Deutschen wäre unter bestimmten Voraussetzungen bereit, für eine Lieferung am gleichen Tag (Same Day Delivery) einen Aufpreis von bis zu 12 Euro zu zahlen. Die taggleiche Lieferung kommt für die meisten jedoch nur für bestimmte Anlässe und in Ausnahmefällen in Frage, beispielsweise für Weihnachts- und Geburtstaggeschenke in letzter Minute. Rund zwei Drittel geben an, den Service der Lieferung am selben Tag generell nicht nutzen zu wollen; entweder aus grundsätzlichen Überlegungen oder weil sie eine Gebühr von rund 12 Euro als zu hoch empfinden.
Was Technik-Fans und Logistiker begeistert, besorgt Arbeitnehmervertreter. Sie fürchten, dass die Roboter bald ganz die Vorherrschaft in den Amazon-Zentren übernehmen. „Maschinen sollen nicht nur die Arbeitsleistung erhöhen, sondern auch zur Kostensenkung eingesetzt werden“, sagte Tim Schmidt, Betriebsrat im Amazon-Logistikzentrum in Rheinberg, im Gespräch mit WirtschaftsWoche Online. „Aus der Historie hinaus weiß man, dass dort, wo Roboter die Arbeit von Menschen übernehmen können, diese das auch irgendwann tun werden“.
So weit, dass sie die menschlichen Angestellten ersetzen könnten, sind die Roboter aber längst nicht. Noch immer können die Blechmänner nicht jedes beliebige Objekt zuverlässig fassen und an einen anderen Platz legen. Dazu müssen die Maschinen nicht nur mit Hilfe von 3D-Kameras räumlich sehen lernen, sondern auch verstehen, aus welchem Material ein Buch, eine Plastikschüssel oder ein Fußball besteht. Und die Metallhände müssen all diese Geräte sicher packen.
Wie vielfältig die Dinge in einem Amazon-Lager sind, zeigt die Auswahl an 25 verschiedenen Objekten, die die Roboterarme beim Wettbewerb greifen mussten: Eine Tüte mit Keksen, ein Stiftebecher aus Metall, eine Küchenbürste in einer Papier-Verpackung, eine Stoffente oder eine Tube Klebstoff. Jedes Team hatte 20 Minuten Zeit, so viele Objekte wie möglich zu greifen. Für jeden Gegenstand gab es Punkte. Ließ der Roboter etwas fallen oder platzierte es falsch, zog die Jury Punkte ab.
Das Berliner Team schaffte es immerhin, fast alle Objekte aus dem Regal zu holen. Für den regulären Einsatz bei Amazon war der Roboterarm noch viel zu langsam. Aber das könnte sich in den nächsten Jahren ändern. Weltweit bringen Forscher Robotern bei, immer schneller zu hantieren und auf unvorhergesehene Situationen zu reagieren. Erst neulich stellten Forscher der UC Berkeley einen Algorithmus vor, mit dem Maschinen per Versuch und Irrtum lernen. Ein Roboter schaffte es so mit geringem Vorwissen, ein Spielzeug-Flugzeug zusammenzubauen oder Kleiderbügel auf eine Schiene zu hängen.