Angriff aus dem Netz Warum Online-Händler plötzlich Filialen eröffnen

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„Die digitale Revolution im Handel hat gerade erst begonnen“

Ein weiteres Kernelement der Onlinewelt: Die Bequemlichkeit des Kunden steht im Mittelpunkt. Onlineriese Amazon hat es vorgemacht: Große Auswahl, schnelle Lieferung und ein sehr kulanter Kundenservice. Ein Wohlfühlkokon. Das wird nun auch im Einzelhandel erwartet.

„Händler müssen viel stärker als früher auf ihre Kunden eingehen,“ weiß Handelsexpertin Stüber. Freundlich sein und einen aufgeräumten Laden zu haben reicht oft nicht mehr aus. Einkaufen soll Spaß machen und muss einen Mehrwert zum bequemen Onlineshopping auf der heimischen Couch bieten. Sonst droht die Kundschaft genau dort sitzen zu bleiben.

„Grundsätzlich geht es Kunden entweder darum, besonders schnell an ihr gewohntes Produkt zu kommen oder etwas Neues zu erfahren. Im besten Fall bedienen Stores beide Wünsche,“ sagt sie.

Die beliebtesten Einkaufsstraßen Deutschlands
Trotz Online-Boom gehen die Deutschen immer noch gern klassisch auf Einkaufsstraßen shoppen. Das zeigt die alljährliche Passantenfrequenz-Zählung von JLL. Am Zähltag (Samstag, 14. April 2018) besuchten zwischen 13 und 16 Uhr insgesamt 718.880 Passanten die Shoppingmeilen, das sind nur etwa 4000 weniger als 2017 und fast 240.000 Menschen pro Stunde. Kann die Frankfurter Zeil ihren Titel als beliebteste Einkaufsstraße 2017 verteidigen? Quelle: dpa
Rang 10: Schadowstraße, DüsseldorfDie Düsseldorfer Schadowstraße hat sich wieder gefangen. Nachdem sie 2017 einen deutlichen Frequenzrückgang zu beklagen hatte, verbesserte sie sich in diesem Jahr um 665 auf 9130 Besucher pro Stunde. Im Bild die Eröffnung des C&A-Flagship-Stores. Quelle: obs
Rang 9: Königstraße, StuttgartDie Königstraße legt noch deutlicher zu: Stuttgarts meistfrequentierte Einkaufsstraße steigert sich um 1690 auf 9.145 Passanten pro Stunde. Quelle: dpa
Rang 8: Hohe Straße, KölnDie Kölner Hohe Straße lockt pro Stunde 9.435 Einkäufer an,, zu Spitzenzeiten waren es mal 12.795. Damit ist sie nur auf dem zweiten Platz unter den Kölner Top-Shopping-Lagen. Quelle: dpa
Rang 7: Flinger Straße, DüsseldorfDie Flinger Straße in Düsseldorf ist dagegen etwas abgerutscht: Nach dem dritten Platz 2017 reiht sie sich in diesem Jahr weiter hinten ein. 9670 Passanten wollten hier stündlich einkaufen. Quelle: dpa
Rang 6: Westenhellweg, DortmundDortmunds Westenhellweg war 2013 noch absoluter Spitzenreiter mit 12.950 Passanten, stürzte bis 2017 aber auf den neunten Rang ab. Nun reicht es wieder für den sechsten: Mit 10.180 Einkäufern pro Stunde nähert die Ruhgebiets-Shoppingmeile dem Trubel alter Tage wieder an.
Rang 5: Georgstraße, HannoverDie Georgstraße in Hannover, lockte 2015 noch 10.430 Menschen pro Stunde, damals ergab das Rang Vier. Nach einigen schwächeren Jahren hat sie ihren alten Wert nun sogar übertroffen: 10.985 Shoppende pro Stunde. Trotzdem reicht es damit in diesem Jahr nur noch für Platz Fünf. Quelle: dpa

Die Anforderungen unterscheiden sich je nach Branche stark. Im Fall von Mister Spex ist die Innenstadtoffensive für eine weitere Expansion unumgänglich. Deutsche kaufen ihre Brille nach wie vor am liebsten offline, wie der Branchenbericht des Zentralverbands der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) zeigt. 2017 stieg der Umsatz der stationären Optiker um knapp drei Prozent auf 5,9 Milliarden Euro. Zwar war das Wachstum im Online-Handel mit knapp sechs Prozent doppelt so hoch. Es wurden jedoch nur 261 Millionen Euro umgesetzt.
Das Problem der Onlinehändler: Kunden müssen sich eine Brille individuell richten lassen, was einen Gang zum Optiker bedeutet. Online-Brillenhändler lösen das via Fotos und Messdaten, die die Kunden manuell eingeben müssen. Diese Methode hält der Bundesinnungsverband der Deutschen Augenoptiker für unzureichend und klagte vor dem Bundesgerichtshof. Seit November 2016 dürfen nun Online-Brillenhersteller nicht mit „Optiker-Qualität" werben. Ein Imageschaden für die Onlinehändler.

Auch Platzhirsch Fielmann bezeichnet Brillen, die über Distanz angepasst wurden, als „Zufallsprodukt“. Angesichts der Konkurrenz aus dem Netz zeigt sich der Konzern gelassen. „Wenn Versender nun eigene Geschäfte eröffnen und Partnerprogramme betreiben, bestätigt dies unsere Strategie,“ heißt es von Seiten des Unternehmens. Noch wirken zehn Stores von Mister Spex im Vergleich zu 600 Fielmann-Filialen in Deutschland harmlos. Doch das sei kein Grund, sich zurückzulehnen, mahnt Handelsforscherin Stüber. „Die digitale Revolution im Handel hat gerade erst begonnen.“

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