Anspruchsvoll, neugierig und technikaffin So shoppen die Chinesen

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Social Commerce: Die Zukunft es Einkaufens?

Ein weiterer Trend, der chinesische Konsumenten begeistert, ist Social Commerce. In der westlichen Welt ist Social Commerce so konzipiert, dass Konsumenten auf sozialen Plattformen, etwa Pinterest oder Instagram, direkt von der Marke kaufen können. In China stützt sich Social Commerce auf den „sozialen Faktor“ der chinesischen Online-Community, zum Beispiel beim gemeinsamen Kaufen von Produkten als Gruppe. Im Westen könnte Social Commerce auch in „Verkaufen über Social Media“ übersetzt werden.

Das Konzept funktioniert in China vor allem deshalb so gut, da chinesische Verbraucher sehr sozial sind und ihr Einkaufsverhalten auch. Sie kaufen oft das, was ihre Familie, Freunde oder Kollegen empfehlen, da sie ihrem Wort mehr vertrauen als zum Beispiel dem Versprechen einer Brand. Es gibt verschiedene Taktiken, die in China für Social Commerce genutzt werden, z.B. Group Buying. Bereits bestehende Kunden werden ermutigen, andere Verbraucher einzuladen, um eine Gruppe zu bilden und gemeinsam ein bestimmtes Produkt zu einem niedrigeren Preis zu kaufen. Indem er andere Käufer sucht, um die Gruppe zu bilden, wirbt der Kunde proaktiv für die Produkte selbst, und sobald eine Gruppe gebildet wird, hat der Einzelhändler beziehungsweise die Brand automatisch mehr Kunden gewonnen. Und das ganz organisch. Bei den immer teurer werdenden Kundenakquisitionskosten in China bietet Group Buying eine viel kostengünstigere Alternative.

KOL-Marketing: Influencer verkürzen den Weg zum Kunden

In China spielen Key Opinion Leader (KOL), sprich Influencer, eine wichtige Rolle. Sie sind die erste Anlaufstelle für Kunden, die mehr über eine Brand oder bestimmte Produkte erfahren möchten. Influencer verkürzen die Kaufentscheidung der Kunden, die in China deutlich länger dauert. Laut einer McKinsey-Studie benötigen chinesische Verbraucher acht Touchpoints mit einer Marke, bevor sie sich für den Kauf entscheiden. Westliche Käufer benötigen nur vier.

Ein Grund dafür ist das Misstrauen gegenüber Produkten in China. Die Verbreitung von gefälschten oder mangelhaften Waren und das häufige Auftreten von Skandalen bei der Produktqualität in den Medien haben die chinesischen Verbraucher vorsichtiger und anspruchsvoller gemacht. Ein weiterer Grund ist die schiere Masse an Produkten. Marken aus aller Welt versuchen in China Fuß zu fassen und es fällt Kunden schwer, herauszufinden, welche Marke besser ist. Deshalb suchen Chinesen nach unabhängigen, fairen Bewertungen. Und genau hier kommen Influencer ins Spiel. Sie geben ihre persönliche Bewertung zu Produkten und Konsumenten vertrauen auf diese Einschätzung. KOL sind nach Familie und Freunden die wichtigste Informationsquelle.

Live-Selling: Das digitale QVC erobert die chinesischen Konsumenten im Sturm

Der letzte Schrei in Chinas E-Commerce ist Live-Commerce, sprich Verkaufen per Livestream. Die aktuell erfolgreichste Verkäuferin ist Live-Streamerin Viya. Anfang Oktober erzielte sie 353 Millionen RMB (rund 42 Millionen Euro) Umsatz – an einem Tag.

Viya gilt als KOL und hat fast 6,5 Millionen Anhänger auf Taobao, vom Teenager bis zum 50-Jährigen – und die meisten von ihnen kaufen, was Viya ihnen anbietet. Produkte, die Viya bewirbt, sind oft innerhalb weniger Sekunden ausverkauft. Der wohl bekannteste Live-Streamer, auch außerhalb Chinas, ist Austin Li, der dadurch berühmt geworden ist, dass er Lippenstifte live testet und diese dann massenweise verkauft. Verkauft wird mittlerweile alles – von Kosmetik über Taschen bis hin zu Gemüse oder Küchengeräten. Live-Selling ist zum chinesischen QVC geworden und kann bei richtiger Anwendung sogar noch effektiver sein.

Egal, ob Mobile Payment, Social Commerce oder Live-Selling, der chinesische Konsument ist einer der anspruchsvollsten der Welt. Er ist technikaffin und mobile-first Nutzer. Er ist Social-Media-aktiv und lässt sich durch neue Trends wie Social Commerce oder Live-Selling immer wieder aufs Neue zum Shoppen begeistern. Und so mag Weihnachtsshopping nur ein weiterer Grund sein, um Geld auszugeben, aber mit dem traditionellen Weihnachtsbummel, wie wir ihn in Deutschland kennen, kann man den chinesischen Konsumenten sicher nicht überzeugen. Brands müssten sich eher einen KOL suchen, der als Weihnachtsmann verkleidet Produkte über Live-Selling verkauft und die Käufer idealerweise noch dazu animiert, dasselbe Produkt in einer Gruppe zu einem günstigeren Preis zu kaufen. Der Einkauf wird dann selbstverständlich mobil per WeChat bezahlt und direkt bewertet und weiterempfohlen.

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