Anton-Schlecker-Prozess Zeuge gewährt Einblick in das Innenleben des Schlecker-Konzerns

Die Drogeriemarktkette Schlecker war ein Branchenriese, in der Firmengründer Anton Schlecker das Sagen hatte. Er und sonst kaum jemand, ist man nach einer ersten Zeugenvernehmung im Schlecker-Prozess geneigt zu sagen.

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Der ehemalige Drogeriekettenbesitzer Anton Schlecker Anfang März im Landgericht in Stuttgart. Quelle: dpa

Ein erster Zeuge hat im Bankrottprozess gegen Anton Schlecker und seine Familie das Bild eines zentral durchregierten Konzerns gezeichnet. Vor dem Stuttgarter Landgericht sagte am Montag ein früherer Geschäftsführer der Logistikfirma LDG aus, die für den Schlecker-Konzern tätig war und den Schlecker-Kindern Meike und Lars gehörte. Er habe keinen tiefen Einblick in Zahlen bekommen und sei bei Plänen außen vor gewesen, so der Zeuge. Die Ankläger werfen Anton Schlecker vor, Geld an diese Firma und damit an seine Kinder verschoben zu haben, indem er zu hohe Rechnungen bezahlte.

Der Zeuge, ein ehemaliger Azubi der Drogeriemarktkette, wurde mit 25 Jahren Geschäftsführer der Firma. Er war nach eigener Darstellung für den Alltagsbetrieb in einem Logistiklager zuständig, etwa für die Einteilung von Personal. Nach außen hin trat er nicht als Firmenchef auf. „Ich hatte nicht wirklich eine Außenwirkung“, sagte der heute 31-Jährige. Als Geschäftsführer bekam er monatlich 5000 Euro brutto.

Die Rolle der LDG ist ein Knackpunkt in dem Verfahren. Auf dem Papier war es eine eigenständige Firma, die Logistikdienstleistungen für Schlecker erbracht hat. Laut der Zeugenaussage hatte die Firma aber kaum eigene Entscheidungsgewalt, so erledigte Schlecker deren Buchhaltung und erstellte den LDG-Geschäftsbericht. Selbst Einstellungen mussten demnach von Schlecker bewilligt werden.

Die 500-Mitarbeiter-Firma stellte Schlecker laut Gerichtsdokumenten einen Stundensatz zwischen 28,50 und 30 Euro in Rechnung. Damit machte das Unternehmen exorbitant hohe Gewinne mit einer Umsatzrendite von bis zu 45 Prozent - nach Lesart der Staatsanwaltschaft ist das ein Beleg, dass über die Firma Geld aus der „Anton Schlecker eK“ an die Schlecker-Kinder verschoben wurde.

Im Januar 2011 standen Gerichtsdokumenten zufolge Einnahmen von rund 2,5 Millionen Euro nur Kosten von 1,5 Millionen Euro gegenüber - was einen LDG-Betriebsgewinn von einer Million Euro ergab. Für 2011 sollen sich die Schlecker-Kinder noch sieben Millionen Euro ausgeschüttet haben. Im Januar musste Schlecker Insolvenz anmelden, später ging auch die LDG pleite. Sie hatte nur Schlecker als Kunden.

Nach der Insolvenzanmeldung im Januar 2012 senkte die LDG ihren Stundensatz auf 20 Euro und machte damit Dokumenten zufolge noch eine Umsatzrendite von 9 Prozent im März 2012 - und das, obgleich der Umsatz nach der Schlecker-Insolvenzanmeldung einbrach. Nach Schätzung des Zeugen hätte ein Stundensatz von etwa 14,50 Euro ausgereicht, um die Kosten der LDG zu decken. Auf die Frage, ob ihm die Höhe der in Rechnung gestellten Kosten nicht gewundert habe, sagte der 31-Jährige: „So konkret habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht, ich habe das so übernommen. [...] Es war ein laufendes System.“

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