Apollinaris Der langsame Tod der Queen

Apollinaris – einst als

Coca-Cola nimmt Apollinaris aus Supermärkten und Getränkeläden. Es ist eine konsequente und längst überfällige Entscheidung, denn das Mineralwasser mit dem roten Dreieck ist seit mehr als einem Jahrzehnt in der Bedeutungslosigkeit abgetaucht.

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Bei der Mineralwassermarke Apollinaris gehen allmählich die Lichter aus. Markeninhaber Coca-Cola kündigte an, ab dem kommenden Jahr die einstige „Queen of Tablewaters“ künftig nur noch über Hotellerie und Gastronomie zu verkaufen. Seit 2006 gehört der Mineralwasserhersteller aus Bad Neuenahr-Ahrweiler zur Coca-Cola-Gruppe. Grund für den Rückzug sei der wettbewerbsintensive und schrumpfende Wassermarkt in Deutschland, in dem nur wenig Geld verdient werde, erklärt die Europazentrale von Coca-Cola mit Sitz in Berlin. Diese Entscheidung will die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten nicht widerstandslos hinnehmen. Mit Betriebsräten und den Beschäftigten werde man um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen. 80 von 320 Stellen sollen abgebaut werden.

Anhängsel und Nische

Die Gründe für das Supermarkt-Aus der Marke mit dem roten Dreieck sind ebenso naheliegend wie vielfältig. „Apollinaris hat seine Anziehungskraft verloren“, sagt Klaus-Dieter Koch, Markenexperte und Gründer der Managementberatung BrandTrust. Die Marke sei zuletzt nur noch ein Produkt ohne große Bedeutung gewesen, vergleichbar etwa mit Warsteiner im Biermarkt - versunken in der unattraktiven Mitte. „Unten im Preiseinstieg dominieren die Wässer der Discounter oder die Leitungswasser-Sprudler für daheim“, so Koch. „Und oben drüber räumen junge und hippe, sehr hochpreisige Marken wie Viva con Agua oder Aqua Monaco ab.“ 

Im Riesen-Reich des weltgrößten Getränkekonzerns spielte Apollinaris nur die Rolle eines Anhängsels. Unter den zahllosen Getränkemarken wie Coke, Sprite, Fanta, Lift, Mezzo-Mix oder Vio wurde Apollinaris „von den Coke-Vetriebstruppen mal eben so mitverkauft“, sagt ein Kenner der Branche. Vor ein paar Jahren stellte dann Coke den internationalen Vertrieb ein. Stattdessen wurde die Marketing-Kraft des Milliardenkonzerns in den Aufbau der Wassermarke Vio gepumpt. 

Einen Vorteil aus seiner Regionalität, wie etwa Hassia in Hessen oder Rheinfels in NRW, konnte Apollinaris ebenfalls nicht ziehen. Allenfalls die starke Position und das gute Image in Hotels und Gastronomie dürfte das Überleben der Marke bisher gesichert haben. Doch auch dort herrscht Ebbe. Durch den monatelangen Corona-Lockdown sind die Um- und Absätze dramatisch eingebrochen. Eine Verlagerung der Umsätze von der Gastronomie in den Handel, wie etwa beim Bier, hat im Wassermarkt nicht stattgefunden. Daher fokussiere Coca-Cola Deutschland seine Mineralwassermarken in Deutschland auf diejenigen Marktsegmente, in denen sie stark seien, teilte der Konzern mit.

Vielfach rumgereicht

Als der Winzer Georg Kreuzberg 1852 einen Weinberg in der Eifel ersteigert, ahnt er nicht, was sich unter seinen Rebstöcken befindet. Doch als seine Reben partout nicht gedeihen wollen, geht er der Sache auf den Grund. Und findet in der Tiefe ein Mineralwasser mit quelleigener Kohlensäure in bester Qualität. Dank der vulkanischen Böden in der Eifel enthält es wichtige Mineralstoffe. Kreuzberg will daraufhin kein Winzer mehr sein. Er lässt die Wasserquellen freilegen und benennt das Mineralwasser nach dem heiligen Apollinaris, einem Schutzheiligen des Weines. Anfangs wird das Wasser in Bad Neuenahr-Ahrweiler in Steinkrüge gefüllt, hergestellt in Handarbeit. Ab 1923 erhält das Unternehmen den neuen Namen Apollinaris Brunnen Actiengesellschaft. Im Jubiläumsjahr 1952 – einhundert Jahre nach Entdeckung der Quelle durch Georg Kreuzberg – nimmt Apollinaris ihre erste moderne Abfüllanlage in Betrieb. 

Nachdem 1955 die britische Schweppes Ltd. das Unternehmen erworben hatte, folgte 1956 der Weiterverkauf aller Anteile an die Dortmunder Union, die später beim Bier- und Getränkekonzern Brau und Brunnen landete. 2002 verkaufte der seinerzeit drittgrößte deutsche Getränkekonzern seine 72-prozentige Beteiligung an Apollinaris für 151 Millionen Euro an die bisherige Mitgesellschafterin, die Schweppes GmbH aus Hamburg. Vier Jahre später landete Apollinaris bei den Investmentgesellschaften Blackstone und Lion Capital, die die Marke noch im gleichen Jahr an Coca-Cola verkauften. Seitdem dümpelt Apollinaris vor sich hin und landete immer wieder mal in den Schlagzeilen. So etwa 2013, als bekannt wurde, das Coke den internationalen Vertrieb für das Premiumwasser einstellt.  


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Schockierendes Testergebnis

Mit im Schnitt 0,77 Euro pro Liter gehört Apollinaris-Wasser zu den vergleichsweise teureren Mineralwässern. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Qualität besser ist, wie ein Test der Verbraucherzeitschrift Öko-Test vom Juni vergangenen Jahres zeigte. Öko-Test hatte 100 der beliebtesten Medium Mineralwasser untersucht. Knapp über die Hälfte konnten mit der Bestnote „sehr gut“ glänzen. Apollinaris hingegen bekam die Note „ungenügend“ verpasst und war damit das schlechteste Produkt im Test. Sie sei geschockt gewesen, sagte Barbara Körner, Geschäftsführerin der Apollinaris Brands und der Coca-Cola GmbH in Deutschland, nach dem Bekanntwerden des Testergebnisses. Apollinaris, so fügt sie hinzu, sei nicht fair bewertet worden.

Mehr zum Thema: Einst der Deutschen liebstes Pils, verliert Warsteiner seit Jahrzehnten Absatz und Umsatz. Ein Lehrstück, wie ein Marktführer durch Managementfehler in der Versenkung verschwindet.


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