Apothekenpreise, Amazon und Cannabis Fünf Dinge, die Sie schon immer wissen wollten

Apotheken-Logo in der Scheibe einer Apotheke Quelle: dpa

Wie bekomme ich Cannabis beim Apotheker? Wird Amazon bald die Apotheke ersetzen? Und wie wird der Preis eines Medikaments festgelegt? Die spannendsten Fragen aus der Welt der Apotheke – und die Antworten.

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Was dürfen Apotheken verkaufen – und was nicht?

Magnetschmuck eher nicht, Plüschtiere auch nicht, aber Gesichtscremes, allergiegetestete Wimperntusche und Bernstein-Kettchen für Babys – das geht schon. So lässt sich in etwa abgrenzen, was Apotheken verkaufen dürfen. Alle Angebote sollen gesundheitsfördernd sein, hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Doch Apotheker argumentieren immer wieder geschickt: Kosmetikbehandlungen und Hautuntersuchungen gehörten zur pharmazeutischen Beratung und nicht nur die Blutdruckmessung. Wer schon in der Schlange vor dem Tresen einer Apotheke stand, kennt auch die Darbietung hochpreisiger Kosmetika und Cremes. Irgendwie dienen sie sicher auch der Gesundheit.

Lebensmittel dürfen Pharmazien ebenfalls nicht verkaufen, sondern nur Arzneimittel. Doch auch hier verschwimmt manchmal die Grenze. Lebensmittel sind Stoffe, die von Menschen aufgenommen werden. Arzneimittel aber solche, die der Beseitigung oder Linderung von Krankheiten dienen. Manchmal kommt es drauf an, wie etwas präsentiert wird. Der Traubenzucker und die Bonbons können Süßigkeit sein, aber auch Hustenstiller oder gesunder Energiespender, und Diätdrinks helfen der Gesundheit womöglich auch.

Wie entsteht der Preis für eine Packung Arznei?

Für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel gilt die Arzneimittelpreisverordnung. Die Medikamente auf Rezept machen rund 80 Prozent des Umsatzes einer durchschnittlichen Apotheke aus. Auf jeden Großhandelspreis pro Packung kommt ein Festzuschlag von drei Prozent und zusätzlich 8,35 Euro für die Apotheker. Zudem gibt es 16 Cent je Packung von den Krankenversicherungen, die Apotheker an einen Fonds abgeben, aus dem Nacht- und Notdienste unterstützt werden. Die meisten Fachpolitiker sagen, Nacht- und Notdienste würden bisher zu schlecht bezahlt.

Bei frei verkäuflichen Arzneimitteln wird wenig festgelegt. Seit 2004 erstatten gesetzliche Kassen nur noch in Ausnahmefällen Aspirin, Voltaren oder ACC Akut. Zugleich wurden die Preise freigegeben. Vor allem Online-Apotheken werben hier mit Tiefpreisen. Die OTC-Medikamente („over the counter“) sind nicht so lukrativ, allerdings gibt es enorme Preisunterschiede. Im Preisvergleich eines Online-Portals lassen sich etwa für eine Packung mit 40 Brausetabletten Hustenlöser Hexal ACC Akut 600 Angebote zwischen 8,24 Euro und bis 25,98 Euro finden.

Wer darf eine Apotheke betreiben und wer tut es?

In Deutschland darf der Betreiber einer Apotheke nur ein Pharmazeut oder eine Pharmazeutin sein. So soll gesichert sein, dass ein Apotheker Verantwortung trägt und persönlich haftet. Neben diesem Fremdbesitzverbot gilt auch das Mehrbesitzverbot. Seit 2004 allerdings kann jede Apothekerin neben einer Hauptapotheke bis zu drei Filialen im näheren Umkreis betreiben. Viele Gesundheitspolitiker halten diese Regeln aber für überholt.

Die Zahl der öffentlichen Apotheken in Deutschland sinkt seit Anfang 2009 (von damals 21.602) auf inzwischen noch knapp 19.500. Das sind in etwa so viele wie 1990 im gerade vereinigten Deutschland. Rund 3000 der Apotheken haben eine Online-Lizenz, wesentlich weniger von ihnen sind allerdings auch im Arzneiversand aktiv. Eine Apotheke versorgt im Schnitt je 4350 Einwohner, doch die Versorgung fällt sehr unterschiedlich aus. Wo auf dem Land kein Arzt mehr ist und in ärmeren Stadtteilen finden sich seltener Pharmazien als in wohlhabenden Stadtteilen und Innenstädten.  Apothekerin hat sich zum Frauenberuf entwickelt, allerdings herrscht noch keine Gleichstellung. Drei Viertel der in öffentlichen Apotheken beschäftigten Approbierten sind weiblich. Doch unter den Leitern von Apothekern machen sie nicht einmal die Hälfte aus.

Wird Amazon zur Apotheke?

Bereits jetzt verkaufen einzelne Apotheker in Deutschland rezeptfreie Medikamente über Amazon. Sie nutzen den Online-Händler als Marktplatz. Doch auch der Konzern ist schon im Pharma-Geschäft. In den USA übernahm Amazon bereits die Online-Apotheke PillPack und hat in mehreren US-Bundesstaaten Lizenzen für den Pharma-Großhandel erworben. Über kurz oder lang könnte der Konzern auch selbst in die Produktion von Arzneimitteln einsteigen.

Sollte Amazon in Europa eine Apothekenlizenz beantragen, könnte das die bisher fixen Preise für verschriebene Arznei in den meisten Teilen der EU in Frage stellen. Der Europäische Gerichtshof hatte im Oktober 2016 bereits ein deutsches Gesetz gekippt, nach dem ausländische Versender die fixen deutschen Apothekenpreise zu beachten hatten. Apotheken vor Ort machen bisher 80 bis 85 Prozent ihrer Umsätze mit rezeptpflichtiger Arznei, noch höher dürfte der Ertrag ausfallen.

Wie bekomme ich Cannabis beim Apotheker?

Seit März 2017 dürfen Ärzte Cannabis verordnen und Apotheken  Arzneimittel daraus herstellen. Zur medizinischen Anwendung können Cannabisblüten in speziellen Verdampfern inhaliert oder als Tee getrunken werden. 2017 haben Apotheken rund 44.000 mal  Cannabis per Rezept abgegeben. Es gab teilweise Lieferengpässe. Immer mehr schwerkranke Menschen bekommen Cannabis auf Rezept. Bei den drei größten großen Krankenkassen gingen 2018 bereits von rund 20.000 Patienten Anträge auf Kostenerstattung ein, rund zwei Drittel wurde bewilligt.

Vor allem Menschen mit chronischen Schmerzen setzen auf Therapien mit Cannabisblüten oder cannabishaltige Zubereitungen – Fertigarzneien oder Mundsprays. Neun Importeure dürfen die Rohware nach Deutschland und in die Apotheken bringen, hier zu Lande wird die erste Cannabis-Ernte für medizinische Zwecke 2020 erwartet.

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