Innerhalb weniger Jahre hat sich Zalando vom kleinen Startup zu einer ernstzunehmenden Größe im deutschen Online-Handel entwickelt. Inzwischen beschäftigt das 2008 gegründete Unternehmen mehr als 5000 Mitarbeiter, zudem steht der Börsengang offenbar bevor. Um sich für die Börse zu rüsten, hat Zalando bereits seine Gesellschaftsform geändert. Stefan Najda, Gewerkschaftssekretär bei Verdi für die Online-Handelsbranche, ist der Ansicht, dass dabei nicht alles korrekt verlaufen ist.
WirtschaftsWoche: Was werfen Sie Zalando im aktuellen Fall vor?
Stefan Najda: Zalando hat unserer Ansicht nach die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer verletzt. Zalando war lange Zeit eine GmbH, im vergangenen Dezember wurde die Gesellschaftsform aber in eine Aktiengesellschaft umgewandelt – als Vorbereitung auf den Börsengang. Ab einer Unternehmensgröße von 2000 Mitarbeitern ist es per Mitbestimmungsgesetz festgelegt, dass im Aufsichtsrat gleich viele Anteilseigner und Arbeitnehmer sitzen müssen – davon ein leitender Angestellter und zwei unternehmensunabhängige Vertreter von Gewerkschaften. Das ist bei Zalando aber nicht der Fall, der Aufsichtsrat besteht derzeit aus sechs Kapitalvertretern und nur drei Aufsichtsräte kommen von der Mitarbeiterseite.
Wie konnte das kommen?
Das Unternehmen hat inzwischen schon wieder seine Gesellschaftsform geändert, was die Rechte der Arbeitnehmer verändert. Zalando hat im März – also nur drei Monate nach der Umwandlung – die Eintragung als SE, eine europäische Aktiengesellschaft, erhalten. So etwas hat es noch nicht gegeben, in der Regel dauert es mehr als ein halbes Jahr, bis eine AG zu einer SE werden kann. Die Mitbestimmungsrechte, die den Arbeitnehmern in der Zalando AG zustanden, haben sie aber nie erhalten.
Wie konnten die Arbeitnehmer der Unterbesetzung im Aufsichtsrat zustimmen?
Der SE-Betriebsrat ist kein Betriebsrat, wie wir ihn uns in Deutschland vorstellen. Der normale Weg ist, an allen Standorten einen Betriebsrat wählen zu lassen. Das war aber hier nicht der Fall. Der SE-Betriebsrat ist hingegen mit arbeitgebernahen Mitarbeitern besetzt, die kaum Entscheidungsbefugnisse haben.
Planen Sie weitere Schritte?
Einen solchen Fall hatten wir noch nie. Wir werden alles Rechtliche prüfen, um gegen Zalando vorzugehen. Möglich ist ein Antrag beim Registergericht auf Löschung der SE-Eintragung oder das Anrufen der Arbeitsgerichte, die über die ordnungsgemäße Mitbestimmung wachen.
Wie zufrieden sind Sie mit der Situation der Betriebsräte an den deutschen Zalando-Standorten?
Lassen Sie mich kurz einen Vergleich zu Amazon ziehen: Am Standort Bad Hersfeld wurde am Donnerstag der Aufsichtsrat gewählt, die externen Gewerkschaftsvertreter in dem Gremium stehen fest. Arbeitnehmer sitzt also mit am Tisch, wenn Entscheidungen gefällt werden. Bei Zalando sieht das anders aus, hier werden teilweise Mitarbeiter entlassen, wenn sie nur das Wort „Betriebsrat“ in den Mund nehmen.