Audemars Piguet Luxusuhrmacher steigt ins Second-Hand-Geschäft ein

Luxusuhren für den Mittelstand – das will Audemars Piguet ermöglichen. Der traditionsreiche Uhrenhersteller will den Second-Hand-Markt erschließen. Doch andere große Unternehmen zeigen sich weniger begeistert.

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Audemars Piguet steigt ins Second-Hand-Geschäft ein Quelle: Reuters

Frankfurt Der traditionsreiche Uhrenhersteller Audemars Piguet geht neue Wege: Um der schwindenden Nachfrage nach edlen Zeitmessern entgegenzutreten, will sich das Familienunternehmen aus dem Schweizer Jura den Markt für Luxus-Uhren aus zweiter Hand erschließen. „Uhren aus zweiter Hand sind das nächste große Ding für die Uhrenindustrie“, sagte Firmenchef Francois-Henry Bennahmias der Nachrichtenagentur Reuters auf der Genfer Uhrenmesse. Der Handel mit gebrauchten Uhren, der bisher meist über spezielle Einzelhändler und Internetplattformen wie Chrono24 stattfindet, wächst nach Angaben von Branchenexperten rasant. Jon Cox, Chefanalyst beim Broker Kepler Cheuvreux, schätzt den Markt auf etwa fünf Milliarden Dollar im Jahr, einschließlich der Uhren, die auf Auktionen verkauft werden.

Derzeit überlasse es Audemars Piguet der „dunklen Seite“, das Segment der Occasionsuhren zu bedienen, sagte Bennahmias. „Alle, abgesehen von den Markenherstellern, verkaufen gebrauchte Uhren. Das ist eine kommerzielle Verirrung.“ Erste Tests in einem Geschäft in Genf seien erfolgreich verlaufen, sagte der Chef der Traditionsfirma, deren bekanntestes Modell die achteckige „Royal Oak“ ist. Weitere Standorte sollen folgen. Zunächst in der Schweiz und später in den USA und in Japan.

Auch kleinere Manufakturen wie H. Moser & Cie aus Schaffhausen oder MB&F aus Genf signalisieren ein Interesse am Second-Hand-Markt. Es sei wichtig, den Zweitmarkt zu kontrollieren, um die Besitzer von Uhren zu schützen, sagte Edouard Meylan von H. Moser & Cie zu Reuters. MB & F will im laufenden Jahr über die eigene Website Second-Hand-Verkäufe starten. Dabei dürfte es Rabatte von 20 bis 30 Prozent auf gebrauchte Uhren geben.

Die großen Hersteller Rolex, Patek Philippe, die Swatch Group, Richemont und Breitling lehnten einen Kommentar ab zu einem möglichen Einstieg in den Gebrauchtmarkt ab. Die Uhrenabteilung von LVMH war nicht erreichbar. Der größte Markt für Second-Hand-Uhren seien die USA, wo die Verkäufe neuer Zeitmesser sei Jahren rückläufig seien, sagte Danny Govberg, der zusammen mit einem Partner in Hongkong gebrauchte Uhren über das Internet vertreibt. Danach kämen Großbritannien und Japan.

„Die Leute verkaufen uns Uhren eimerweise, der Markt explodiert“, sagte Govberg, der das Marktvolumen auf rund drei Milliarden Dollar schätzt und damit rechnet, dass der 40 Milliarden Dollar große Markt mit neuen Uhren in den nächsten Jahren überholt werden dürfte. Viele Kunden trennten sich von ihren Uhren, weil sie eine neue kaufen wollten. Ähnlich wie im Automobilgeschäft kurbele dies den Absatz von neuen Uhren an.

Uhren aus zweiter Hand könnten das Luxussegment für den Mittelstand öffnen, sagte Luca Solca von Exane BNP Paribas. Einige hätten das Potenzial früh erkannt, sagte Solca und erwähnte den Kauf von InstantLuxe.com, einem Spezialisten für gebrauchte Luxusgüter mit Zertifikat, durch das Nobelwarenhaus Galeries Lafayette im Jahr 2016.Die Hersteller von Schweizer Luxusuhren finden erst allmählich aus einem jahrelangen Abschwung heraus und suchen nach neuen Ideen, um zu Wachstum zurückzufinden. Erstmals seit zwei Jahren haben die Uhrenexporte aus der Schweiz wieder leicht angezogen.

„Wir beobachten einen sozialen und kulturellen Wandel, der uns zwingt, darüber nachzudenken, wie das Geschäft in fünf oder zehn Jahren aussehen wird. Fünf oder zehn Jahre sind morgen, die Zeit vergeht, wir müssen aufpassen“, sagte Bennahmias, der Chef eines der letzten großen unabhängigen Schweizer Uhrmacher. Eine neue Generation von Kunden bewertet Abwechslung und Erfahrung in der Welt des Luxus höher als dauerhaften Besitz. Immer mehr Onlineplattformen bieten Luxusgüter wie schnelle Sportwagen, funkelnde Uhren und teure Appartements gegen eine Gebühr für den temporären Gebrauch an. „Die Idee des absoluten Eigentums ist am Sterben“, sagte Bennahmias.

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